Steve Hackett. Foto: promo

Der Gitarrist Steve Hackett war in den 1970ern das Herz von Genesis. In Stuttgart stellt er am Dienstag seine Versionen der Songs von damals vor.

Der Gitarrist Steve Hackett war in den 1970ern das Herz von Genesis. In Stuttgart stellt er am Dienstag seine Versionen der Songs von damals vor.


Mr. Hackett, nachdem Sie Genesis 1977 verlassen hatten, wurde die Band zwar kommerziell erfolgreicher, künstlerisch ging es aber abwärts. Haben Sie je Ihren Ausstieg bereut?
Als ich noch bei Genesis war, gab es da eine unerhörte Vielfalt von Ideen. Wir haben uns immer sehr darum bemüht, originell zu klingen. Bei der Musik, die ich mache, war es mir immer wichtig, mit Leidenschaft bei der Sache zu sein. Den Markt einfach mit dem zu bedienen, was der gerade verlangt, war nie mein Ding. Deshalb: Nein.

Das ist ja eine wunderbar altmodische Sicht auf Popmusik.
Das stimmt natürlich. Aber auch bei der Wahl meiner musikalischen Vorbilder bin ich eher altmodisch. Ich würde sagen, am meisten haben mich Johann Sebastian Bach, Jimi Hendrix und Miles Davis beeindruckt.

Gibt es auch aktuelle Musik, die Sie mögen?
Meinen Vorstellungen am nächsten kommt die Band Muse. Ich finde, dass deren musikalischer Ansatz viel mit meinem gemeinsam hat: Dieser Versuch, Musik ohne Grenzen, zu machen, sich Genres zu widersetzen. Das war ja auch das, was wir damals bei Genesis gemacht haben. Wir haben mit allen möglichen Kunstformen herumexperimentiert – nicht immer mit einer so großen Ernsthaftigkeit wie das viele glauben.

Sie haben jetzt ja schon die zweite Platte Ihres „Genesis Revisited“-Projekts veröffentlicht, bei dem Sie Genesis-Stücke aus den Jahren 1971 bis 1977 neu interpretieren. Ging es Ihnen dabei eher darum, originalgetreu zu sein oder darum, die technischen Möglichkeiten von heute zu nutzen?
Mir war beides wichtig. Ich wollte die Arrangements der Originale möglichst nicht verändern, aber durchaus einige Gitarren- und Gesangsparts aktualisieren. Ich habe ja mit verschiedenen Sängern gearbeitet und denen wollte ich nicht verbieten, ihren eigenen Ton einzubringen. Außerdem habe ich die Keyboards der Originalversionen durch Orchester ersetzt und ausgeweitet. Zum Beispiel beim Eröffnungstrack „The Chamber Of 32 Doors“ aus „The Lamb Lies Down On Broadway“. Mein Ziel war es, die Lieder wie Filme für die Ohren klingen zu lassen.

Sie haben für Ihr aktuelles Album „Genesis Revisited II“ einige meiner Lieblingslieder ausgesucht: Neben „Supper’s Ready“ vor allem „Dancing With The Moonlit Knight“.
Ja, Ich glaube das ist auch mein persönlicher Favorit. „Dancing With The Moonlit Knight“ hat so viel zu bieten – von A-cappella-Pop bis zu einer Edward-Elgar-Hommage. Das Stück ist eine wunderbare surrealistische Mischung, beginnt wie eine schottischer Folksong, verwandelt sich mehrfach, wird zu einer Jazz-Fusion-Nummer, man kann Echos von Mozart oder Buddy Rich heraushören. Außerdem habe ich da jetzt noch ein bisschen aus „Greensleeves“ hineingeschummelt.

Eine andere tolle Nummer ist „The Return Of The Giant Hogweed“ – vor allem wegen der Tapping-Technik, die Sie damals erfunden haben – und die später von Gitarristen wie Eddie van Halen kopiert wurde.
Ja, ich versuchte damals eine einzelne Phrase aus Bachs „Toccata und Fuge“ zu spielen. Dabei entdeckte ich diese Technik, mit den Fingern der rechten Hand das Griffbrett zu bearbeiten. Das erste Mal habe ich die Technik im Mittelteil von „The Musical Box“ eingesetzt und später dann auch in „The Return Of The Giant Hogweed“. Ich finde immer noch, dass das nach Bach klingt. Phil hat das Tapping geliebt, weil dadurch der Eindruck entstand, wir könnten so schnell spielen wie das Mahavishnu Orchestra.

Apropos: Wenn Phil Collins, Peter Gabriel, Tony Banks und Mike Rutherford Sie fragen würden, ob Sie Lust auf eine Genesis-Reunion hätten – wären Sie mit dabei?
Ich fände das toll. Bisher hat das noch nicht geklappt, weil wir alle so viele andere Dinge zu tun haben. Ich bin da aber total flexibel. Ich würde einer Wiedervereinigung keineswegs im Weg stehen wollen. Ich glaube aber, dass nicht ich das Problem bin. Das ist inzwischen alles sehr kompliziert: So als ob man den Chinesen und den Russen Stepptanz beibringen wollte.