Der Neckar hält für die Polizei noch viele Geheimnisse bereit. Foto: dpa

Leichenteile entdeckt: Fast 19 Jahre nach dem spurlosen Verschwinden der Geschwister Gögel aus Eberdingen (Kreis Ludwigsburg) zeichnet sich ab, dass die beiden im Januar 1995 mit ihrem Auto im Neckar ertrunken sein dürften.

Das Rätsel um einen der ungewöhnlichsten Kriminalfälle in der Region Stuttgart dürfte gelöst sein: Fast 19 Jahre nach dem spurlosen Verschwinden der Geschwister Gögel aus Eberdingen (Kreis Ludwigsburg) zeichnet sich ab, dass die beiden im Januar 1995 mit ihrem Auto im Neckar ertrunken sein dürften. Bei Heilbronn wurden Leichenteile entdeckt, bei denen es sich nach Analyse des genetischen Fingerabdrucks um sterbliche Überreste der vermissten Gretel Gögel handelt.

Stuttgart/Ludwigsburg - Das Rätsel um einen der ungewöhnlichsten Kriminalfälle in der Region Stuttgart dürfte gelöst sein: Fast 19 Jahre nach dem spurlosen Verschwinden der Geschwister Gögel aus Eberdingen (Kreis Ludwigsburg) zeichnet sich ab, dass die beiden im Januar 1995 mit ihrem Auto im Neckar ertrunken sein dürften. Bei Heilbronn wurden Leichenteile entdeckt, bei denen es sich nach Analyse des genetischen Fingerabdrucks um sterbliche Überreste der vermissten Gretel Gögel handelt.

Werner Stotz, Leiter der Kriminalaußenstelle Vaihingen/Enz, hätte es fast nicht mehr für möglich gehalten. Seit knapp 19 Jahren hatte der 56-Jährige den Fall mit Herzblut verfolgt, die Akte Gögel und sogar den Zweitschlüssel des Autos der Geschwister stets griffbereit. Nächstes Jahr wird seine Dienststelle im Rahmen der Polizeireform geschlossen – und der Fall wäre für die Vaihinger endgültig verloren gewesen. Nun aber – ein vorweihnachtliches Geschenk.

„Wir hatten nichts, keine Spur, keinen Tatort“, so der Erste Kriminalhauptkommissar zu seinem Fall. Am 10. Januar 1995 hatten sich die Geschwister Heinrich (61) und Gretel Gögel (53) von ihrem Aussiedlerhof in Eberdingen aufgemacht, um Bekannte in Marbach zu besuchen. Gegen 14 Uhr machen sie sich wieder auf den Heimweg – und verschwinden spurlos. Ihr weinroter Ford Escort mit dem Kennzeichen LB - HW 746 wird nie wieder gesehen. Weil die beiden ein wenig wie Einsiedler lebten, ohne Telefon, fast ohne soziale Kontakte, wird ihr Verschwinden erst zehn Tage später bemerkt. Ein Bruder erstattet am 20. Januar 1995 Vermisstenanzeige.

"Ganz einfache Leute"

Die Ermittler um den damals 37-jährigen Werner Stotz vermuten, dass das Auto bei einem Unfall in den Neckar geraten war – der führte zu jener Zeit Hochwasser. Zunächst sind es französische Spezialisten, die mit einem Schallimpulsmessgerät das Gewässer absuchen. Zwischen Marbach und Stuttgart-Hofen werden im Laufe der Jahre tatsächlich 13 Fahrzeuge aus dem Trüben gefischt – nur der rote Ford Escort ist nie darunter.

Stotz gibt über all die Jahre nicht auf: Bis ins Jahr 2013 gibt es Ortungs- und Taucheinsätze. Dabei hilft ein Peilschiff des Wasser- und Schifffahrtsamts bei der Suche, es wird außerdem ein Unterwasser-Ortungsgerät eingesetzt, das die Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Frankreich und die Schweiz eigentlich für Einsätze im Rhein beschafft hatten. Aber immer wieder: nichts – und wieder nichts. Oder war es vielleicht doch Mord? Die Ermittler durchleuchten das Leben des eigenwilligen Geschwisterpaars bis ins kleinste Detail.

Auf dem Hof ist nicht die winzigste Spur eines möglichen Verbrechens zu finden. Und ein Motiv für einen Raubmord hätte es wohl auch nicht gegeben. Die beiden lebten mehr schlecht als recht auf dem Bauernhof. „Ganz einfache Leute“, so Stotz. Die beiden hätten aber 14 Tage nach ihrem Verschwinden einen Notartermin wegen der Erbschaft der kurz zuvor verstorbenen Mutter wahrnehmen müssen. Es wäre freilich nur um ein kärgliches Vermögen gegangen.

Dass sich die beiden ins Ausland abgesetzt hätten, dafür gab es ebenfalls keine Anhaltspunkte. Zwar war Heinrich Gögel Lastwagenfahrer bei einer Baufirma. Weiter bis in den Schwarzwald waren beide bei Urlauben aber nie gekommen.

Sechs Ordner mit Ermittlungsakten – aber keine Spur. Für Stotz kein Grund zu verzweifeln: Bei der Polizei habe er gelernt, dass „alles möglich ist“. So kommt es dann auch: Monatelang hat sich ein Institut mit ausgebleichten Knochenresten beschäftigt, die am 7. August im Neckar bei Heilbronn entdeckt worden waren. Mühsam werden Bestandteile für einen genetischen Fingerabdruck untersucht und ausgefiltert. Schließlich gibt es eine Formel, die in die Datenbank der DNA-Spuren zum Vergleich eingegeben wird – mit einem Treffer.

Dass die DNA-Formeln der Gögels in den Rechnern des Bundeskriminalamts gespeichert sind, erweist sich nun als Glücksfall. Die sterblichen Überreste von Heilbronn gehören zu Gretel Gögel.

Für Ermittler Stotz ist das ein Etappensieg. Aber noch nicht das Ende des Falls: „Wir suchen weiter.“ Denn von Heinrich Gögel und dem roten Ford Escort fehlt weiter jede Spur. Immerhin wissen die Fahnder jetzt, dass der Wagen viel weiter abgetrieben sein muss. Die Ortungsschiffe werden sich demnächst zwischen Lauffen und Heilbronn im Neckargrund auf die Suche machen.