Wie schaut es in der Familie aus und wie können Konflikte gelöst werden? Auch darum geht es in der Beratung. Foto: Jansen

In der Familienberatungsstelle Freudenstadt gehen Ratsuchende ein und aus. Die Mitarbeiter stehen unter Schweigepflicht.

Freudenstadt - Die Familienberatungsstelle Freudenstadt kann kurzfristig und niederschwellig Hilfestellung bei Konflikten bieten. Wie die Arbeit abläuft und unter welchen Bedingungen, erklärt Leiterin Andrea Lichter.

Frau Lichter, was macht die Familienberatungsstelle?

Wir sind eine Beratungsstelle für Eltern, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zu allen Themen rund um Familie und allen Herausforderungen, die es in einer Familie geben kann. Zusätzlich sind wir durch unsere integrierte Kontaktstelle sexueller Missbrauch Ansprechpartner für Ratsuchende die sexualisierte Gewalt erlebt haben.

Sie unterstützen auch bei Erziehungsfragen. Wann entstehen hier Konflikte?

Herausforderungen in der Erziehung entstehen klassischerweise oft in Autonomiephasen. Heute spricht man von Autonomiephasen und nicht mehr unbedingt vom "Trotzalter" oder Pubertät. Viele Eltern erleben sich in diesen Zeiten sehr angestrengt und überfordert, wenn die Kinder nicht so wollen, wie die Eltern es gutheißen. Sorgen entstehen aber auch, wenn Kinder und Jugendliche sehr ruhig sind und sich zurückziehen, es also keinen "äußeren" Konflikt gibt.

Wie können Sie Ratsuchende unterstützen?

Im Erstgespräch wird mit den Ratsuchenden besprochen, was genau erreicht werden soll und was es dazu braucht. Wir möchten Menschen dabei begleiten, ihren eigenen Weg zu finden. Wir übernehmen nichts, sondern geben Hilfe zur Selbsthilfe. Denn das, was selbst entwickelt wird, hat die größte Wirkkraft.

Erleben Sie, dass die Ratsuchenden Scham empfinden?

Das erleben wir durchaus, wir möchten aber Mut machen, die Scham zu überwinden. Jeder Mensch kann an den Punkt kommen, an dem er nicht mehr weiter weiß. Das gilt auch für uns Berater. Daher wissen wir, dass es nicht immer einfach ist, sich Hilfe zu holen. Aber wenn jemandem etwas auf der Seele liegt, glaube ich, darf man es sich auch ein bisschen leichter machen. Ein wichtiger Teil, es den Menschen einfacher zu machen ist die Schweigepflicht.

Wie sieht diese aus?

Bei uns bekommt niemand Auskunft über die Ratsuchenden, nicht einmal das Jugendamt oder die Polizei. Wir archivieren zudem keine Kontaktdaten oder sonstigen Informationen. Wenn die Beratung beendet ist, hat man das Recht auf Vergessenwerden.

Es kommen auch Kinder und Jugendliche zu Ihnen. Wie läuft das ab?

Kinder und Jugendliche haben einen eigenen, gesetzlichen Anspruch auf Beratung. Dabei unterliegen wir auch den Eltern gegenüber der Schweigepflicht. Diese endet nur bei einem Verdacht der Kindeswohlgefährdung, wenn wir berechtigte Sorgen haben, dass dem Kind oder Jugendlichen etwas passiert. Dennoch haben wir einen Blick darauf, die Eltern ins Boot zu holen und sind hierzu auch verpflichtet.

Sie sind für zwei Drittel des Landkreises zuständig. Werden die weiten Wege nicht zur Herausforderung?

Wir haben uns zum Grundsatz gesetzt: Beratung darf und soll für alle Ratsuchenden möglich sein. Wir versuchen die Termine an die Bedürfnisse der Ratsuchenden anzupassen. Zum Beispiel durch Abendtermine, nach Arbeitsende der Ratsuchenden. Bei besonders erschwerten Zugängen wie zum Beispiel körperlichen Handicaps oder vielen kleinen Kindern in der Familie können wir auch aufsuchend arbeiten. Dies können wir jedoch nur in begründeten Einzelfällen anbieten.