Was tut sich im Inneren des Blauen Planeten? Foto: dpa/Nasa

Der innere Erdkern führt einer aktuellen Studie zufolge ein Eigenleben: Mal dreht er sich schneller als der Rest der Erde, mal langsamer. Das wirkt sich auch auf die Tageslänge aus.

Darüber wie es unter der Erdoberfläche aussieht, hat Jules Verne bereits 1864 in seinem Roman „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ spekuliert. Das Wissen über die Vorgänge im Inneren unseres Planeten war seinerzeit noch sehr begrenzt. Seitdem kommen ständig neue Erkenntnisse hinzu. So haben Forscher der Universität Peking herausgefunden, dass die Rotation des inneren Erdkerns relativ zur Erdkruste vermutlich schon seit 2009 zum Stillstand gekommen ist. Anders gesagt: Vor einiger Zeit drehte sich der innere Erdkern noch schneller als der Rest des Planeten, heute ist das nicht mehr der Fall.

Der innere Erdkern beginnt in einer Tiefe von rund 5100 Kilometern – zum Vergleich: die tiefste bisher durchgeführte Bohrung war gerade mal gut zwölf Kilometer tief. Soweit man weiß, besteht der innere Kern vor allem aus Eisen und Nickel. Trotz hoher Temperaturen von rund 6000 Grad Celsius liegen die Metalle dort vermutlich in fester Form vor, weil gleichzeitig ein enormer Druck herrscht. An den inneren Kern schließt sich der äußere Kern an, der in rund 2900 Kilometer Tiefe beginnt. Neben Eisen und Nickel enthält er auch leichtere Elemente – genannt werden hier etwa Silizium und Sauerstoff. Im Gegensatz zum inneren Kern ist der äußere flüssig.

Erdbebenwellen als Indikator

Den relativen Stillstand des inneren Kerns haben die Forscher anhand seismischer Daten über längere Zeiträume festgestellt. Sie betrachteten die Laufzeiten von Erdbebenwellen in der Erdkruste seit den 1990er-Jahren. Solange sich der innere Kern etwas schneller drehte als der Rest der Erde, kam es hier zu geringen zeitlichen Verschiebungen. Doch diese wurden allmählich geringer. „Alle Wellenpfade, die zuvor signifikante zeitliche Verschiebungen aufwiesen, haben im letzten Jahrzehnt keine solchen Veränderungen mehr gezeigt“, schreiben die Forscher. Aus diesem Gleichklang der Erdbebenwellen schließen sie, dass der Erdkern gegenüber der Erdkruste zum Stillstand gekommen ist.

Konsequenzen für das Erdmagnetfeld, das alles Leben vor gefährlicher kosmischer Strahlung schützt, hat dieser relative Stillstand zum Glück nicht. Denn das Magnetfeld lässt sich zu 95 Prozent auf Bewegungen im äußeren Erdkern zurückführen, die eine Art Dynamo-Effekt zur Folge haben.

Regelmäßiger Zyklus

Frühere Daten deuten darauf hin, dass der innere Erdkern bereits in den 1970er-Jahren zum Stillstand gekommen war. Die Forscher schließen daraus, dass die Bewegung des Kerns einem regelmäßigen Zyklus von rund 60 bis 70 Jahren folgt. In der ersten Hälfte dieses Zyklus dreht sich der Kern etwas schneller als die Erde, in der zweiten Hälfte etwas langsamer. An den Wendepunkten dreht er sich jeweils genauso schnell. Als mögliche Ursache nennen die Forscher Rückkopplungen zwischen dem Magnetfeld und den Gravitationskräften höher gelegener Erdschichten.

Die Veränderungen der Rotation des Erdkerns wirken sich auch auf die Tageslänge aus. So fanden die Forscher heraus, dass die Tage 0,01 Millisekunden kürzer werden, wenn der innere Erdkern entgegen der Erddrehung in westlicher Richtung rotiert. Bewegt er sich dagegen nach Osten – also mit der Erddrehung – sind die Tage 0,12 Millisekunden länger.