Bei Operationen kommen viele Geräte zum Einsatz. Durch eine geplante EU-Verordnung droht ein Engpass bei Medizinprodukten, die eher selten verwendet werden. Foto: dpa/Uwe Anspach

Das Europaparlament will eine Reform der kritisierten EU-Verordnung zur Zulassung von Medizinprodukten. Die jetzige Regelung schieße übers Ziel hinaus.

Im Krankenhaus will jeder Patient die beste Versorgung. Eine geplante Verordnung zur Zulassung von Medizinprodukten in der EU droht allerdings Menschenleben zu gefährden, warnt der Europaparlamentarier Peter Liese. Aus diesem Grund hat das Parlament in Straßburg am Mittwoch mit großer Mehrheit einen Text verabschiedet, der die EU-Kommission auffordert, schon im ersten Quartal 2025 gezielte Änderungen vorzunehmen, um die wichtigsten Probleme in der sogenannten Medical-Device-Regulation (MDR) zu beseitigen. „Eine bessere Regelung von Medizinprodukten in der Europäischen Union war nach vielen Skandalen notwendig“, sagt Peter Liese, Mitglied im Gesundheitsausschuss des Parlamentes. „Die Europäischen Institutionen sind dabei jedoch über das Ziel hinausgeschossen.“

 

Der gute Wille bewirkte eher das Schlechte

Im Grund wollten die EU-Gesetzgeber mit der Verordnung nur das Beste für die Bürger. Die Regelung soll dafür sorgen, dass nur solche Medizinprodukte eingesetzt werden, die ein strenges Zulassungsverfahren durchlaufen haben – und dieses Zulassungsverfahren muss in aller Regel alle fünf Jahre erneuert werden. Doch der gute Wille bewirkte in diesem Fall eher das Schlechte.

Auslöser für die Revision der bereits bestehenden Medizinprodukteverordnung im Jahr 2017 war der Skandal in Frankreich und Deutschland, bei dem Brustimplantate mit Industriesilikon gefüllt wurden. In Zukunft sollten solche Verbrechen vermieden werden. Doch anstatt einer verbesserten Patientensicherheit wurde genau das Gegenteil erreicht. Denn in Zukunft sollen die Hersteller auch seit Jahren erfolgreich genutzte Produkte, sogenannte Bestandsprodukte, erneut zertifizieren. Das aber ist manchen Unternehmen zu kostspielig und auch bürokratisch zu aufwendig, weshalb sie sich entscheiden, ihre Medizinprodukte lieber vom Markt zu nehmen.

Schwierige Versorgungslage in Kliniken

Dies gilt insbesondere für Nischenprodukte, die oft in deutlich geringeren Mengen eingesetzt werden, zum Beispiel um Kinder zu behandeln. Dabei geht es etwa um bewährte Ballonkatheter, aber auch einfache Schläuche, Sonden oder Prothesen, die selten zum Einsatz kommen und deswegen nur in kleiner Stückzahl produziert werden.

Liese ärgert sich auch über einen scheinbar sinnvollen Passus, der jedoch gegen die Erfahrung im Alltag spricht. Gegen seinen Widerstand hätten sich Rat und Parlament auf eine Vorschrift geeinigt, dass jemand, der in einer Firma die Zertifizierung für ein Medizingerät betreut, auf jeden Fall Akademiker sein müsse. Das treffe vor allem kleine und mittelständische Hersteller hart. Bewährte Fachkräfte mit beruflicher Bildung würden aus dem Job gedrängt. „Der gesamte Prozess verteuert und verzögert sich unnötig, weil Akademiker in diesem Bereich rar und entsprechend teuer sind“, sagt Liese.

Die Lösung des Problems wird verschoben

Die EU schiebt das Problem seit Jahren vor sich her. Immer wieder ist die Frist für die Umsetzung der verschärften Regeln wegen der absehbaren Probleme verschoben worden. Peter Liese verlangt, dass das Problem endlich grundsätzlich gelöst werden müsse, da sonst keine Planungssicherheit für die Unternehmen herzustellen sei, die die entsprechenden Medizingeräte herstellen.

Möglich wären nach der Auffassung des Arztes besondere Regelungen für Medizinprodukte, die nur in kleinen Stückzahlen hergestellt werden, etwa für die Behandlung seltener Erkrankungen. Auch eine geplante fünfjährige Zertifizierungspflicht für einfache Medizingeräte hält er für unnötig, da diese sowieso ständig überprüft würden. Peter Liese ist überzeugt, dass auf diese Weise den wenigen, speziellen Fällen geholfen würde und gleichzeitig eine Verbesserung der Sicherheit in der Breite gewährleistet sei.