Schon ein Stich einer infizierten Mücke reicht aus, um sich anzustecken. Erst nach einigen Tagen merken die Betroffenen, dass sie erkrankt sind, doch für viele ist es dann schon zu spät. Foto: Imago/Pond5 Images

Malaria ist eine der tödlichsten Infektionskrankheiten. Der Erreger begleitet den Menschen bereits seit Hunderttausenden von Jahren. Forscher haben nun die Evolutionsgeschichte und Ausbreitung der Malaria in den letzten 5500 Jahren untersucht - mit überraschenden Ergebnissen.

Malaria, auch Sumpffieber oder Kaltes Fieber genannt, gehört seit Menschengedenken zu den heimtückischsten Krankheiten. Die Malaria-Erreger werden durch Stiche von weiblichen Anopheles-Mücken übertragen.

 

Malaria – Geißel der Menschheit

Schon ein Stich einer infizierten Mücke reicht aus, um sich anzustecken. Erst nach einigen Tagen merken die Betroffenen, dass sie erkrankt sind, doch für viele ist es dann schon zu spät. Malaria verursacht Fieber, Anämie und neurologische Probleme und kann unbehandelt tödlich verlaufen.

Die Mücken stechen vor allem nachts zu. Die Erreger – sogenannte Plasmodien – gelangen in die Blutbahn und vermehren sich in der Leber. Die in Afrika verbreitete und schwerste Form, die Malaria tropica, wird durch den Erreger Plasmodium falciparum ausgelöst. Plasmodien sind einzellige Parasiten, die große medizinische Bedeutung haben, da die Krankheitserreger der Malaria zu dieser Gattung gehören.

Der Mensch war während des größten Teils der Menschheitsgeschichte der Bedrohung durch Malaria-Infektionen ausgesetzt.  Foto: Imago/Superstock

Trotz umfangreicher Maßnahmen zur Kontrolle und Ausrottung lebt noch immer fast die Hälfte der Weltbevölkerung in Regionen mit Malaria-Risiko. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass Malaria jedes Jahr fast 250 Millionen Infektionen und mehr als 600 000 Todesfälle verursacht.

Mensch und Malaria – eine verhängnisvolle Affäre

In einer Studie in der Fachzeitschrift „Nature“ rekonstruiert ein internationales Forscher unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig die Evolutionsgeschichte und globale Ausbreitung der Malaria in den letzten 5500 Jahren. Dabei werden Handel und Kolonialismus als wichtige Katalysatoren für ihre Verbreitung ausgemacht.

„Obwohl Malaria heute weitgehend eine Tropenkrankheit ist, erstreckte sich das Verbreitungsgebiet des Erregers noch vor einem Jahrhundert über die Hälfte der Landfläche der Erde, einschließlich Teilen der nördlichen USA, Südkanadas, Skandinaviens und Sibiriens“, erläutert Erstautorin Megan Michel vom Max-Planck-Harvard-Forschungszentrum Archaeoscience of the Ancient Mediterranean (MHAAM).

Das Erbe der Malaria sei in menschlichen Genomen verankert, berichtet die Forscherin. Genvarianten, die für verheerende Blutkrankheiten wie die Sichelzellanämie verantwortlich seien, würden vermutlich in menschlichen Populationen überdauern, weil sie eine partielle Resistenz gegen Malaria-Infektionen verleihen.

Die Forscher rekonstruierten die Genomdaten von 36 Malaria-Infizierten aus 5500 Jahren Menschheitsgeschichte und von fünf Kontinenten. Foto: Imago/Pond5 Images

36 Malaria-Infizierte aus 5500 Jahren Menschheitsgeschichte

Trotz dieser Erkenntnisse bleiben Ursprünge und Verbreitung der beiden tödlichsten Malariaparasitenarten, Plasmodium falciparum und Plasmodium vivax, weiter rätselhaft. Malariainfektionen hinterlassen keine sichtbaren Spuren in menschlichen Skelettresten. Die wenigen Hinweise in historischen Texten sind schwer zu entziffern.

Laut Studie haben neuere Forschungen jedoch gezeigt, dass menschliche Zähne Spuren von Krankheitserregern enthalten können, die zum Zeitpunkt des Todes im Blut einer Person vorhanden waren. Das macht es möglich, nach Krankheiten zu suchen, die sonst in archäologischen Dokumentationen nicht sichtbar werden.

Um die Geschichte der Malaria zu erforschen, haben die Wissenschaftler Plasmodium-Genomdaten von 36 Malaria-Infizierten aus 5500 Jahren Menschheitsgeschichte und von fünf Kontinenten rekonstruiert. Mithilfe dieser historischen Malariafälle können die weltweite Ausbreitung der Malaria und ihre historischen Auswirkungen auf globaler, regionaler und sogar individueller Ebene rekonstruiert werden.

Malaria ist eine Infektionskrankheit, die von einzelligen Parasiten der Gattung Plasmodium hervorgerufen wird. Sie wird hauptsächlich in den Tropen und Subtropen durch den Stich einer weiblichen Stechmücke der Gattung Anopheles übertragen. Foto: Imago/BISP

Wie kam es zur Ausbreitung von Malaria in Amerika und Europa?

Während auf dem amerikanischen Kontinent der Kolonialismus bei der Ausbreitung der Malaria eine zentrale Rolle spielte, haben in Europa vor allem militärische Vorgänge die regionale Ausbreitung der Malaria beeinflusst. Die Forscher fanden heraus, dass große Truppenbewegungen eine wichtige Rolle bei der Ausbreitung der Malaria spielten.

"Ähnlich wie heute bei der so genannten Flughafen-Malaria im gemäßigten Europa“, erklärt Alexander Herbig vom Max-Planck-Institut. „In unserer globalisierten Welt bringen infizierte Reisende Plasmodium-Parasiten in Regionen zurück, in denen die Malaria bereits ausgerottet ist.“ Obwohl sich die heutige Malaria-Infektionslandschaft in Europa radikal von der vor 500 Jahren unterscheide, gebe es „Parallelen in der Art und Weise, wie menschliche Mobilität das Malaria-Risiko beeinflusst“, so Herbig.

Historische Spuren der Malaria im Hochgebirge Nepals

Künstlerische Rekonstruktion des Lebens eines Fernhändlers, der an Malaria erkrankte und um 800 v. Chr,. im nepalkesischen Chokhopani bestattet wurde. Foto: © Purna Lama, Boudha Stupa Thanka Centre, Kathmandu, Nepal/Max-Planck-Institut
Heutige Händler und Reisende in der Region Oberer Mustang in Nepal. Foto: © Christina Warinner/Max-Planck-Institut

Auch in Asien stießen die Forscher auf rund 2800 Jahre alte Spuren der Malaria – in der Hochgebirgsstätte Chokhopani (ca. 800 v. Chr.) im Tal des Flusses Kali Gandaki im Distrikt Mustang in Nepal. Eigentlich können weder der Parasit noch die Mücken, die Malaria übertragen, im Himalaya überleben. Erst der Fernhandel machte die Ausbreitung der Erreger möglich.

„Wir stellen uns diese Regionen heute als abgelegen und unzugänglich vor, aber tatsächlich diente das Kali-Gandaki-Tal als eine Art Trans-Himalaya-Autobahn, die die Menschen auf dem tibetischen Plateau mit dem indischen Subkontinent verband“, erläutert Mark Aldenderfer von der University of California in den USA.

Die Forscher gehen davon aus, dass Bewohner wahrscheinlich in ein tiefer gelegenes Malariagebiet reisten, bevor sie nach Chokhopani zurückkehrten. So konnte sich der Erreger über den Fernhandel auch in weit entfernte Hochgebirgsregionen ausbreiten.

Mobilität und Globalisierung

Moskitoschwarm in den Tropen. Foto: Imago/Pond5 Images

„Zum ersten Mal können wir die frühere Vielfalt von Parasiten in Regionen wie Europa untersuchen, in denen die Malaria heute ausgerottet ist“, betont Studienleiter und Archäogenetiker Johannes Krause vom Max-Planck-Institut.

„Wir sehen, wie Mobilität und Bevölkerungsbewegungen in der Vergangenheit die Ausbreitung von Malaria begünstigt haben, genauso wie die moderne Globalisierung heute malariafreie Länder und Regionen anfällig für eine Wiedereinschleppung macht.”