Foto: Gemeinde Glatten

Glattens Bürgermeister und Experte werben um Akzeptanz für streng geschützten Nager.

Glatten - "Glatten hat den Naturschutz-Jackpot gezogen." So sieht es der Biberbeauftragte des Landkreises, Harald Dold. In der jüngsten Gemeinderatssitzung informierte er über die Biberzuwanderung an der Glatt – und die neuen "Einwohner".

Seit Ende des vergangenen Jahres sei bekannt, dass sich im Einstaubereich des Glatt-Wehrs zwei Biber – "a Biberpärle" – angesiedelt haben, sagte Bürgermeister Tore-Derek Pfeifer. Auch beim Neujahrsempfang hatte er das Thema angeschnitten und verkündet: "Eine Biberfamilie ist in die schönste Gemeinde im Landkreis gezogen und lebt hinterm Rathaus."

Pfeifer ist es wichtig, dass das Thema "neue Bewohner" ganz offen angegangen werde. Deshalb und auch um die notwendige Toleranz zu schaffen, habe er zur Information den Biberbeauftragen des Landkreises in die Gemeinderatssitzung eingeladen.

Wie Harald Dold ausführte, versuchen viele Gemeinden im Bundesgebiet, den Biber anzusiedeln. Die Gemeinde Glatten könne von allen Naturschutzorganisationen nur dazu beglückwünscht werden, dass es hier zu einer natürlichen Besiedlung gekommen sei. Der Biber, zu dessen Leben und Verhalten Dold in der Gemeinderatssitzung viele Informationen gab, zähle immer noch zu den seltensten Tieren in Deutschland.

Im Landkreis Freudenstadt seien Biber erstmals 2010 und zunächst in Horb aufgetaucht. Schätzungen zufolge gebe im Landkreis Freudenstadt etwa 35 bis 40 Tiere. Dass der Biber in Glatten jetzt als "neuer Mitbewohner" begrüßt werden könne, bietet laut Dold für die Gemeinde viele Vorteile. Das Tier schaffe neue Lebensräume und bereichere die Artenvielfalt. Zudem werde durch Biber der Wasserabfluss teilweise bis um das 160-fache verzögert. Dies bedeute, dass er in Hochwassergebieten sehr gute Präventionsarbeit leiste. In von ihm gestauten Bereichen könne das Wasser besser versickern und verdunsten. Dold ergänzte, dass der Biber als Vegetarier für die Fischerei keine Konkurrenz darstelle und sogar stellenweise Fischbrutstätten fördere. Unter Umständen könne die Gemeinde durch Sicherungsmaßnahmen im Hinblick auf den Biber sogar Ökopunkte generieren.

In seinem Vortrag erwähnte der Biberbeauftragte auch, dass das Nagetier naturschutzrechtlich streng geschützt ist. Es sei verboten, ihm nachzustellen, es zu fangen, seine Wohn- und Zufluchtsstätte zu schädigen und es gar zu töten.

Grundstückseigentümer in Baden-Württemberg haben derzeit keinen Anspruch auf Entschädigung, wenn ein Biber Schäden anrichtet. Allerdings könnten diese Schäden leicht minimiert werden, so Dold – etwa durch Drahthosen oder Verbissschutzmittel, Drahtgeflechte gegen Einsturzgefahr oder Biberröhren in Dämmen. Eventuell seien auch Elektrozäune zum Schutz von Gartenanlagen möglich. Falls es doch einmal Probleme gebe, werde empfohlen, den Biberbeauftragten und Wolfgang Diehl von der Unteren Naturschutzbehörde zu informieren. So könnten selektive und geeignete Maßnahmen ergriffen werden.

Nadelholz steht nicht auf seinem Speiseplan

Die gute Nachricht, insbesondere für den Schwarzwald, sei, dass der Biber kein Nadelholz frisst, sagte Dold. Der Nager bevorzuge Pappeln, Weiden, Seerosen und auch andere weiche Hölzer wie Birke, Ulme und gelegentlich Erle. Im Sommer fresse der Biber überwiegend Kräuter. Im Winter sollte, da sich das Tier bevorzugt fünf bis zehn Meter vom Bauchlauf entfernt aufhält, Verbiss- und Schnittholz nicht abgeräumt werden, denn dies stelle sein Futter dar. Und wenn ihm dieses zur Verfügung stehe, gehe er auch nicht an andere Pflanzen in der Umgebung.

Harald Dold informierte auch, dass der Biber ein sehr scheues Tier ist, aber sein Revier bei Bedarf verteidigt, insbesondere im Sommer, wenn er den Nachwuchs pflegt. Deshalb sollten vor allem Anwohner mit Hunden sehr darauf achten, dass sie diese nicht ins Biberrevier laufen lassen. Die Gemeinde werde an passender Stelle ein Hinweisschild anbringen.

Zum Abschluss seiner Präsentation betonte der Biberbeauftragte, dass der nützliche Nager in den Köpfen und Herzen der Menschen den Platz einnehmen solle, den er verdient habe. Er unterstütze wie keine zweite Tierart den Menschen auf dem Weg hin zu mehr Natur-, Arten- und Hochwasserschutz. Sein persönlicher Wunsch sei, so Harald Dold, der auch Vorsitzender des Angel- und Naturschutzvereins Weitingen ist, "dass der Biber Akzeptanz findet und mit Wohlwollen aufgenommen wird".