Digitalisierung, viele zusätzliche Abteilungen und Leistungen: Das Zollernalb-Klinikum "kämpft" derzeit an vielen Fronten. Sein Geschäftsführer stellte aktuelle Entwicklungen im Kreistag vor.
Zollernalbkreis - Die Endoskopie in Albstadt sei praktisch fertig, sagte der Klinik-Geschäftsführer Gerhard Hinger in der Kreistagssitzung. Aber wegen der unterbrochenen Lieferketten – Teile seien wohl noch in Containern irgendwo auf dem Meer – sei die Eröffnung erst für August geplant.
In der Pädiatrie in Balingen seien erste Abschnitte umgesetzt, ein Teil der internistischen Station sei zu Untersuchungsräumen umfunktioniert worden. Bei der Palliativstation laufe alles nach Plan.
Verstärkt ambulante Operationen
In Zukunft werde, so Hinger, bei Operationen verstärkt auf die "Ambulantisierung" gesetzt. Im Erdgeschoss des Balinger Krankenhauses gebe es einen OP-Raum und ab dem vierten Quartal dieses Jahres werde man dort mit dem ambulanten Operieren beginnen – zunächst im Bereich der Gynäkologie, später auch in anderen Fachgebieten.
Derzeit werde, so der Klinik-Chef, an einem Katalog gearbeitet, was derzeit stationär behandelt werde, danach aber ambulant durchzuführen sei: "Es ist nicht leicht, den Patienten das zu vermitteln."
Etwa zehn bis 15 Prozent der chirurgischen Eingriffe würden künftig ambulant erfolgen. Das schaffe im stationären Bereich mehr Raum für andere, hochwertigere Leistungen.
Labor wird zentralisiert
Auf die Frage von Dörte Conradi (CDU) erklärte der Klinik-Chef, dass schon jetzt ambulant operiert werde, allein im vergangenen Jahr 1200 Mal. Aber bisher sei das in den Zentral-OP integriert.
Die Zentralisierung des Labors in Balingen habe rasche Verbindungen erforderlich gemacht. Hinger erwähnte Drohnen, die in Zukunft bei Bedarf in wenigen Minuten von Albstadt nach Balingen fliegen könnten. Derzeit erfolge der Transport der Proben noch auf der Straße – in dringlichen Fällen mit dem Rettungswagen und Blaulicht. In Albstadt gebe es weiterhin ein Labor für Notfalldiagnostik.
Digitalisierung ein Riesenthema
Großes Thema: die Digitalisierung. Einerseits gehe es um Informationssicherheit und den Schutz sensibler Daten, andererseits aber auch um mögliche Cyber-Angriffe.
Allein im vergangenen Jahr seien 14,8 Millionen Schadprogramme gemeldet worden: "Das Krankenhaus könnte lahmgelegt werden." Daher sei 100 Prozent Redundanz vorgeschrieben: "Sämtliche Systeme müssen doppelt vorhanden sein." Die Digitalisierung gehe bis hin zum Kühlschrank für Blutkonserven: "Er öffnet nur die Klappe, die zum Patienten passt."
Wie Personal gewinnen?
Die Personalgewinnung bleibe ein Problem, sagte Hinger. "Leiharbeiter", also Honorarärzte, dürften maximal neun Monate und bei Verlängerung weitere neun Monate bleiben. Es gebe auch welche, die nur kurz da seien.
Und das führe zu sozialen Spannungen: "Die Mitarbeiter wissen, was die Leihärzte kosten. Sie können verlangen, was sie wollen. Zum Teil mieten wir für sie Ferienwohnungen an, weil das Wohnheim nicht gut genug ist."
Ob es leichter wäre, junge Ärztinnen oder Pflegerinnen zu gewinnen, wenn Kinderbetreuung angeboten würde, fragte die SPD-Kreisrätin Angela Godawa. Wäre es: Allein in der vergangenen Woche seien drei junge Ärztinnen nicht nach Balingen gekommen, weil es hier keine Kinderbetreuung gibt.
Kurzzeitpflege in Albstadt? Wegen der gesetzlichen Vorgaben nicht möglich. Denn laut Heimverordnung seien bestimmte Raumgrößen und -höhen vorgegeben, und das Albstädter Krankenhaus sei ein Altbau, erfülle die Vorgaben nicht.
Ein "Schlupfloch" gebe es mit der sogenannten "Übergangspflege": Zehn Tage lang dürften Pflegepatienten aufgenommen werden, wenn das Krankenhaus nachweise, dass es bei einer bestimmten Anzahl von Einrichtungen nachgefragt und keinen Platz bekommen habe. "Ein Bürokratiemonster", findet Hinger.
Kreistag nickt Verlust für 2021 ab
Der Kreistag hat dem Jahresabschluss für 2021 zugestimmt – und der Übernahme des Verlusts in Höhe von rund 6,8 Millionen Euro. Kein schönes Ergebnis, hieß es, aber immer noch besser als an anderen Krankenhäusern.
"Unsere strukturelle Qualitätsoffensive zeigt Wirkung", sagte Geschäftsführer Manfred Heinzler in der Sitzung. "Wir sind besser als der Landesdurchschnitt." Eine deutliche Verbesserung gegenüber 2020 habe es im vergangenen Jahr gegeben.
Auch die Personalentwicklung zeige einen positiven Trend: Im vergangenen Jahr seien 34 Vollzeitkräfte gewonnen worden. Was die geplante Kostenreduzierung angehe – da würden die gesteckten Ziele wohl nicht erreicht. Heinzler verwies auf die aktuelle Entwicklung der Energiepreise, den gestiegenen Personalaufwand und weitere "unsichere Faktoren".
Kosten für Zentralklinikum – eine Milliarde Euro?
Helmut Barth (CDU) sprach von einem "Riesenbrocken im Haushalt". Das Zentralklinikum komme seiner Ansicht nach zu spät. Bei der aktuellen Preisentwicklung werde es seiner Einschätzung nach wohl 800 Millionen bis eine Milliarde Euro kosten – "ob das finanzierbar ist?"
Auch Reinhold Schäfer (FWV) sprach beim Verlust 2021 von einer "großen Hausnummer", räumte aber ein, dass viele Kliniken in der gleichen Situation seien. Das System gehöre dringend verbessert. Manfred Frohme (SPD) sagte, mit der Entwicklung könne man nicht zufrieden sein, aber "wir sind auf einem guten Weg, es wird gute Arbeit geleistet".