Lieber gemeinsam statt einsam: Elisabeth Wahl, Barbara und Johannes Kronbach (von links) Foto: Schwenk

In Zeiten, in denen das Einfamilienhaus boomt, geht eine kleine Gruppe aus dem Raum Königsfeld andere Wege. Sie wollen mit etwa 30 Erwachsenen plus möglichst vielen Kindern Gemeinschaft im besten Sinne leben - achtsam, tolerant, respektvoll, ökologisch, vielfältig und undogmatisch. "Schwarzwaldgemeinschaft" nennt sich das Projekt, für das nun Mitstreiter gesucht werden.

Königsfeld - Besuch bei Barbara und Johannes Kronbach in Königsfeld. Ein schmuckes Wohnhaus, von der Terrasse geht der Blick ins Grüne. Ein Einfamilienhaus-Idyll wie aus dem Bilderbuch. Warum gibt man das auf? Tauscht Ruhe und individuelle Entscheidungsfreiheit gegen ein Leben in Gemeinschaft ein? Entscheidet sich dafür, sein Leben tabulos mit anderen zu teilen? Lässt sich auf das Wagnis ein, jede Entscheidung im Konsens zu treffen?

"Für mich bricht jetzt einfach eine andere Zeit an", sagt Kronbach. "Ich will weniger Besitz haben, um den ich mich kümmern muss. Mir ist es wichtiger, Dinge nutzen zu können, als sie zu besitzen. Egal, ob das Wohnraum ist oder Werkzeug." Er wolle sein Leben bewusst mit anderen teilen, meint der 60-Jährige. "Ich mag es, Vielfalt um mich zu haben. Mit unterschiedlichen Charakteren in Kontakt zu sein, Menschen jeden Alters in verschiedensten Lebenssituationen um mich zu haben. Aus Vielfalt entsteht Energie."

Für Gemeinschaft sprechen auch praktische Gründe

Trennungsschmerz vom eigenen Häuschen kennt auch Barbara Kronbach nicht. Das Haus sei ohnehin gemietet, sagt sie. Sie habe dazu keine besondere Bindung. "Das Leben in Gemeinschaft ist für mich eine Sehnsucht, kein Gedanke." Daneben sprechen für die 57-Jährige auch ganz praktische Gründe für das Leben in einer XL-WG. "Mir macht es einfach mehr Spaß, Dinge gemeinsam zu machen. Marmelade einkochen, zum Beispiel."

Angst davor, dass die Paarbeziehung zu Ehemann Johannes leiden könnte, hat sie nicht. Im Gegenteil. Auch eine Zweierbeziehung könne durch das Leben in einer Gemeinschaft an Qualität gewinnen, ist sie überzeugt. Habe man viele Leute um sich, mit denen man Alltag, Aktivitäten und Gedanken teile, entlaste das den Partner. Die Erwartungshaltung an den anderen sei dann nicht mehr so hoch.

Zwischenzeitlich sitzt auch Elisabeth Wahl aus Schramberg mit am Tisch. Die 71-Jährige gehört zur fünfköpfigen Keimzelle der Schwarzwaldgemeinschaft, die das Projekt seit gut einem Jahr vorantreibt und in wöchentlichem Austausch mit etwa zehn ernsthaften Interessenten steht. "Ich wollte noch nie das Kleinfamilien-Modell leben. Für mich persönlich ist die Gemeinschaft die passendere Lebensform." Aktuell wohnt Wahl alleine. Nun, sagt sie, wolle sie ihr Leben wieder mit anderen Menschen teilen. "Ich habe früher schon in Wohngemeinschaften gelebt. Da war der politische Inhalt der gemeinsame Nenner. Aber das hatte natürlich nicht die Qualität, wie das, was wir jetzt vorhaben."

Kein Zweckbündnis

Denn die Schwarzwaldgemeinschaft, machen die drei deutlich, soll mehr sein als ein Zweckbündnis. Wer darauf schielt, über das Projekt günstig an Wohnraum zu kommen und am Abend am liebsten die Tür hinter sich zuzieht, ist hier eindeutig falsch. "Es soll keine Tabus geben", erklärt Kronbach. Man wolle bewusst alles miteinander teilen. Offenheit und Transparenz seien wichtige Säulen des Projekts - gerade auch in Bezug auf Finanzen und Rollenverteilung. Die Gemeinschaft solle eine große Familie sein, die trage. Ein Ort, an dem man sich authentisch zeigen könne.

Geteilt werden sollen die Mahlzeiten ebenso wie die anfallende Haus- und Gartenarbeit. Perspektivisch sei auch die Anschaffung von Gemeinschafts-Autos denkbar, sagt Kronbach. Überhaupt gelte: Alles kann, nichts muss. Vielleicht werde die Gemeinschaft alle anfallenenden Aufgaben untereinander aufteilen, eventuell werde man irgendwann ein Mitglied als Koch oder Hausmeister bezahlen. All das, sagt Wahl, werde die Gemeinschaft entscheiden. Einstimmig, nicht mehrheitlich. "Bei Mehrheitsentscheidungen werden immer einige zurückgelassen. Das wollen wir nicht."

Damit dieses Konzept eines sich organisch entwickelnden Projekts aufgeht, steht die Gemeinschaftsbildung an erster Stelle. Erst wenn dieser Schritt geschafft sei, werde man sich an den Kauf einer Immobilie machen. Ein ehemaliges Hotel sei genauso denkbar wie ein Industriegebäude oder ein größerer Hof, meint Barbara Kronbach. Einzige Bedingung: Das Gebäude sollte im Raum Königsfeld sein. Kronbachs betreiben in der Schwarzwaldgemeinde ein gut eingeführtes Fahrrad-Geschäft. Das, sagen die beiden, lasse sich nicht so einfach umziehen. 

Fähigkeit zur Selbstreflektion gefragt

Denkbar wäre, für den Kauf der Immobilie eine Genossenschaft zu gründen und den Unterhalt über eine Stiftung sicherzustellen. Immerhin soll das Projekt die Gründer überdauern, auf mehrere Generationen angelegt sein. 

"Aber jetzt brauchen wir erst einmal genügend Leute, die mitmachen", sagt Barbara Kronbach. Bunt und vielfältig soll die Gemeinschaft werden. Eine gute Mischung aus Jung und Alt, Familien sollen ebenso ihren Platz finden wie Paare und Singles. Dogmen soll es keine geben, der Steakliebhaber ist ebenso willkommen wie der Veganer.

Was ein künftiges Mitglied der Schwarzwaldgemeinschaft mitbringen muss? "Das Wichtigste sind die Fähigkeit und der Wille zur Selbstreflektion", meint Barbara Kronbach. Nur so könne der respektvolle und achtsame Umgang miteinander gelingen. Zudem müsse jeder bereit sein, Verantwortung für sich selbst und die Gruppe zu übernehmen. Und auch finanziell sollten die Mitglieder auf eigenen Beinen stehen.

Info: Kennenlern-Treffen

Lust bekommen, Teil der Schwarzwaldgemeinschaft zu werden? Am Samstag, 26. Juni, findet um 15 Uhr ein Kennenlern-Meeting via Zoom für neue Interessenten statt. Anmeldung per E-Mail unter info@schwarzwaldgemeinschaft.de. Für September ist - so die Corona-Regelungen dies dann zulassen - ein persönliches Treffen geplant. Für Rückfragen - oder Immobilienangebote - steht Johannes Kronbach unter Telefon 015777700937 zur Verfügung.