"Wylare – das Dorf der Pfalzgrafen": Der eindrucksvolle Film von Waldemar Friese stieß bei der Filmschau der Schwarzwald Film- und Videoamateure Pfalzgrafenweiler auf großes Echo.
Pfalzgrafenweiler - Friese beschreibt die bemerkenswerte Aufwärtsentwicklung von "Weiler", wie es im Volksmund heißt, von der Pfalzgrafen-Ansiedlung bis zur modernen Mittelpunkt-Gemeinde im 21. Jahrhundert mit 7100 Einwohnern. Auch die Brandkatastrophe von 1798 flammt in der Dokumentation wieder auf. Zweieinhalb Jahre intensive Arbeit hat der Filmemacher in dieses große Vorhaben gesteckt.
Pfalzgrafenweiler liegt auf der Nagold- und Waldach-Platte und wurde von Alemannen besiedelt. Der Weiler Wald gehörte später den Pfalzgrafen von Tübingen. Der erste bekannte Gaugraf war Gerold, auch "Held Herold" genannt. Er war der Bruder der Gemahlin von Karl dem Großen. Er dürfte Ende des 8. Jahrhunderts der Gründer der ersten Niederlassung, einem Jagdsitz, im Reichswald in Wylare gewesen sein.
Für seine akribische Arbeitsweise bekannter Filmemacher
Die zur Burg gehörende Ansiedlung nannte sich Wylare Graffa, Weiler der Grafen. In einer Urkunde von 1082 wird ein Ogger von Uffweiler als Zeuge genannt, und bei der Adelsversammlung dabei waren neben Graf Heinrich und Hugo von Tübingen auch Rudolf von Hallwangen, Adalbert von Salzstetten und Dietrich von Waldach.
Der für seine akribische Arbeitsweise bekannte Filmemacher hat zum Treffen der Adligen acht verschiedene Aufnahmen zu einem Bild zusammengefügt. 1146 erhielten die Grafen von Tübingen vom König die Pfalzgrafen-Würde. Deren Besitzschwerpunkt bildete die Burg in Wylare, die erstmals bei ihrer Zerstörung 1165 erwähnt wird. Die drei Höhenburgen Mandelberg (Jahr 1287), Rüdenberg (1346) und Vörbach (1140) sind alle älter als ihre ersten Erwähnungen.
Erstaunt hat den ehemaligen technischen Oberlehrer Friese, dass Pfalzgrafenweiler schon früh eine eigene Schule hatte. Es wird berichtet, dass als erster Schulmeister Hans Veit Kießner 1563 seinen Dienst in Pfalzgrafenweiler antrat. Er unterrichtete in einem Fachwerkbau in der Kirchstraße, der sich am Standort des späteren Forstamts befand. Der Dreißigjährige Krieg brachte in der Zeit 1632 bis 1635 viel Not und Elend mit Einquartierungen, Truppen-Durchmärschen und Plünderungen, weshalb die Einwohnerzahl auf 100 sank.
Fast das gesamte Dorf fiel gewaltiger Feuersbrunst zum Opfer
Am 24. April 1798 brach die größte Brandkatastrophe über den Ort herein: Fast das gesamte Dorf fiel einer gewaltigen Feuersbrunst zum Opfer. Innerhalb von drei Stunden wurden 119 Gebäude, davon 93 Wohnhäuser und das erst 1785 neuerbaute Rathaus, ein Raub der Flammen. 136 Familien verloren ihre Wohnungen. Nur 17 Häuser, darunter die Jakobskirche mit dem Pfarrhaus sowie das Schulhaus, blieben vom verheerenden Brand verschont.
Wie kam es dazu? Als Lamm-Wirt Friedrich Klaiß an diesem Tag seine Hochzeit mit Katharina Schanz aus Tumlingen feierte, brach um 11 Uhr in seinem Gasthof ein Feuer aus, das sich, begünstigt durch starken Ostwind, in rasendem Tempo fast auf den gesamten Ort ausdehnte. "Die Brandursache wurde scheinbar nie geklärt, jedoch richtete sich der Verdacht gegen den Bruder des Bräutigams", berichtet der Filmautor.
Interessant visualisiert sind auch die Postkutschen
Spendenaufrufe ins Land blieben nicht unerhört. So schickte Friedrich II. von Württemberg 1200 Dukaten und Herzogin Franziska von Sindelfingen 100 Gulden. Durch viele Spenden sowie tatkräftige Mithilfe der Bürger und Handwerker und der Verwendung von Steinen der Schlossruine Vörbach sowie verlassener Burgen und Schlösser der Umgebung waren 1799 bereits 119 neue Gebäude wiedererstanden. Beim Wiederaufbau wurden statt verwinkelter Gassen breite und gerade Straßen mit einem fast kleinstädtisch anmutenden Marktplatz angelegt.
Der 70-jährige Filmautor meisterte die Herausforderung, den katastrophalen Brand von 1798 wirkungsvoll darzustellen. Interessant visualisiert wird auch, wie schon 1629 Postkutschen zwischen Stuttgart und Straßburg verkehrten und ab 1757 der Ort und zahlreiche Gasthöfe infolge der Postlinie der Fürsten von Thurn und Taxis einen Aufschwung erfuhren. 1803 übernahm die Königliche Württembergische Post diese Linie. Weil die Einwohnerzahl auf etwa 1400 angewachsen war und die alte Kirche zu wenig Platz bot, wurde 1907 die neue Jakobskirche erbaut.
1889 gab es bereits 13 Schreinerbetriebe
Durch die Lage mitten im Weiler Wald arbeiteten im Ort viele Menschen in Handwerksberufen in der Holzverarbeitung. Gab es 1889 bereits 13 Schreinerbetriebe, kletterte deren Zahl auf 27 im Jahr 1933. Vermutlich rührt daher der Ruf als Schreiner-Dorf.
Der Filmclub-Vorsitzende Horst Dieterle lobte den 43-minütigen Film: "Ein einmaliges Werk. Sehr wertvoll!" Unterstützung für seine Dokumentation erhielt Waldemar Friese von Ralf Springmann von der Gemeindeverwaltung, Willi Bosch, Brigitta Schneider, Heidi Schroth mit den Filmen ihres Vaters, als auch durch Filme von Walter Dölker und seines Vaters. Der informative Pfalzgrafenweiler-Film ist ein zeitgemäßes historisches Dokument für nachfolgende Generationen.