Der 26-Jährige starb am Montag beim Giro d'Italia nach einem schrecklichen Sturz.

Rapallo - Der Radsport steht nach dem Tod des belgischen Sprinters Wouter Weylandt unter Schock. Der 26-Jährige starb am Montag beim Giro d'Italia nach einem schrecklichen Sturz während der dritten Etappe an seinen schweren Kopfverletzungen.

Trotz 40-minütiger Wiederbelebungsversuche noch an der Unfallstelle 24 Kilometer vor dem Zielort Rapallo kam für den Teamkollegen von Fabian Wegmann jede Hilfe zu spät. "Er hatte einen Schädelbasisbruch und schwere Gesichtsverletzungen", sagte Rennarzt Giovani Tredici. Seinen Angaben zufolge streifte Weylandt mit der linken Pedale eine Mauer, verlor dann das Gleichgewicht und stürzte auf das Gesicht. Weylandt ist der vierte Tote in der Geschichte der Italien-Rundfahrt und der erste seit 25 Jahren. 2010 hatte er die dritte Etappe des Giro im niederländischen Middelburg noch gewonnen.

Weylandtwäre im September Vater geworden

"Wouter Weylandt war schon bewusstlos, als wir eintrafen. Wir haben 40 Minuten lang versucht, ihn zu reanimieren. Aber es war nichts mehr zu machen", so der Rennarzt. Nach anfänglich vergeblichen Versuchen informierte das Luxemburger Team Leopard Trek Weylandts Frau von dem tödlichen Unfall. Sie erwartet im September das erste gemeinsame Kind und soll noch am Montagabend in Italien eintreffen. "Die Familie von Wouter Weylandt ist nicht in der Lage, etwas zu sagen", teilte sein Manager Jef Van den Bosch mit.

Gestaltung der vierten Etappe den Fahrern überlassen

Das Rennen werde am Dienstag fortgesetzt, erklärte Giro-Chef Angelo Zomegnan auf einer Pressekonferenz. Er überlasse es jedoch den Fahrern, wie sie die vierte Etappe gestalten und werde jede Entscheidung respektieren, sagte Zomegnan. Damit könnte es auf den 216 Kilometern von Quarto dei Mille nach Livorno eine Gedenkfahrt im Bummeltempo und ohne Zielsprint geben.

Die Kollegen erfuhren erst nach dem Teilstück über 173 Kilometer von dem Unglück. "Ich kann nichts sagen", meinte Team-Mitstreiter Davide Vigano. Auch der siebenmalige Tour-de-France-Gewinner Lance Armstrong war fassungslos. "Ich bin geschockt und traurig", twitterte der Amerikaner. Er sei gerade vom Laufen zurückgekommen, als er von Weylandts Tod erfahren habe. "Möge er in Frieden ruhen."

Seite 2: Team befindet sich im Schockzustand

Der Präsident des Welt-Radverbandes UCI, Pat McQuaid, sprach den Angehörigen, dem Team und allen Freunden Weylandts "im Namen der gesamten Radsport-Familie" sein Mitgefühl aus. Aber auch den Kollegen beim Giro, die ihre Trauer überwinden und das Rennen fortsetzen müssten, wie der Ire betonte. Weylandts Stallkollegen ließen zunächst offen, ob sie weiterfahren werden. Dies wollte die Teamleitung den Fahrern freistellen.

Ermittlungsverfahren zur Klärung des Unfalls

"Das Team befindet sich in einem Zustand von Schock und Trauer. Wir sind mit unseren Gedanken und dem tiefsten Beileid bei der Familie und den Freunden von Wouter", schrieb der Rennstall neben einem Foto auf seiner der tiefen Trauer entsprechend schwarz-weiß gehalten Homepage. "Das ist ein schwerer Tag für den Radsport und für unser Team, und wir sollten alle Halt und Unterstützung bei den Menschen suchen, die uns nahe stehen." Der britische Rennfahrerkollege und Sprint-Rivale Mark Cavendish twitterte: "Meine Gedanken sind bei seiner Familie."

Den Rettungskräften und Fernsehzuschauern boten sich schreckliche Bilder. Einen Tag nach seinem neunten Rang bei der längsten Etappe des diesjährigen Giros lag Weylandt regungslos auf dem Asphalt. Er blutete stark im Gesicht, nachdem er auf der Abfahrt des Passo del Bocco offenbar weit durch die Luft geschleudert worden war. Noch am Montagabend eröffnete der Stellvertretende Staatsanwalt von Chiavari, Francesco Brancaccio, ein Ermittlungsverfahren zur Klärung des Unfallhergangs. Er ordnete auch die Autopsie des Leichnams im Krankenhaus von Lavagna an.

Seite 3: Letzter Todesfall vor über 20 Jahren

Den bislang letzten Todesfall hatte der Giro 1986 zu beklagen. Damals war Emilio Ravasio ums Leben gekommen. 2005 brach der Italiener Alessio Galletti bei der Asturien-Rundfahrt tot zusammen. 2003 führte der tödliche Sturz des Kasachen Andrej Kiwiljow bei der Fernfahrt Paris-Nizza zur Einführung der Helmpflicht. 1995 starb der italienische Olympiasieger Fabio Casartelli ebenfalls ohne Kopfschutz nach einem Sturz während der Tour de France in den Alpen.

Die Ehrung am Montag für Etappensieger Angel Vicioso aus Spanien und den neuen Träger des Rosa Trikots, David Millar aus Schottland, wurde abgesagt. Für Weylandt, früher Helfer von Ex-Weltmeister Tom Boonen, war der Giro-Tagessieg vor einem Jahr neben dem Gewinn einer Vuelta-Etappe 2008 der größte Erfolg.