Am Freitag wurde im Kölner Dom ein Trauergottesdienst für die Opfer des Germanwings-Absturzes abgehalten. Foto: dpa

Rechtsanwalt Elmar Giemulla vertritt die Familien von mehr als 20 Absturzopfern. Schon vorsorglich kündigt er an, vor ein US-Gericht zu ziehen, wenn die Lufthansa in Sachen Schadensersatz nicht genug entgegenkomme.

Berlin - Nach der Trauerfeier für die 150 Germanwings-Toten tritt die Aufarbeitung der Katastrophe mit der Diskussion über Schadensersatz für die Hinterbliebenen in eine neue Phase.

Der Rechtsanwalt Elmar Giemulla, der nach eigenen Angaben die Familien von mehr als 20 Absturzopfern vertritt, sagte am Sonntag, er plane den Gang vor ein US-Gericht, falls die Lufthansa den Angehörigen bei den demnächst beginnenden Gesprächen über einen Schadenersatz nicht genug entgegenkomme. Zuvor hatte die "Bild am Sonntag" über die Pläne berichtet.

Giemulla sagte, sein Ziel sei es, für die Hinterbliebenen auch einen "emotionalen Schadenersatz" zu erstreiten. Die Höhe des Zahlungen könne deshalb am Ende durchaus bei ein bis eineinhalb Millionen Euro pro Passagier liegen.

"Stütze für die Familie im Alltag"

"Die Opferfamilien brauchen sehr viel Geld, um ihr weiteres Leben zu gestalten ohne den Menschen, der verloren gegangen ist", betonte auch Opferanwalt Christof Wellens im Fernsehsender Phoenix. "Für die Angehörigen ist eine angemessene, ja hohe Entschädigung sehr wichtig. Sie ist eine Stütze für die Familie im Alltag." Im Fall einer Familie, die er vertrete, hätten fünf Kinder die Eltern verloren.

Die Schuldfrage ist nach seiner Ansicht ohnehin "eindeutig geklärt". Bei einem vorsätzlichen Absturz, herbeigeführt durch den Copiloten, sei die Sachlage klar. "Lufthansa ist für von ihr eingesetztes Personal in voller Weise verantwortlich", sagte Wellens, der nach eigenen Angaben 15 Opfer-Familien mit über 60 Angehörigen zivilrechtlich vertritt.

Abwarten, ob Lufthansa Wort hält

Er habe bislang kein Wort vernommen, dass man dies aufseiten von Lufthansa anders sehe. Im Gegenteil: Die Airline habe sich zu ihrer Verantwortung bekannt. Man werde nun sehen müssen, ob sie Wort halte. Etwaige Versäumnisse, etwa beim Umgang mit der Erkrankung des Copiloten, spielten allenfalls noch am Rande eine Rolle, so Wellens.

Zu einer möglichen Klage vor US-Gerichten sagte Giemulla, das deutsche Recht sehe einen "emotionalen Schadenersatz" eigentlich nicht vor. Falls die Lufthansa sich hier nicht kompromissbereit zeige, seien seine Mandanten deshalb gezwungen, "sich unter den Schutz einer fremden Rechtsordnung zu stellen".

Die US-Justiz werde sich ohnehin mit dem Absturz befassen, da es auch US-amerikanische Opfer geben, sagte Giemulla. Nach der amerikanischen Rechtstradition sei es in solchen Fällen möglich, auch die Fälle von Bürgern anderer Nationalitäten zu verhandeln - besonders dann, wenn die Abweichungen in der Rechtsordnung groß seien. Ob dies geschehe, liege allerdings im Ermessen des Richters.

Unterdessen sprach sich Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gegen ein Berufsverbot für depressive Piloten aus. "Ein höheres Risiko wäre es doch, wenn Anreize gesetzt werden, Depressionen zu verheimlichen", sagte er dem "Tagesspiegel". Depressionen seien "heute eine weit verbreitete Krankheit, die in den meisten Fällen gut heilbar ist. Deshalb sollten wir Betroffene ermutigen, sich dem Arzt gegenüber zu öffnen". Auch die ärztliche Schweigepflicht auszusetzen hält Dobrindt für keine gute Idee.

Die Germanwings-Maschine zerschellte am 24. März in den französischen Alpen. 150 Menschen starben. Der Copilot wird verdächtigt, das Flugzeug bewusst zum Absturz gebracht zu haben. Der Mann hatte laut Ermittlern 2009 eine schwere Depression und war suizidgefährdet. Er unterbrach damals seine Pilotenausbildung. Die Depression galt schließlich als abgeklungen und er setzte seine Ausbildung fort. Danach wurde ihm mehrmals volle Flugtauglichkeit attestiert.