Zu Hause in Neuneck (Bild) und Portugal: Sybille Dölker Correia da Silva, Gründerin des Kinderhilfswerks "Mundo do Amor – Eine Welt der Liebe". Foto: Günther Foto: Schwarzwälder Bote

Weltenpendlerin: Sybille Dölker Correia da Silva aus Neuneck hat ihre zweite Heimat in Lissabon gefunden

Ihr Leben spielt sich ab zwischen den Millionenstädten Luanda und Lissabon sowie dem beschaulichen 250-Seelen-Dorf Neuneck im Glatttal. Diesen sicherlich nicht immer einfachen Spagat meistert Sybille Dölker Correia da Silva seit 30 Jahren.

Glatten-Neuneck. Aufgewachsen ist die Krankenschwester in einer Großfamilie in Neuneck "auf dem Schloss", wie im Ort die Reste der mit einer Schildmauer umgebenen ehemaligen Wohnburg der Herren von Neuneck genannt werden.

Im Jahr 1991 zog Sybille Dölker Correia da Silva der Liebe wegen nach Luanda, der Hauptstadt Angolas. Dort betrieb ihr Ehemann Tita, ein gebürtiger Angolaner mit portugiesischen Vorfahren, ein großes Bauunternehmen.

Bedingt durch wirtschaftliche Umwälzungen in Angola, richtete sich Familie Dölker Correia da Silva vor fünf Jahren ihren Altersruhesitz in Lissabon ein. War doch Portugal – als ehemalige Kolonialmacht und zudem Wohnort der Großmutter väterlicherseits – eine Art goldener Mittelweg zwischen Deutschland und Angola, "ein bisschen europäisches Afrika", wie Sybille ihre neue zweite Heimat liebevoll nennt. Seither pendelt die gebürtige Neuneckerin samt Söhnen und Ehemann zwischen der pulsierenden Hauptstadt Portugals und dem liebevoll renovierten Haus auf dem Neunecker Schlossberg.

Sybille Dölker hatte schon von Kind auf den Wunsch, ins Ausland zu gehen. Nach ihrer Berufsausbildung am Freudenstädter Krankenhaus absolvierte sie zunächst ein Freiwilligenjahr im "Dorf der Hoffnung", einer Behinderteneinrichtung in Israel.

Danach arbeitete sie in Überlingen in den Buchinger-Kliniken, wo sie auch ihren späteren Ehemann kennenlernte. Tita Correia da Silva war als Trainer der angolanischen Segelmannschaft mit seiner Crew ins Trainingslager an den Bodensee gekommen. Schon ein Jahr später folgte Sybille Dölker ihm nach Angola.

Welchen Kulturschock sie damals erlebte, erzählt sie schmunzelnd bei einem Besuch auf der Terrasse auf dem Neunecker Schloss: vom geordneten Leben im Schwarzwald zum Leben in einem Land, das damals den letzten Bürgerkrieg noch nicht überwunden hatte und in dem es an vielem mangelte. Praktische Tipps holte sie sich damals aus den Erzählungen ihrer Neunecker Großmutter über deren Kriegserlebnisse. Bald beherrschte sie so das Einkaufen auf dem angolanischen Schwarzmarkt. Dem Rat der Großmutter folgend, hatte sie stets auch alle wichtigen Dokumente griffbereit.

"Sich gegenseitig zur Seite zu stehen war in diesem Bürgerkriegsland ganz normal. Zum Kaffeetrinken brachte man da auch schon mal seine schmutzige Wäsche mit, weil seit Wochen kein fließendes Wasser vorhanden war", erinnert sie sich. Andere Frauen hätten ihr beigebracht, dass man aus Butter wieder Sahne herstellen kann – für eine Schwarzwälder Kirschtorte unbedingt erforderlich.

Durch die Arbeit auf der Unterernährtenstation des Kinderkrankenhauses sowie später bei der Uno und der amerikanischen Botschaft verbesserten sich ihre Portugiesischkenntnisse schnell.

Kinderhilfswerk "Mundo do Amor" gegründet

Weit schwieriger war es für sie als ausgebildete Krankenschwester und Christin dagegen, mit dem Voodoo-Glauben der Bevölkerung konfrontiert zu werden: "Hatte das Baby Durchfall, gingen diese Mütter davon aus, dass jemand ihre Brust verflucht hatte – und hörten deshalb auf zu stillen", berichtet sie. Erschwerend kam hinzu, dass kranke Kinder erst dann in die Klinik gebracht wurden, wenn Medizinmänner und Priester nicht weiterhelfen konnten. Nicht abfinden wollte sie sich auch damit, dass sich die Mütter Geld vom Mund absparten, um ihren Kindern teure Vitamintabletten zu kaufen, obwohl genügend eigenes Obst und Gemüse zur Verfügung stand.

All dies führte dazu, dass Sybille Dölker damals das Kinderhilfswerk "Mundo do Amor – Eine Welt der Liebe" gründete. Mit tatkräftiger Unterstützung der Neunecker Bevölkerung – legendär bis heute der in Neuneck veranstaltete Weihnachtsmarkt und der Osterkaffee – unterstützte sie fortan unterernährte (Kriegs-)Waisen und Säuglinge und richtete in der Klinik ein Spielzimmer ein.

Auch jetzt geht der agilen 58-Jährigen zwischen Portugal und Deutschland die Arbeit nicht aus. Eine wichtige Verbindung ist ihre Tätigkeit als Fastenleiterin und Ernährungsberaterin. Für beides hat sie mehrere Zusatzausbildungen absolviert. Sowohl in ihrer neuen Wahlheimat als auch in Deutschland bietet sie inzwischen regelmäßig Fastenkurse und alltagsbegleitendes Fasten an.