Die ersten Auswertungen des zweiten Flugschreibers bestätigen die Annahme, der Co-Pilot habe die Germanwings-Maschine absichtlich abstürzen lassen. Laut Ermittler sei der Autopilot von ihm so eingestellt worden, dass die Maschine auf etwa 30 Meter hinuntergeht.
Paris/Berlin - Erst Internetsuche nach Suizidmethoden und Cockpitsicherheit, dann gezielter Sinkflug: Nach Auswertung der zweiten Blackbox verdichtet sich der Verdacht gegen den Germanwings-Copiloten, dass er den Airbus mit Absicht gegen eine Bergwand steuerte.
Aus den Daten des zweiten Flugschreibers geht hervor, dass Andreas L. die Maschine bewusst in den Sinkflug brachte und beschleunigte, wie die französische Untersuchungsbehörde Bea mitteilte.
Nach Erkenntnissen der Düsseldorfer Ermittler hatte der 27-Jährige kurz vor dem Todesflug im Internet nach dem Thema Suizid und Informationen über die Sicherheit von Cockpittüren gesucht.
Autopilot war auf 30 Meter eingestellt
Politik und Luftfahrtbranche wollen nach Ostern beraten, ob die Technik der Cockpittür geändert werden soll. Auch die Einführung einer Ausweispflicht an Flughäfen wird debattiert, weil die Passagierlisten derzeit nicht genau genug sind.
Der Autopilot sei von dem Anwesenden im Cockpit so eingestellt worden, dass die Maschine auf 100 Fuß - umgerechnet etwa 30 Meter - hinuntergeht, wie die Untersuchungsbehörde Bea weiter mitteilte. Schon seit die erste Blackbox ausgewertet ist, wird der Co-Pilot verdächtigt, den Kapitän aus dem Cockpit ausgesperrt zu haben.
Das Flugzeug war am 24. März auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf in den französischen Alpen abgestürzt. Unter den 150 Toten waren laut Auswärtigem Amt 72 Deutsche. An Bord befanden sich auch 16 Schüler und 2 Lehrerinnen aus Haltern in Nordrhein-Westfalen.
Der zweite Flugschreiber war am Donnerstag an der Unglücksstelle in den französischen Alpen gefunden worden. Er war von Geröll verschüttet. Der Rekorder zeichnet Kurs, Geschwindigkeit, Flughöhe oder Neigungswinkel auf. Die erste Blackbox - den Sprachrekorder - des Flugs 4U9525 hatten die Bergungskräfte bereits am Unglückstag in der Vorwoche gefunden.
Nach Angaben der Ermittler in Düsseldorf suchte Andreas L. kurz vor der Katastrophe im Internet nach medizinischen Behandlungsmethoden, Suizid-Möglichkeiten und nach Infos über die Sicherheit von Cockpittüren. Das ergab die Auswertung eines Computers, der in der Düsseldorfer Wohnung des Copiloten gefunden wurde.
Bereits seit kurz nach dem Absturz war bekannt, dass er die Ausbildung in der Verkehrsfliegerschule der Lufthansa in Bremen mehrere Monate unterbrach. Lufthansa hatte mitgeteilt, der Copilot habe die Schule 2009 in einer E-Mail über eine "abgeklungene schwere depressive Episode" informiert. Er wurde danach aber als flugtauglich eingeschätzt.
Bei der Identifizierung der Opfer werden den französischen Ermittlern zufolge die gefundenen DNA-Profile mit Proben von Angehörigen abgeglichen. Die Arbeit soll Anfang kommender Woche losgehen. Die Angehörigen sollen bei einer Übereinstimmung rasch informiert werden.
Ausweispflicht an Flughäfen?
Fachleute der deutschen Luftfahrtbranche wollen über Lehren aus dem Absturz beraten. Eine neue Arbeitsgruppe soll nach Ostern starten, wie Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, Klaus-Peter Siegloch, am Donnerstag sagten. Die Gruppe soll auch über mögliche Veränderungen der Regeln zur festen Verriegelung der Cockpittüren beraten. Geprüft werden sollen auch weitere medizinische und psychologische Checks, mit denen die Flugtauglichkeit von Piloten festgestellt wird.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) schlug die Einführung einer Ausweispflicht an Flughäfen vor. Die Airlines sollten auch bei Flügen im Schengen-Raum die Identität ihrer Passagiere überprüfen, sagte der Minister am Donnerstag in Dresden. Sonst bleibe unter Umständen unklar, wer tatsächlich im Flugzeug sitze. Dabei gehe es nicht um die Wiedereinführung von Grenzkontrollen in der Europäischen Union (EU), betonte er. Der Vorschlag müsse nun mit den Partnern in der EU besprochen werden.
Bislang müssen Passagiere bei Flügen innerhalb des Schengen-Raumes nicht immer einen Ausweis vorzeigen. De Maizière hält das für ein Sicherheitsproblem. Hintergrund ist das Schengener Abkommen, dem sich bis auf wenige Ausnahmen alle EU-Staaten sowie einzelne andere Länder angeschlossen haben. Im Schengen-Raum gibt es keine systematischen Grenzkontrollen.
Nach dem Absturz ist dem ARD-"Deutschlandtrend" zufolge nur eine Minderheit der Flugpassagiere in Deutschland sorgenvoller. 81 Prozent der Flugreisenden machen sich demnach beim Fliegen keine größeren Sorgen, wie die repräsentative Umfrage unter Menschen über 18 Jahren ergab. Dementsprechend wollten 89 Prozent der Flugreisenden das Flugzeug wie bisher nutzen.