Vier Insekten sind als Lebensmittel zugelassen – seit einigen Tagen auch UV-behandeltes Pulver aus Mehlwürmern. Die neuen Zutaten finden in den Backstuben der Region aber keinen Anklang.
Wanderheuschrecke, Hausgrille und Larven des Getreideschimmel- und Mehlkäfers – diese vier Insekten sind als sogenannte „neuartige Lebensmittel“ in Deutschland zugelassen. Jüngst wurde die Liste an Zutaten aus Insekten erweitert: Mit ultravioletten Strahlen behandeltes Pulver der Larven des Mehlkäfers („Mehlwürmer“) darf seit dem 10. Februar als Lebensmittel verwendet werden. Ein mögliches Einsatzgebiet: im Backwerk. Brot, Brötchen und Kuchen werden in der entsprechenden EU-Verordnung explizit genannt. Wie denken Bäcker aus unserer Region und der Bäckerinnungsverband Baden über die neuen Möglichkeiten?
Bäcker Klaus Schäfer betreibt im Lahrer Ortsteil Sulz sein Geschäft. Er kann den Insektenzutaten nichts abgewinnen. „Es bringt keine Verbesserung“, meint er mit Blick auf sein Backwerk. Eine Nachfrage gebe es sowieso nicht. Kunden hätten ihn auch noch nie darauf angesprochen. Eine mögliche Verwendung könne er sich am ehesten noch in Trend-Produkten wie etwa Powerriegeln für Sportler vorstellen.
Überhaupt kein Thema sei die Debatte in den Filialen von „Henningers Backstube“, erklärt Susanne Henninger. Ihre Familie führt in vierter Generation das Bäckergeschäft mit Stammsitz in Ettenheim und weiteren Verkaufsstellen in Ettenheimmünster und Münchweier. Auch wenn ihr die Diskussionen um Mehlwurm-Mehl und Co. bekannt sind, gab es noch nie Anfragen von Kunden dazu – weder aus Sorge über verbackte Insekten, noch aus Neugierde.
Bäcker aus der Region sehen keine Nachfrage
Die ungewöhnlichen Lebensmittel selbst zu testen, sei auch keine Option, gibt sie zu: „Ich würde mich ekeln“. Während Henninger glaubt, dass es in unserer Region keine Nachfrage nach Insektengebäck gibt, weiß sie jedoch von einem Handwerkskollegen aus München, der die proteinreiche Zutat ausprobiert habe. Aber das Klientel in der Millionenstadt sei eben ein ganz anderes als in Ettenheim.
Eindeutig Position bezieht Gerald Kappus. Der Inhaber der gleichnamigen Lahrer Bäckerei in der Dinglinger Hauptstraße stellt klar: „Für mich wird das niemals Thema sein.“ Bei seinen Kunden habe er noch nie Diskussionen um Insekten als Zutat mitbekommen.
Insekten schon länger auf dem Lebensmittelmarkt
Die mit der neuen EU-Verordnung aufgekommene Debatte um Insekten als Lebensmittel, insbesondere in Bäckereien, ist nicht neu. Schon 2023 gab es die Zulassung von zwei neuen Insektenarten (Hausgrille und Getreideschimmelkäfer) – etwa in Pulverform. Deutschlandweit gab es ein großes Medienecho und manche Bäckereien hatten mit Schildern explizit darauf hingewiesen, dass sie keine Insekten verbacken würden.
Im Raum Baden scheint es allerdings insgesamt nur wenig Reaktionen zu den tierischen Zutaten zu geben. Eine Sprecherin des Bäckerinnungsverbands Baden erklärt im Gespräch, dass der Verband in Bezug auf den konkreten Einsatz von Insekten im Bäckerhandwerk „nichts mitbekommen hätte“.
Die Zulassung der Insektenprodukte bedeutet auch nicht, dass sie von den Bäckereien und Co. unbemerkt verwendet werden dürfen. Laut dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gelten spezielle Zulassungsbestimmungen. Dazu gehören Kennzeichnungsvorschriften, anhand deren die Verbraucher die Zutat eindeutig erkennen können, informiert das Ministerium auf seiner Internetseite.
Das versteht man unter „Novel Food“
Diese Kategorie bezeichnet sogenannte „neuartige Lebensmittel“. Laut dem Bundesamt für Verbraucherschutz versteht man unter „Novel Foods“ alle Lebensmittel, die vor dem 15. Mai 1997 „nicht in nennenswertem Umfang in der Europäischen Union für den menschlichen Verzehr verwendet wurden“. Anträge zu einer Zulassung als „Novel Food“ werden bei der Europäischen Kommission eingereicht. Chia-Samen kamen beispielsweise so auf den EU-Markt.