Der Wohnungsbau stockt – die Gewerkschaften haben eine Idee. Foto: Lichtgut/Zophia Ewska

Nicht auf den Bund warten, sondern als Land viel massiver Sozialwohnungen fördern, sagen die Gewerkschaften. Und sie haben eine Idee, wo das Geld herkommen soll.

Das Land Baden-Württemberg ist bei der Wohnbauförderung am Zug – und soll endlich ein massives Zeichen gegen den massiven Einbruch in diesem Bereich setzen. Diese Botschaft haben der DGB, die Baugewerkschaft IG BAU und die IG Metall jetzt ausgesendet. „Das Ping-Pong-Spiel mit dem Bund darf nicht weitergehen“, sagt Andreas Harnack, Regionalleiter der Baugewerkschaft. „Die bisherigen Trostpflaster mit hier einmal einer Million und da einer Million müssen endlich aufhören.“

 

Mehrgeschossige Mietshäuser sollen her

Eine Milliarde Euro solle die Landesregierung vor allem in die Förderung des sozialen Wohnungsbaus und damit insbesondere in den verstärkten Bau von mehrgeschossigen Mietshäusern stecken. Und zwar für die kommende Zeit jedes Jahr. Bisher stemme der Bund den Löwenanteil an der Förderung und Baden Württemberg bezahle nur gut ein Drittel, sagt die stellvertretende DGB-Landesvorsitzende Maren Diebel-Ebers. „Das Land sollte hier ein klares Signal setzen und auf die Hälfte aufstocken.“ Bayern investiere dreimal mehr und Niedersachsen gründe gerade eine eigene Wohnungsbaugesellschaft.

Die Gewerkschaften sehen den Landeshaushalt gut genug bestückt. Unverbrauchte Haushaltsmittel der Landesministerien summierten sich auf Milliarden. Das Finanzministerium wies als Reaktion auf die Forderung darauf hin, dass es zwar zehn Milliarden Euro Ausgabenreste gebe. Die seien aber voll verplant: „Wer eine Milliarde davon umwidmen will, müsste dann auch sagen, welche Maßnahme dafür entfallen muss.“

Um den explodierenden Preisen beim Baugrund etwas entgegensetzen zu können soll das Land beispielsweise über seine existierende Landsiedlung Baden-Württemberg GmbH mehr Grundstücke für den sozialen Wohnungsbau ankaufen und sie dann mittels Erbpacht an die Kommunen weiterreichen – mit der Maßgabe hierauf gemeinnützige Wohnungen zu errichten.

Bisher Schlagseite zu Gunsten des Eigentums

Die Gewerkschaften kritisieren die bisherige Schlagseite etwa des aktuellen Zwölf-Punkte-Programms des Bundes für den Wohnungsbau. „Da steht ganz klar die Eigentumsförderung im Vordergrund“, sagt Harnack. Landesbauministerin Nicole Razavi (CDU) unterstreicht in ihrer Reaktion auf die Forderungen weiterhin ihre Priorität des frei finanzierten Wohnungsmarkts. „Das Grundproblem, das wir aktuell haben, ist doch nicht der soziale Wohnungsbau“, sagte sie.

„Ich muss da jetzt mein Taschentuch einstecken, wenn man Eigentumsförderung zur wichtigsten Frage erklärt,“ hatte Baugewerkschafter Harnack bei der Vorstellung des Gewerkschaftskonzepts gesagt. Das sich seit vielen Jahren aufstauende Problem des fehlenden Wohnraums für Menschen mit niedrigem und mittleren Einkommen sei so nicht lösbar: „Wir erleben einen teilweise skandalösen Rückzug von privaten und öffentlichen Investoren im Wohnungsbau“, sagt er.

Wachsendes Konjunkturproblem

Dass der Einbruch beim Wohnungsbau zusehends zu einem Konjunkturproblem wird, macht Rolf Ebe, der Gesamtbetriebsrat des Baumaschinen- und Kühlschrankherstellers Liebherr, deutlich: „Wir sind noch relativ gut durch 2023 gekommen – aber 2024 ist absehbar, dass es bei uns zur Kurzarbeit kommen wird.“