In Sachen gemeinsamer Standesamtsbezirk ist im Gemeindeverwaltungsverband noch nicht das letzte Wort gesprochen. Foto: © MQ-Illustrations - stock.adobe.com

Effektiv und bürgerfreundlich wollen die Kommunen des Gemeindeverwaltungsverbands (GVV) Althengstett ihre Arbeit gestalten. Deshalb ist ein gemeinsamer Standesamtsbezirk noch nicht vom Tisch – trotz großer Bedenken aus Ostelsheim.

Das Signal in der GVV-Sitzung am Dienstagabend war klar: Einseitig einen Standesamtsbezirk nur für Althengstett, Gechingen und Simmozheim ohne Ostelsheim zu bilden, wäre unsolidarisch. Deshalb soll den Nachbarn aus Ostelsheim genug Zeit für weitere Beratungen und Bedenkzeit gegeben werden, um dem vorgeschlagenen Konstrukt – also einem gemeinsamen Bezirk für alle vier Gemeinden– zuzustimmen. Keine der vier Kommunen würde durch einen gemeinsamen Standesamtsbezirk etwas verlieren, sondern im Gegenteil könnten alle durch ein interkommunales Konstrukt profitieren – finanziell, organisatorisch und im Hinblick auf Bürgerfreundlichkeit, hieß es. Eigentlich sollte es auf Initiative aus Ostelsheim wegen des dortigen Personalmangels künftig einen Standesamtsbezirk auf GVV-Ebene geben. Ausgerechnet der dortige Gemeinderat hatte aber dagegen gestimmt – offenbar ohne sich über sämtliche Folgen im Klaren zu sein, wie in der GVV-Sitzung deutlich wurde.

Potenzial für eine doch noch gemeinsame Lösung

Im Althengstetter Ratssaal fielen am Dienstagabend Begriffe wie Misstrauen oder Informationsdefizit. Es entwickelte sich eine Grundsatzdiskussion über die Eigenständigkeit kleiner Gemeinden sowie das Für und Wider von Zentralisierung – durchweg sachlich mit großem Potenzial für eine gemeinsame Lösung und dem großen Anliegen, die Argumente der jeweils anderen Seite besser zu verstehen.

Der Name allein sagt nicht viel aus

Allein schon die Bezeichnung gemeinsamer Standesamtsbezirk „Gemeindeverwaltungsverband Althengstett“ wollte in Ostelsheim und durchaus auch in den anderen drei Gemeinden nicht jedem Ratsmitglied gefallen, weil sie nach deren Ansicht impliziert, dass Ostelsheim etwas komplett hergibt und verliert – und nicht etwas für die Verwaltung und Bevölkerung gewinnt. „Die Zusammenarbeit ist wichtig, nicht der Name“, sagte der Althengstetter Gemeinderat Thomas Schmidt. Dem pflichtete sein Ratskollege Lothar Kante bei: „Am Namen liegt mir überhaupt gar nichts“. Die Ostelsheimer Entscheidung gegen den geplanten Standesamtsbezirk mache ihn nachdenklich. Er frage sich, ob es ein Informationsdefizit und ein gewisses Misstrauen gegeben sei. Man müsse gemeinsam vorankommen. Deshalb schlug Kante vor, dass die Räte der vier Verbandsgemeinden in Klausur gehen, um eine Richtung für die künftige Zusammenarbeit festzulegen. Diesen Vorschlag bezeichnete der Ostelsheimer Bürgermeister Jürgen Fuchs als „gute Sache“.

Simmozheimer Rathauschef bringt aus auf den Punkt

Das Pro und Contra einer gemeinsamen Standesamtsbezirks brachte Simmozheims Bürgermeister Stefan Feigl auf den Punkt: „Wir sind eigen- und selbstständig und wollen uns nicht verstecken“, äußerte er sich. Nach und nach immer mehr an Zuständigkeiten abzugeben, sei keine Option. Das Thema Standesamt eigne sich – bei aller Sympathie und allem Verständnis für Ostelsheim – aber nicht, um auf Eigenständigkeit zu beharren, vor allem auch aus Kostengründen und wegen des Fachkräftemangels. Das Standesamt sei ein typisches Beispiel für eine lohnende interkommunale Zusammenarbeit.

Auch in Ostelsheim, Gechingen oder Simmozheim Aufgaben innerhalb des GVV zu zentralisieren, forderte der Simmozheimer Gemeinderat Lorenz Auwärter. Dafür zeigte sich der Althengstetter Bürgermeister und Verbandsvorsitzende Clemens Götz offen und nannte ein Beispiel: „Der Vollzugsdienst muss nicht in Althengstett sein“.

Klausur erst mit neuen Gemeinderäten 2024?

Simon Klass, Gemeinderat aus Gechingen, sprach sich dafür aus, erst in Klausur zu gehen, wenn 2024 die neuen Ratsgremien gewählt sind. Außerdem müsse ein Plan B her. Er sehe auch Vorteile, wenn sich nur Althengstett, Gechingen und Simmozheim zusammenschließen und Ostelsheim eine eigene Lösung anstrebe.

Am Ende der GVV-Sitzung stand fest: Das künftige Konstrukt Standesamt muss Hand und Fuß sowie einen Mehrwert für die Bevölkerung haben. Das Thema soll zudem nicht auf die lange Bank geschoben werden, weshalb es gleich im Juni eine weitere Sitzung geben soll.

Warum ein gemeinsamer Standesamtsbezirk?

Ausgangslage
In den Standesämtern kleiner Gemeinden fehlen für die komplexen Personenstandsaufgaben in den Standesämtern zunehmend die erfahrenen und umfassend ausgebildeten Fachkräfte. Deshalb läuft in den vier Gäugemeinden Althengstett, Gechingen, Simmozheim und Ostelsheim ein Prozess, der diese Aufgaben in einem gemeinsamen Standesamtsbezirk unter dem Dach des Gemeindeverwaltungsverbands (GVV) Althengstett, den diese vier Gemeinden bilden, zusammenfassen soll. Die Gemeinderäte in Althengstett, Simmozheim und Gechingen haben diesem Vorgehen bereits ihr jeweiliges einstimmiges Plazet erteilt, die Ostelsheimer Räte stimmten mit einer knappen Mehrheit dagegen.

Personalausstattung
Im gemeinsamen Standesamtsbezirk im GVV würden künftig nur noch drei kompetente Standesbeamtinnen oder -beamte statt bisher acht gebraucht. Diese würden dann auch deutlich mehr Fälle zu bearbeiten haben und könnten somit ihre nötige Erfahrung, die für sicheres Agieren im rechtlich komplexen Personenstandsrecht gefordert ist, weiter ausbauen. Weil bei einem gemeinsamen Bezirk alle Unterlagen an einem Ort gesammelt würden, wäre auch eine schnellere Bearbeitung möglich.