Vor dem Landgericht muss sich ein 44-Jähriger wegen einer Messerattacke auf seine Ex-Freundin verantworten. Foto: Baum

Vollgepumpt mit harten Drogen wie Kokain, Amphetaminen und einem Heroin-Substitutionsmittel sowie mit viel zu viel Alkohol im Blut soll ein 44-Jähriger in einer Mainacht dieses Jahres im Vollrausch auf seine auf dem Bett liegende Ex-Freundin eingestochen haben.

Rottenburg - Der aggressiv geführte Messerstich mit einem großen Küchenmesser verletzte die Frau schwerst – eine medizinische Gutachterin bestätigte dem vorsitzenden Richter am Landgericht Tübingen, dass die Messerattacke tödlich hätte enden können.

Am zweiten Prozesstag vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Tübingen, wurden zahlreiche Zeugen angehört, insbesondere auch die Polizeibeamten, die den Täter nach der Bluttat in der Rottenburger Innenstadt stellen konnten.

Am Dienstag dieser Woche sagte das Opfer unter Tränen aus – die zierliche, kleine und leichte Frau brach wohl nach ihrer Aussage zusammen und wurde seelsorgerlich betreut (wir berichteten). Am Dienstag nächster Woche wird der Prozess fortgesetzt. Der Angeklagte sitzt in Untersuchungshaft und muss wohl mit einer mehrjährigen Haftstrafe für seinen Beinahe-Mord rechnen.

Nun machte auch die Spurensicherung der Kriminalpolizei eine Zeugenaussage. Der 42-jährige Polizeihauptmeister von der Kriminaltechnik in Tübingen zeigte dem Richter und den Schöffen Bilder vom Tatort. Auch wurde bestätigt, dass der Täter den Tatort über die Terrasse verlassen haben muss.

Es gab verdächtige Spuren am Spiegel, die der Täter aber abgewischt hatte – mit Toilettenpapier, auf dem sich Blut fand. Dank eines DNA-Abgleichs wurde bestätigt, dass es sich dabei um Blut des Opfers handelt. Im Müll hatten sich Verpackungen von Substitutionsmittel gefunden, das der Mann konsumierte.

Kripo stellt eine gepackte Reisetasche sicher

Der Mann hatte am ersten Prozesstag bereits eingeräumt, dass er Kokain zu sich nimmt. Woher er es in Rottenburg bekommen hat, ist unklar. In der Wohnung konnte die Kripo eine gepackte Reisetasche mit Dokumenten, Papieren und Unterlagen sicherstellen, die der damals flüchtige Angeklagte bereitgestellt hatte.

Nach der Messerattacke gelang es der Frau, den Notruf zu wählen, doch sie konnte den Notruf nicht zu Ende führen. Dies hatte der Angeklagte dann gemacht, was ihm vom Gericht hoch angerechnet wird.

Nach dem Notruf war der Täter flüchtig, wurde aber in der Rottenburger Altstadt von der Polizei gestellt. Eine Polizistin, die bei der Festnahme des Angeklagten dabei war berichtete, wie es zur Überwältigung des kräftig gebauten Täters kam.

Im Bereich der Kirchgasse hielten sich zwei verdächtige Personen auf – bei der Ausweiskontrolle rannte der Angeklagte weg, der widersprüchliche Angaben zu seiner Identität gemacht hatte. Nach 200 Metern konnte ihn ein Polizist zu Boden bringen, wie die Polizeibeamtin berichtete. Man habe bei ihm Amphetamine gefunden sowie eine Zugfahrkarte Rottenburg-Osnabrück. Zwei Handys des Täters konnte die Polizei später sicherstellen.

Bereits vor der Tat im Mai kam es zu körperlichen Angriffen

Ob der zweite Mann, den die Polizeibeamten damals kontrolliert hatten, ein Dealer war – möglich.

Nach der Belehrung durch den Richter, dass er sich nicht selbst belasten müsse, machte der Mann keine Angaben zur Unterstellung und dem Verdacht, dass er ein Dealer sein könne. Seine Schilderung: Er saß in der Tatnacht auf einer Bank, der Angeklagte setzte sich zu ihm. In gebrochenem Deutsch erzählte er von der Nacht im Mai. Der Angeklagte berichtete ihm, dass er jemand mit einem Messer erstochen hat.

Der Mann betonte auf Nachfrage einer Gutachterin, dass der Angeklagte normal geredet habe und auch normal gelaufen sei – ohne zu schwanken.

Es wurde auch das Küchenmesser, die Tatwaffe, begutachtet und in Augenschein genommen. Die Spurensicherung konnte DNA des Angeklagten an der Tatwaffe und Blut des Opfers sicherstellen, berichtete der Experte von der Spurensicherung. Bilder der zerschnittenen Kleidung des Opfers wurden gezeigt, was den Messerstich in den Rücken verifiziert.

Bereits vor der Tat im Mai kam es zu körperlichen Angriffen des Angeklagten auf die Frau. Sie schaltete die Polizei ein, es wurde ein Kontaktverbot und Annäherungsverbot seitens der Behörden verhängt. Bereits in der Vergangenheit war es zu körperlicher Gewalt in der Beziehung gekommen – das Paar hatte in Osnabrück gelebt. Diese Taten wurden noch nicht verurteilt, werden aber das Strafmaß erhöhen.

Für kommende Woche wird das Urteil vor zwei weiteren Verhandlungstagen erwartet.