Der Gemeinderat lehnte in der Sitzung am Mittwochabend die Einführung einer Verpackungssteuer im Oberzentrum ab. Eine Mehrheit zweifelt die Lenkungswirkung zur Reduzierung von Müll an. So lief die Diskussion.
Für die Stadtverwaltung begründete Horst Mayer von der Kämmerei in einem lebhaften Vortrag die ablehnende Haltung in Sachen Verpackungssteuer nach dem so genannten „Tübinger Modell“.
Das Fazit der Argumentation fällt ziemlich niederschmetternd aus: „Eine Verpackungssteuer nach Tübinger Vorbild verteuert Speisen und Getränke, die mit ihr beabsichtige Lenkungswirkung zur stärkeren Inanspruchnahme von Mehrwegverpackungen anstelle von Einwegverpackungen bleibt aus“. Es würden zusätzliche Finanzeinnahmen für den allgemeinen Haushalt erzeugt, die umweltpolitisch angestrebte Reduzierung von Müllaufkommen und Ressourcenverbrauch finde nicht statt. Und schließlich: „Eine Verpackungssteuer nach Tübinger Vorbild führt zu einer Zunahme bürokratischer Detailregelungen bei minimalem Wirkungsgrad“.
Bevor nach dem Verwaltungsausschuss der Gemeinderat dazu einen Beschluss fasste, hatten die Grünen einen Antrag gestellt, dieses Thema am Mittwoch von der Tagesordnungspunkt abzusetzen. Das begründete Oskar Hahn für die Fraktion. Er wies darauf hin, dass über die Verpackungssteuer jetzt entschieden werde, weil die Umwelthilfe das so beantragt habe – also weder auf Initiative der Verwaltung noch aus dem VS-Gemeinderat. Hahn plädierte dafür, das Thema Müllvermeidung breiter anzugehen und ein Konzept aufzulegen, wie die Stadt sauberer wird. „Man sollte das Thema umfassend aufbereiten.“ Gegenrede hielt Dirk Sautter (CDU). Aus Sicht seiner Fraktion könne über die Verpackungssteuer entschieden werden – und die CDU stimme dagegen. Das Problem könne damit nicht gelöst werden, die CDU sei offen für andere Lösungen. Der Antrag der Grünen wurde knapp abgelehnt bei 17 Ja-, 18 Nein-Stimmen und einer Enthaltung.
„Man will es einfach nicht“
Die Freien Wähler sind für eine Verpackungssteuer, sagte Veronika Bastian. Wo einmal Müll liege, geselle sich oft anderer Müll hinzu. In Tübingen habe man mit der Verpackungssteuer gute Erfahrungen gemacht. „Diese Erfahrungen will der Gemeinderat mehrheitlich nicht zur Kenntnis nehmen.“ Die Vorlage der Stadt dazu bewertete sie als einseitig. „Man geht mit einer vorgefassten Meinung da ran und will es einfach nicht.“
Für die AfD-Fraktion kündigte Olaf Barth an, eine Mehrheit sei dagegen. Ausnahme bildete Fraktionskollege Dieter Gellhorn, der dafür plädierte, die Verpackungssteuer auszuprobieren. Müllvermeidung sei überfällig. Oskar Hahn beantragte dann die Einführung einer Verpackungssteuer. Den Vortrag von Horst Mayer kritisierte auch er als einseitig.
Mehr Kontrolle besser?
Außerdem gehöre das Thema Müllvermeidung nicht zur Kernkompetenz der Kämmerei. Als Vorschläge, was man statt einer Steuer zur Müllvermeidung machen könne, komme von dieser Seite der Ruf nach mehr Kontrolle und Bußgeldern. „Ist das der Weg, den wir gehen wollen?“ Die Einführung eines Mehrwegsystems habe man auch seitens der Verwaltung abgelehnt. „Und das wird jetzt als gute Idee bezeichnet“, meinte er kopfschüttelnd. Bernd Lohmiller (SPD) wies darauf hin, dass die Stadt Freiburg ganz aktuell die Einführung einer Verpackungssteuer ab dem Jahr 2026 beschlossen habe. Es werden mit Einnahmen in Höhe von 2,2 Millionen Euro gerechnet. „Wenn andere Städte das hinkriegen, kann man sich mit denen in Verbindung setzen, wie das geht.“
Freiburg führt Verpackungssteuer ein
Die Liberalen im Gemeinderat sind gegen eine Verpackungssteuer, weil damit wieder mehr Bürokratie auf- statt abgebaut werde. Laut Michael Steiger würden so betroffene Betriebe aus Gastronomie, Bäckereien oder Metzgereien doppelt und dreifach besteuert. „Die Betreiber werden hier als Geldeintreiber benutzt.“ Da müsse man sich nicht wundern, wenn es immer weniger Gastronomiebetriebe, Bäckereien und Metzgereien gebe. Der Oberbürgermeister stellte sich vor die Kämmerei und betonte, es sei in diesem Thema das federführende Amt. Andere hätten mitgewirkt. Zuerst wurde über den Grünen-Antrag abgestimmt, der bei 16 Ja-, 21 Nein-Stimmen und einer Enthaltung keine Mehrheit erhielt. Damit ist die Verpackungssteuer in VS erstmal vom Tisch.