Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) war per Video Teil der Infoveranstaltung. Foto: Lück

Info-Veranstaltung dauert länger als vier Stunden. Bürger-Initiative: "Die Nachteile überwiegen". 

36.000 Lkw-Fahrten im Jahr. Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) verspricht per Video, dass die Anlieger in den Ortschaften nicht allzu sehr belästigt werden. 80 kritische Bürgerfragen – nach 246 Minuten war die Marathon-Info-Veranstaltung zum geplante Güterverkehrsterminal (KVT) zu Ende.

Horb - Nur einmal wurde es em otional. Sprecher der Bürger-Initiative (BI) Wolfgang Lohrer bezweifelt, ob das geplante KVT sich rechnet. Und dass beispielsweise in Heilbronn jede Menge leerer Lastwagen rumstehen würden. Investor Kurt Plathe – der mit Lohrer das Terminal in Heilbronn besichtigt hatte – wird laut: "Sie können Heilbronn nicht mit dem Heiligenfeld vergleichen! Sie sind für mich kein kompetenter Gesprächspartner, weil Sie sich ihre Informationen nicht seriös holen!" Oberbürgermeister Peter Rosenberger: "Dankeschön. Ich bitte Sie alle, die Ruhe zu bewahren!"

Der Streit um das geplante Güterverkehrsterminal. Die BI Heiligenfeld hatte 511 Unterschriften für den Einwohnerantrag zur Info-Veranstaltung gesammelt. Sprecherin Ursula Becht sagt: "Viele Bürger wurden überrascht. Die Entscheidung des Gemeinderats für das KVT hat für Verwirrung und Entsetzen gesorgt. Auch die Auftritte von OB Rosenberger in Altheim und in Talheim haben trotz rhetorischer Überlegenheit nichts daran geändert."

Die BI-Sprecherin fügt hinzu: "Je länger man über das KVT nachdenkt, desto mehr überwiegen die Nachteile. Die Überschrift: ›Verkehr auf die Schiene lässt sich publikumswirksam vermarkten.‹ Doch wir Horber sollten uns mit kurzlebigen Überschriften kein Güterverkehrsterminal in die Tasche schwätzen lassen. Sondern auch das Kleingedruckte lesen."

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Und dieses "Kleingedruckte" wurde intensiv diskutiert und spiegelte sich in den 80 Fragen wieder.

Der Standort Eutingen wurde 2016 per Bürgerentscheid gekippt. Ist Horb nur ein "notdürftiger" Ersatz?

Steffen Nestler, unter anderem Vorsitzender der Deutschen GVZ-Gesellschaft Dresden und Investoren-Vertreter für die geplanten Erweiterungen: "Wir finden in Horb ein Industriegebiet mit einer sehr ausgeprägten Industrie-Bahnanlage und einer sehr guten Schienenanlage vor. Das ist selten geworden. Man muss hier nicht auf die grüne Wiese und kann in eine bestehende Infrastruktur hineingehen. Das ist bei der Flächenversiegelung ein wichtiger Punkt. Beim Standort Eutingen hätten deutlich mehr Umbauten vorgenommen werden müssen. Eutingen wurde damals ausgewählt, weil die Hochbrücke noch in der Schwebe war. Mit der Hochbrücke ist die Verkehrsanbindung an die Autobahn ideal."

Landesverkehrsminister Hermann: "Mit der Hochbrücke und der B 28 neu wurde die Infrastruktur über Jahre auch für ein Güterverkehrsterminal angelegt. Die Konstellation in Horb ist sehr günstig. Es gibt nicht viele Unternehmer, die so engagiert sind wie Herr Plathe und die überzeugt sind, die Kombination Straße/Schiene umzusetzen!"

Wieviel Verkehr wird das Güterverkehrsterminal erzeugen?

Nestler rechnet mit maximal 18 000 Ladeeinheiten im Jahr. 9000 ausgehend, 9000 eingehend. Weil die Container gleich entladen werden, um wieder in die Container-Logistik nach dem Reinigen und der Kontrolle eingeschleust zu werden, wird der Inhalt von Lkw zu den Firmen oder Packstationen gebracht und dort entladen. Hin- und Rückfahrt sind so zwei Fahrten. Macht 36 000 Lkw-Fahrten pro Jahr. In der Willi-Ledermann-Straße, so Nestler, wird das an 250 Tagen zu 144 Fahrten führen.

Claudia Zimmermann, Verkehrsgutachterin und Prokuristin in der Bernard-Gruppe: "In der Endstufe wird das KVT – inklusive der 100 Mitarbeiter – an normalen Werktagen 284 Schwerlastverkehrsfahrten auslösen. Dazu werden maximal 200 weitere Fahrten dazukommen." Diese Zahlen gelten für das Gesamtpaket: Ladezentrum (Investor Plathe), Service-Zentrum (Nestlers Investoren – für beide kalkuliert Zimmermann mit maximal 50 Mitarbeitern und 144 Fahrten pro Tag) und die Erweiterung GI Brand (50 Mitarbeiter, 140 Fahrten täglich). Der Ausbau des GI Brand soll hauptsächlich der "Weiterverteilung" dienen. Zimmermann: "Diese Fahrten sind nicht so stark an Kunden des KVT orientiert – die sind stärker Richtung Autobahn orientiert." Insgesamt sagt die Gutachterin für den Verkehr: "Durch das Kombi-Terminal wird es aber Reduzierungen der Transportwege auf den Straßen geben. Das wird sicherlich in einigen Ortsdurchfahrten für Entlastung sorgen. An anderen wird die Belastung auf unter fünf Prozent steigen!"

Wie belastet der zusätzliche Verkehr Altheim, Talheim und Grünmettstetten?

Zimmermann: "Die Fahrten Richtung Waldachtal werden durch Kunden erzeugt, die heute schon diese Fahrten haben. Das sind 72. Die werden über Grünmettstetten und die Bundesstraßen abgedeckt. Am Aufkommen ändert sich nichts."

In Altheim rechnet die Gutachterin damit, dass in der Endausbaustufe bis zu 52 Fahrten durch das KVT ausgelöst werden können. Die Prokuristin rechnet in der ersten Stufe mit dem Service-Center mit 22 Fahrten am Tag – mit dem GI Brand könnten 30 Fahrten dazukommen. "Diese Fahrten erhöhen das Lärmlevel um 0,1 dB rechnerisch – erst ab 0,3 Dezibel sind Änderungen hörbar." Die Gutachterin betont später noch einmal bei einer Bürgerfrage, dass sie unter dem Strich mit elf zusätzlichen Schwerverkehrsfahrten in Altheim täglich rechnet.

Wie kann diese Verkehrsbelastung in Altheim reduziert werden?

Landesverkehrsminister Hermann: "Wenn es Mehrverkehr geben sollte, werden wir das im Verkehrsministerium unterstützend bearbeiten. Tempo-Beschränkungen oder Durchfahrtsverbote wären ein Mittel. Wir nehmen die Sorgen der Bürger ernst!"

Rosenberger: "Wir zählen auf die Aussage des Verkehrsministers. Ich möchte dran erinnern, dass eine Ortsumfahrung in Altheim zwischen 2011 und 2013 abgelehnt wurde – mit der Begründung, die liegt zu nahe an der Ortschaft. Ich wünschte mir, es entsteht wieder eine Bürgerinitiative für die Ortsumfahrung." Später wurden mögliche Durchfahrtsverbote noch auf Sonn- und Feiertage präzisiert.

Dazu sei die Stadt Horb teilweise auf Altheimer Straßen selbst zuständig und könne hier Tempo 30 forcieren. Rosenberger: "Auch Landrat und Verkehrsminister unterstützen das. Ich kann mir gut vorstellen, dass Geschwindigkeitsbeschränkungen ein Thema werden. Beim Lärmaktionsplan fangen wir jetzt auch in der Stadt wieder an."

Wann fahren die Lastwagen überhaupt?

Sven Wannenmacher, Projektleiter KVT Horb: "Die Züge werden nur nachts be- und entladen. Die Arbeitszeiten für alles andere werden zwischen 6 und 22 Uhr sein. Falls notwendig, Samstag halbtags."

Wird eine Lärmschutzwand am KVT gebaut?

Gutachterin Zimmermann: "Nein. Die Lärmgrenzwerte werden eingehalten. Nachts werden die Züge gefahren, tagsüber abgeladen. Dabei haben wir sowohl die Bremsgeräusche als auch den Warnton der rückwärts fahrenden Lkw mit eingerechnet. An der Wohnung in der Ledermann-Straße entstehen nach unseren Berechnung 37,4 Dezibel. Das ist nicht mal in der Nähe des Grenzwertes. Die andere Wohnbebauung in der Nähe ist mindestens 800 Meter entfernt."