Hans-Martin Weber liegt die Heimatgeschichte, vor allem von Schwenningen, am Herzen. Foto: Heinig

Er lebt in einem Haus, das im 30-jährigen Krieg abbrannte, Dank seiner meterdicken Mauern erhalten blieb und heute ein Schmuckstück des Areals "Ob dem Brückle" in Schwenningen ist. Hans-Martin Weber atmet täglich Geschichte – und das nicht nur, wenn er zu Hause ist. Besonders am Herzen liegt ihm die Zukunft des Heimatmuseums.

Villingen-Schwenningen - Die Großeltern des 67-Jährigen besaßen in der Schützenstraße einen Hof, genau an der Stelle, an der später das Kaufhaus "Baro" stand und heute das LeProm zu Spaß und Spiel einlädt. "Als Kinder haben wir jede freie Minute dort verbracht", sagt Weber, der mit zwei jüngeren Brüdern aufwuchs.

Da sein Vater, Gerhard-Friedrich Weber-Benzing, damals Geschäftsführer des Schwenninger Heimatvereins war, gehörte Historie zum täglichen Brot der Familie. Hans-Martin Weber war schon früh Mitglied der Trachtengruppe und ist das mit seiner Frau Elisabeth, einer gebürtigen Villingerin, bis heute. Durch die Corona-Pandemie habe man sich zwar fast zwei Jahre lang nicht mehr getroffen, bedauert Weber, doch er setze auf eine baldmögliche Fortsetzung der Gruppenaktivitäten. Ebenso wie auf die Auftritte der "Stubenmusik", die die Webers vor Jahren gründeten. Er spielt Steirische Harmonika, sie Hackbrett. Weitere Musiker könnten dazustoßen, so der Wunsch nach Wiederbelebung des Ensembles.

Nach dem Abitur 1974 am Wirtschaftsgymnasium in Villingen verließ Hans-Martin Weber vorübergehend seine Heimatstadt für das Lehramtsstudium der Volks- und Betriebswirtschaft sowie der Geographie in Tübingen. Während des Referendariats in Esslingen entstand die Idee, sich zusammen mit seiner Frau, ebenfalls Lehrerin, mit einer Privatschule selbständig zu machen.

Übungsfirma an Schule ins Leben gerufen

Als Bildungsträger in Kooperation mit der Agentur für Arbeit hatte das Paar so viel Erfolg, dass sie sich schon ein Jahr später, 1984, mit ihren Um- und Weiterbildungsangeboten im EDV- sowie im kaufmännischen Bereich auch in Schwenningen niederließen. Bis zu zehn Mitarbeiter wurden beschäftigt, bevor nach rund 20 Jahren der "schleichende Ausstieg" einsetzte und Hans-Martin Weber 2003 in den Schuldienst zurückkehrte. Bis zu seinem Ruhestand 2014 unterrichtete er an der Robert-Gerwig-Schule in Furtwangen, installierte dort eine Übungsfirma und ist bis heute Kassierer des Freundeskreises. Die "Weber-Schulungen" gibt es im Übrigen bis heute, "wir haben unseren Betrieb nie abgewickelt".

Stadtführungen mit dem Fahrrad

Neben all den beruflichen Aktivitäten galt der Schwenninger Heimatverein immer als zweites Aktionsfeld von Hans-Martin Weber. Seine Frau leitete die Jugendarbeit sowohl im Verein als auch im Verband, er war von 1986 bis 2004 Vorsitzender der Trachtengruppe, viele Jahre Mitglied des Beirates und ist seit 2019 neben Annemarie Conradt-Mach der zweite Vorsitzende des Hauptvereins. Sein Anliegen sei es, "der Öffentlichkeit etwas zu bieten". Nur so könne man zum einen Mitglieder gewinnen und zum anderen Dinge, die einem wichtig sind, voranbringen.

So wie den Erhalt des Heimatmuseums. Als die Idee des Gemeinderates auf dem Tisch lag, das Museum bis Ende 2020 auszuräumen, zu schließen und die Exponate auf unbestimmte Zeit in einem Depot verschwinden zu lassen, schrillten bei Hans-Martin Weber alle Alarmglocken. Innerhalb von einer Woche brachte er eine Online-Petition mit beeindruckendem Umfang auf den Weg und erhielt sofortige Unterstützung von rund einem Dutzend Stadtführerkollegen und -kolleginnen. Er selbst gehört seit drei Jahren zu ihnen. Seine Spezialitäten sind das alte Schwenningen und Stadtführungen per Fahrrad, auch entlang des Geschichts- und Naturlehrpfades. "Substanz erhalten", dazu möchte Weber beitragen. Zurück zur Petition: Gemeinsam erreichte man kurz vor dem endgültigen Gemeinderatsbeschluss einen Kompromiss, der da lautet: Bis auf Weiteres öffnet das Museum an zwei Sonntagnachmittagen im Monat, das nächste Mal am 8. August. Das Stadtführungsteam bietet dabei reihum für die Besucher kostenlose Führungen an – natürlich ehrenamtlich. Demnächst bekommt das Heimatmuseum auf der städtischen Homepage sogar eine eigene Seite eingeräumt. Dafür werden gerade vom PS-Sparen der Sparkasse finanzierte Videos gedreht.

Mit dem Campingbus in ganz Europa unterwegs

Für den glühenden Fan Schwenninger Geschichte ist es unvorstellbar, dass der Inhalt des Heimatmuseums einmal in einer Fabrikhalle ausgestellt werden soll. Mit den momentan aktuellen Plänen der Stadt, die Württembergische Uhrenfabrik in der Bürkstraße auszubauen und zu einer Museumslandschaft zu formen, kann er sich nicht anfreunden. Vielmehr schließe er sich den zahlreicher werdenden Stimmen an, die daran glauben, dass der Standort in der Kronenstraße, im ursprünglichen Kern Schwenningens, mit neuer Brandschutztechnik und einem zweiten Fluchtweg erhalten bleiben könnte. Dass sich in dieser Sache bald etwas tue, das, so befürchtet er, werde nicht der Fall sein. "Wunschvorstellungen" nennt er die momentanen Pläne und stellt sich auf einige Jahre mit der genannten Zwischenlösung im Heimatmuseum ein.

Dass er in Sachen Heimatgeschichte stur sein kann, das hat er schon in den 1980er-Jahren bewiesen, nachdem er sein jetziges Wohnhaus "Ob dem Brückle" erworben hatte. Gegen massiven Widerstand der Kommunalpolitik aber auch mancher Bürger, habe er an der Seite des damaligen Vorsitzenden des Heimatvereins, Jörg Weißbrod, erreicht, dass das gesamte Areal mit uralten Bauernhäusern nicht der Abrissbirne zum Opfer fiel. Inzwischen gilt es als Kleinod inmitten der Stadt. Wer glaubt, dass Hans-Martin Weber sich nur in Schwenninger wohlfühlt, der irrt. Ganz Europa haben er und seine Frau schon mit dem Campingbus bereist und fühlen sich wegen der Pandemie gerade wie Fische auf dem Trockenen. Doch bald geht es für die Eltern eines Sohnes und Großeltern einer Enkeltochter wieder los. Immer dabei – ein Faltboot.