Birgit Kimmig und Helmut Bock (beide links) vom Referat Landesrohstoffgeologie in Freiburg erklärten dem Ortschaftsrat Stetten bei einem Lokaltermin die geplanten Bohrungen nach Gispvorkommen in Stetten. Ortsvorsteher Walter Stocker und die anderen hörten aufmerksam zu und stellten Fragen. Foto: Kost

Beim Lokaltermin im ehemaligen Gipsbruch "Dietterle" ließ sich der Ortschaftsrat Stetten von zwei Experten über geplante Probebohrungen nach Gipsvorkommen informieren. Dabei wurde dem Gremien gleich an Ort und Stelle eine der größten Sorgen genommen.

Haigerloch-Stetten - Nein, dass in Stetten trotz 20 geplanter Bohrungen bis in etwa 15 Meter Tiefe eine Situation wie in Staufen entsteht, schlossen sowohl Birgit Kimmig als auch ihr Kollege Helmut Bock vom Referat Landesgeologie am Regierungspräsidium Freiburg nahezu kategorisch aus.

Zur Erinnerung: in der Stadt im Breisgau war es vor 15 Jahren zu Rissen an über 270 Gebäuden gekommen, weil Erdwärmebohrungen den Untergrund in Bewegung gebracht hatten. Bis heute hält die Situation an.

Bohrlöcher werden gleich wieder verfüllt

Der Untergrund in Stetten ist aber geologisch etwas anders zusammengesetzt, zudem wird mit Pressluft gebohrt und schließlich werden die Bohrlöcher (etwa 25 Zentimeter Durchmesser) gleich wieder verfüllt. Stattfinden sollen die Bohrungen auf städtischen Flächen übrigens im Herbst, wenn die Felder abgeerntet sind. Als Zeitraum für die Bohrungen geht Helmut Bock auf Nachfrage eines Bürgers beim Lokaltermin von etwa einer Woche aus.

Und warum wird nahe bei der ehemaligen Erddeponie "Grund" überhaupt gebohrt? Der Anstoß dazu kommt offenbar von der Epfendorfer Firma Bantle, die bereits in Böhringen und in Bochingen-Vogelloch Gipsstein für Kunden in der Zement- und Gipsplatten-Industrie abbaut und nun die Gipsvorkommen in Stetten erkunden möchte. Das hat übrigens schon 1995 die Firma Burkhart im Auftrag des damaligen Gipsbruchbetreibers Dietterle getan – und dabei laut Birgit Kimmig "sowohl Treffer als auch Nieten gelandet".

Es geht um den gewinn neuer Daten und Erkenntnisse

Die aktuell beabsichtigten Probebohrungen wollen das Regierungspräsidium Freiburg (RP) und auch der Regionalverband Neckar-Alb für sich nutzen, wie Birgit Kimmig und Helmut Bock dem Ortschaftsrat erklärten. Das RP-Referat würde mittels der Bohrungen nämlich aktuelle Informationen über die Lage und den möglichen Verlauf von Gipsvorkommen erhalten. Diese würde man auch an den Regionalverband Neckar-Alb weitergeben. Dessen Sache wäre es dann, im Regionalplan die Vorranggebiete für Abbau (VRG-A) und Rohstoffsicherung (VRG-S) entsprechend anzupassen. Bock: "Es geht uns also um den Datengewinn."

Würde man in Stetten abbauwürdige Gipsvorkommen vorfinden, gehen laut ihm aber bis zu einer konkreten Abbauplanung mindestens 20 bis 25 Jahre ins Land. So lange ist der Zeithorizont, bis alle dafür nötigen Genehmigungsverfahren durchlaufen sind. Einer Firma sei das aber bewusst, deshalb plane sie langfristig. betonte der Fachmann. Ob sich ein Abbau lohne, sei allerdings auch von der Reinheit des Gipsgesteins und dessen Salzgehalt abhängig.

Natürlicher Gips in Baden-Württemberg eher selten

Gips, das führte Bock dem Stettener Rat ebenso vor Augen, sei ein Rohstoff, der in Baden-Württemberg nicht so oft vorkomme. Ein untertägiger Abbau sei sehr kostenintensiv, ein Abbau in einem Gipsbruch schon eher interessant. Momentan würden laut ihm rund sechs Millionen Tonnen Gips über Rauchgasentschwefelungsanlagen (REA) in Heizkraftwerken oder Müllverbrennungsanlagen künstlich erzeugt, während vier Millionen Tonnen Naturgips abgebaut werden.

Wenn man langfristig aus der Kohleverbrennung aussteigt, erhält die natürliche Gipsgewinnung wieder eine größere Bedeutung. Und, wer weiß: "Vielleicht haben sie hier in Stetten ein echtes Sahnestück", so der Geologe gegenüber dem Ortschaftsrat: Das wird sich dann im Herbst zeigen.