Über Sinn und Unsinn von Gendersprache wird in den Sozialen Medien diskutiert. Wie wird es in den Schulen in Triberg gehandhabt? Wie gehen Schüler:innen und Lehrer*innen mit dem Thema um?
„Wir haben das Thema tatsächlich im Kollegium schon mehrfach besprochen“, sagt Oliver Kiefer, Schulleiter des Triberger Gymnasiums, „aber ganz bewusst keine einheitlichen Regeln aufgestellt.“ Das spiegele auch die Uneinheitlichkeit und Vielschichtigkeit wider, wie mit dem Thema Gendern in der Gesellschaft umgegangen werde.
Wichtig ist Kiefer die Lesbarkeit seiner Texte, auch in der Kommunikation mit Schülern und Eltern. Wenn er dabei von „Schülerinnen und Schülern“ rede oder schreibe, leide die Lesbarkeit nicht. Er nutze auch gerne neutrale Formulierungen wie „Lehrkräfte“, verzichte aber auf Schreibweisen mit Doppelpunkt oder Sternchen. Wenn das jemand anders handhabe, sei das vertretbar.
Bei der Abiprüfung die Genderform gewählt
So fallen ihm bei dem Thema zwei Schülerinnen ein, die vergangenes Jahr bei der schriftlichen Abiturprüfung konsequent die Genderform mit Doppelpunkt wählten, obwohl sie wussten, dass das zu einem Punktabzug führen könnte. Ob das vom Korrektor tatsächlich negativ angestrichen wurde, ist Kiefer nicht bekannt.
Viele würden auch die Verlaufsform nutzen und beispielsweise von „Lehrenden“ und „Lernenden“ sprechen. Das sei „allumfassend“, nennt Kiefer den Vorteil des Gerundiums. „Da sind alle irgendwie mit im Boot.“ Dabei erwähnt er auch Bedürfnisse der LGBTQ-Gemeinschaft (Lesben, Schwulen, Transgendern und queeren Personen) und nicht-binären Menschen, die sich weder als Frau noch Mann empfinden.
Gendersprache sei zu seiner Anfangszeit im Gymnasium noch kein Thema in dem Maß wie heute gewesen, resümiert Kiefer. Vor allem die jüngere Generation diskutiere mittlerweile darüber. Der Landesschülerbeirat beispielsweise fordere, dass Schüler für Gendersprache nicht nachteilig bewertet werden dürften.
„Sprachwandel gehört zu jeder lebendigen Sprache“
„Sprachwandel gehört zu jeder lebendigen Sprache. Ich bin selbst gespannt, wie sie sich verändert“, so Kiefer. So führe das Gendern teilweise zu neuen Wortschöpfungen.
„Mit unserem Mittelweg fahren wir gerade ganz gut“, so die Erfahrung des Schulleiters. Von den Eltern habe es zumindest keine Rückmeldung gegeben, weder in die eine noch in die andere Richtung, Gendersprache weiter auszubauen oder zurückzunehmen.
Wie sieht es bei der Realschule aus? Der stellvertretende Schulleiter Michael Engst wünscht sich, dass an das Thema mit „ein bisschen Gefühl“ und „nicht päpstlicher als der Papst“ herangegangen wird. Die offizielle Rechtschreibung sehe zwar keine Formen wie Gendersternchen vor. Das könne theoretisch bei Klassenarbeiten angestrichen werden. Es sei aber natürlich legitim, beide Geschlechter zu nennen und beispielsweise von Schülerinnen und Schülern zu sprechen.
Mit Englisch fein raus
Er als Englisch-Lehrer könne das Thema häufig umschiffen, da im Englischen die Wörter vielfach geschlechtsneutral verwendet würden, ebenso der Artikel „the“, im Gegensatz zum Deutschen „der, die, das“. Ein Kollege von Engst, der Deutsch an der Realschule unterrichtet, merkt an, dass er selbst keine Gendersprache nutze. Nach seiner Erfahrung sei das auch kein großes Thema bei den Schülern. Sollte ein Schüler aber in einem Aufsatz gendern, würde er das nicht als Fehler werten. Schließlich gebe der Schüler etwas wieder, was er gesellschaftlich und in der Sprache wahrnehme.
Gendersprache
versucht, vor allem Frauen deutlicher sprachlich abzubilden und anzusprechen. Dabei entstehen zum Teil ungewohnte Konstrukte mit Doppelpunkten und Sternchen. Beliebt ist auch die Verlaufsform wie beispielsweise in dem Wort „Studierende“ anstelle der Studenten.