Über 40 000 Tonnen Giftmüll lagern in einer unterirdischen Deponie im Elsass. Foto: dpa/Uwe Zucchi

Umwelt-Initiativen warnen: Die Stocamine-Giftmülldeponie könnte dafür sorgen, dass das Trinkwasser von Millionen Menschen verschmutzt wird.

Vergangene Woche wurde wieder einmal demonstriert in Wittelsheim bei Mülhausen im Elsass: Umweltschützer verteilten Trinkwasser, um auf die Gefahr durch die Stocamine-Giftmülldeponie im Ort für das Wasser in der Region hinzuweisen. Anlass war das Ende einer öffentlichen Anhörung zu dem Thema.

Am Tag darauf stimmte der Gemeinderat in Wittelsheim erstmals dafür, die mehr als 40 000 Tonnen hochgiftigen Industriemüll endgültig im Erdreich unter der Gemeinde zu belassen, um die seit Jahrzehnten gestritten wird. Sämtliche Regierungen in Paris seien zu mutlos gewesen, den Müll bergen zu wollen, sagte Bürgermeister Yves Goepfert Medienberichten zufolge.

Die unterirdische Giftmülldeponie in 550 Metern Tiefe ist seit rund 20 Jahren ein Zankapfel im Dreiländereck: die Deponie wurde 1974 in einem stillgelegten Kali-Schacht eingerichtet, um beispielsweise giftige Klinikabfälle und anderen Industriemüll aufzunehmen. Die Betreiberfirma Stocamine versicherte zwar immer wieder, dass die Deponie ein sicherer Ort für gefährliche Abfälle sei. Dennoch entzündete sich ein Teil der Abfälle 2002 selbst und brannte zwei Monate lang in der Tiefe vor sich hin.

Bergung der Abfälle zu gefährlich

Spätestens ab diesem Zeitpunkt wurden die mahnenden Stimmen der Umweltbewegung dies- und jenseits des Rheins lauter, die davor warnten, dass die Deponie früher oder später zu einer Gefahr für die Wasserversorgung von Millionen Menschen werden könnte. Mittlerweile ist klar: Der Salzstock, in dem der Müll liegt, ist in Bewegung, die Decken senken sich, und Wasser dringt ein.

Eine Bergung der Abfälle fand aber bis heute nicht statt. Das sei zu gefährlich für die Arbeiter vor Ort, sagte Umweltministerin Barbara Pompili 2021 in Paris. Daher müsse die Mine versiegelt werden und der Müll für immer unten bleiben. Ihre Vorgängerinnen Delphine Batho und Ségolène Royal hatte in den Jahren davor noch plädiert, zumindest die gefährlichsten Materialien aus dem Bergwerk zu holen. Kleine Teile wurden auch geborgen und bestätigten, dass in Wittelsheim auch gefährliche Abfälle eingelagert wurden, für die das Bergwerk gar keine Genehmigung hatte.

Gerichte verhindern Versiegelung

Mittlerweile haben die Betreiber der Mine, die nun von den Elsässischen Kaliminen (MDPA), einem Staatskonzern, verantwortet wird, den vierten Anlauf gestartet, um die Versiegelung des Bergwerks rechtssicher auf den Weg zu bekommen. Doch dreimal haben die Gerichte in Frankreich den Betreibern bereits einen Strich durch die Rechnung gemacht.

In seiner Stellungnahme, die das Regierungspräsidium Freiburg zusammen mit dem Landesumweltministerium erarbeitet hat, heißt es, dass eine Wassergefährdung nicht vollständig ausgeschlossen werden könne, wenngleich keine akute Gefahr bestehe. Auch Umwelt-Initiativen wie die „Destocamine“ im Elsass und der BUND in Freiburg sehen Handlungsbedarf: Aus dem Endlager werde früher oder später Gift in den „Oberrhein-Aquafier“ aufsteigen, das Grundwasserdepot, von dem sieben Millionen Franzosen, Schweizer und Deutsche abhängig sind. Im Sommer soll in Paris erneut über Stocamine entschieden werden.