Apotheker Friedrich Böckle stellt Arzneimittel noch selbst her. Foto: Böckle

Apotheker Friedrich Böckle hat das Gesundheitswesen in Bad Liebenzell geprägt wie kaum jemand sonst. Inzwischen blickt der fast 72-Jährige auf mehr als 50 Jahre Apothekentätigkeit zurück. Viele Arzneien stellt Böckle immer noch selbst her.

Bad Liebenzell - Vor fast 51 Jahren, am 1. März 1971, trat Böckle seine Stelle als Apothekerpraktikant in der Hirsch-Apotheke in seiner Heimatstadt Göppingen an. Damals mussten diejenigen, die diesen Beruf ergreifen wollten, vor Beginn des Pharmaziestudiums an einer Universität erst eine zweijährige Ausbildung absolvieren. 225 Mark verdiente er im ersten, 275 im zweiten Jahr, erinnert er sich noch genau. Diese zwei Jahre haben Böckle stark geprägt. Er sammelte Heilpflanzen auf der Schwäbischen Alb, sonderte die Wirkstoffe ab und presste diese zu Tabletten. Auch Teemischungen zur Linderung von Beschwerden fertigte er an. Mehr als 100 Arzneipflanzen suchte er zusammen, presste sie und legte sie in einem Herbarium an. Ein Herbarium ist eine Sammlung von getrockneten Pflanzen, die beim Vorexamen geprüft wurde. Diese Leidenschaft sollte Böckle nie wieder loslassen. Bis heute stellt er viele Rezepturen selbst her. Der Bad Liebenzeller Herz-, aber auch der Schlaf- und Nervenwein sind bei seinen Kunden beliebt. Das Gleiche gilt für seinen Magenbitter. Ein Renner ist sein Mundspray zur Bekämpfung von Corona-Viren und Bakterien.

Bereits als Aushilfe in der Kurstadt

1974 begann Böckle sein Studium der Pharmazie an der Universität in Tübingen und schloss es vier Jahre später mit dem Staatsexamen ab. Bereits Ende der 1970er-Jahre lernte Böckle als Pharmaziestudent die Quellen-Apotheke in Bad Liebenzell kennen. Als Aushilfe während der Semesterferien hieß ihn das Besitzerehepaar Kubitzka stets willkommen: "Ich durfte den Apotheker in den Semesterferien vertreten." Nach dem Ende seines Studiums Ende 1978 erhielt er 1979 die Approbation und wurde als leitender Apotheker angestellt mit dem Angebot einer Übernahme. Damals war bereits die Digitalisierung ein Thema. Vor 40 Jahren hielt die EDV Einzug in die Apotheken. "So war ich nächtelang damit beschäftigt, die notwendigen Umstellungen zu verwirklichen", erinnert sich Böckle.

1980 übernahm Böckle die Quellen-Apotheke in Bad Liebenzell zur Pacht. Er absolvierte eine Ausbildung zum Fachapotheker für Allgemeinpharmazie. Böckle durfte damit selbst ausbilden. Es entstand eine Lehrapotheke. Bereits 1982 kaufte er wegen des frühen Tods des Verpächters die Quellenapotheke. Böckle vergrößerte zunächst die Verkaufsfläche. Das neue Treppenhaus wurde der Eingang für die neue Arztpraxis von Eckhard Müller. "Die Praxiseröffnung war der Start für meine Vorstellung zur Errichtung eines Gesundheitszentrums in der Innenstadt", erinnert sich der Apotheker. Bis es aber so weit war, sollten noch mehr als zehn Jahre mit vielen Diskussionen vergehen. Vorher feierte Böckle im Jahre 1984 noch ein großes Jubiläum: 150 Jahre Apotheke Bad Liebenzell. Die Quellen-Apotheke war eine direkte Nachfolgerin der ersten Apotheke in Bad Liebenzell, schreibt Böckle in einer vor 38 Jahren von ihm verfassten Chronik. Darin ist zu lesen, dass 1834 die Apotheker Epting und Federhoff aus Calw die erste Apotheke in der heutigen Kirchstraße in Bad Liebenzell eröffneten. 1964 wurde das Gebäude abgerissen.

Sanitätshaus eröffnet

Ein weiterer Meilenstein war 1995 die Eröffnung der Quellenpassage als Gesundheitszentrum. Böckle verwirklichte das Projekt zusammen mit zwei weiteren Partnern. Ein Jahr später folgte das Sanitätshaus Saniquell. Inzwischen gibt es dort neben der Apotheke und dem Sanitätshaus zwei Optiker, einen Hörgerätefachmann, fünf Arztpraxen, einen Psychologen und ein Fitnessstudio.

Und als ob das nicht schon genug wäre, absolvierte Böckle 1995 die Ausbildung zum Fachapotheker für Klinische Pharmazie. Als solcher ist er seit 1996 Partner des Paracelsus-Krankenhauses in Unterlengenhardt. 1998 eröffnete er sein Competence Center für Natur-Arznei. 2008 folgte das "Haus der Gesundheit" mit drei weiteren Arztpraxen. Zwischenzeitlich erweiterten in unmittelbarer Nachbarschaft drei Arztpraxen das Angebot in Bad Liebenzell. Mit sechs neuen zentral gelegenen, öffentlichen Parkplätzen beendete Böckle 2019 seine Ära als Bauherr in Bad Liebenzell.

Drei Fahrer für Zustellung

Um dem weltweiten Versandhandel Paroli zu bieten, eröffnete Böckle 2011 seine Versandapotheke samt Bestellpunkt in Bad Liebenzell. Für die Zustellung von Arzneimitteln beschäftigt Böckle drei Fahrer. Sie legten im vergangenen Jahr rund 40 000 Kilometer zurück. Vor Corona waren es mit rund 30 000 Kilometer etwas weniger.

Ehrenamtlich brachte sich Böckle besonders beim Schwarzwaldverein ein. Dort trat er bereits 1980 kurz nach seinem Zuzug nach Bad Liebenzell ein. Dort war er auch Vorsitzender. Im Jahre 2000 initiierte er unter der Schirmherrschaft des Schwarzwaldvereins zusammen mit der Stadt- und Kurverwaltung den Apothekergarten. Bis 2021 bot er 338 Führungen mit rund 5800 Besuchern an. 2002 wurde der Blindenbereich im Apothekergarten Wirklichkeit. Der Lions-Club Hirsau finanzierte zum größten Teil diesen Bereich. Zwischen 2005 und 2014 gab Böckle einen Jahreskalender mit Motiven von Bad Liebenzell heraus. Für sein Engagement erhielt er 2015 die Silberne Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg.

Seinen Tätigkeit will Böckle so lange ausüben, wie er körperlich und geistig noch kann: "Mir macht der Beruf weiterhin Freude." Der fast 72-Jährige hält Ausschau nach einem Nachfolger. Er räumt ein, dass es nicht so einfach sei, einen solchen zu finden.