Bei der Höhe der Gewerbesteuer bleibt die Stadt Stuttgart in der Region die Spitzenreiterin. Foto: IMAGO/Aviation-Stock

Wegen klammer Kassen haben 22 Kommunen der Region Stuttgart die Gewerbesteuer erhöht. Die IHK Region Stuttgart warnt vor einem Abbau von Arbeitsplätzen.

Freibad, Kindergarten, Sozialleistungen: All das finanzieren die Kommunen der Region auch durch die Gewerbesteuer. Aufgrund der schwächelnden Konjunktur sind vielerorts die Kassen jedoch klamm. Als Folge haben 22 der 179 Kommunen der Region Stuttgart für das Jahr 2025 ihre Gewerbesteuer erhöht – das ist rund jede achte Kommune der Region. Das zeigt eine Auswertung der IHK Region Stuttgart, die unserer Redaktion vorliegt.

 

In diesen Kommunen wird es also für die Unternehmen teurer, während zugleich mehr Steuereinnahmen fließen. Im Schnitt lag die Erhöhung bei 19 Hebesatzpunkten. Mit dem Hebesatz bestimmen die Kommunen individuell den Prozentsatz, mit dem die Steuer multipliziert wird, um die tatsächliche Steuerhöhe zu bestimmen. Die Spannweiten reichen hier von 10 bis 30 Punkten.

Im Landkreis Ludwigsburg hoben neun Kommunen die Steuer an

Spitzenreiterin in der Region ist die Stadt Stuttgart mit 420 Punkten, wobei Stuttgart den Gewerbesteuersatz in diesem Jahr auf diesem Niveau belässt. Dagegen hoben im Landkreis Ludwigsburg neun Gemeinden die Steuer an. Besigheim schloss mit einer Erhöhung um 20 auf 420 Prozentpunkte gar zu Stuttgart auf. In Ludwigsburg beträgt der Satz jetzt 400 Punkte, in Markgröningen 395 und in Vaihingen an der Enz 390.

Im Landkreis Böblingen erhöhten Gärtringen (370 Prozentpunkte), Rutesheim (385) und Schönaich (390) die Steuer, im Landkreis Esslingen Beuren (415) und Neckartailfingen (360). Im Rems-Murr-Kreis ging die Steuer in fünf Kommunen nach oben, am höchsten liegt sie jetzt mit 415 Prozentpunkten in Fellbach. Im Kreis Göppingen erhöhten drei Gemeinden die Gewerbesteuer, darunter Adelberg (400) und Drackenstein (380).

Bei der IHK Region Stuttgart stoßen die Erhöhungen auf massive Kritik. „Diese Erhöhungen treffen die Betriebe in einer Zeit, in der sie ohnehin mit steigenden Kosten, Fachkräftemangel und wirtschaftlicher Unsicherheit zu kämpfen haben“, warnt IHK-Hauptgeschäftsführerin Susanne Herre.

Die Wirtschaft habe Verständnis für die finanziellen Herausforderungen der Kommunen – etwa durch steigende Sozialausgaben, die Unterbringung Geflüchteter oder höhere Zinslasten – aber die Wirtschaft stecke im zweiten Jahr in Folge in der Rezession, betont Herre: „Steuererhöhungen sind in dieser Lage das falsche Signal. Sie belasten die Unternehmen zusätzlich und gefährden Investitionen in Zukunftstechnologien und Arbeitsplätze.“ Besonders betroffen seien hier kleine und mittlere Unternehmen sowie Betriebe der Automobilindustrie.

IHK-Hauptgeschäftsführerin Susanne Herre übt Kritik an den Steuererhöhungen. Foto: Lichtgut

Dass die Automobilindustrie schwächelt, ist gleichzeitig eine Ursache für die Steuerausfälle der Kommunen der Region. Die Stadt Stuttgart prognostizierte unlängst einen Rückgang der Gewerbesteuer bei den Unternehmen der Automobilindustrie um fast 50 Prozent für dieses Jahr im Vergleich zu 2024. Gleichwohl sah die Stadt von einer Erhöhung der Gewerbesteuer ab. Tübingen dagegen erhöhte vor kurzem rückwirkend zum 1. Januar die Gewerbe- wie auch die Grundsteuer, um das Haushaltsloch zu stopfen. Normalerweise müssen Kommunen laut IHK bis zum 30. Juni eines Jahres für das laufende Jahr die Hebesätze festlegen.

Die Gewerbesteuer ist die wichtigste originäre Einnahmequelle der Kommunen – diese können den Hebesatz und damit die Steuerhöhe selbst festlegen. Einerseits versuchen Gemeinden, Unternehmen mit niedrigen Sätzen anzulocken – andererseits sind Erhöhungen nötig, um den Haushalt stemmen zu können.

In der Region Stuttgart liegt die Gewerbesteuer zwischen 420 Prozent an der Spitze und 320 Prozent am unteren Ende. Die große Mehrheit der Kommunen verlangen einen Satz zwischen 350 und 400.

Spitzenreiter sind die Stadt Stuttgart und Besigheim im Landkreis Ludwigsburg mit 420 Punkten. Beuren und Kohlberg im Landkreis Esslingen erheben 415 bzw. 410 Prozentpunkte. 415 Prozent sind es bei der Stadt Fellbach.

Die geringsten Sätze erheben Oppenweiler im Rems-Murr-Kreis und Affalterbach im Kreis Ludwigsburg mit jeweils 320 Prozent. 325 Prozent sind es in Albershausen im Kreis Göppingen, 330 in Aichwald im Kreis Esslingen.

Gewerbesteuer als Standortfaktor

Standortumfrage
Laut der Standortumfrage der IHK Region Stuttgart vom Frühjahr dieses Jahres zählte die Höhe der Gewerbe- und Grundsteuer mit 86 Prozent der Nennungen zu den Top 10 der wichtigsten Standortfaktoren. Knapp 70 Prozent der befragten Unternehmen zeigten sich mit der Steuerhöhe „unzufrieden“ oder „eher unzufrieden“.

Bundesvergleich
Bundesweit hatte die thüringische Kommune Langenwolschendorf 2023 mit einem Hebesatz von 200 die niedrigste Gewerbesteuer, wie eine Erhebung von Empirica Regio für das Handelsblatt jüngst ergab. Im hessischen Lorch betrug der Hebesatz 1050 Punkte.