Im Neubaugebiet Fronwiesen-Raubrühl erhält die Familie Waizenegger einen Bauplatz außerhalb der Vergabekriterien. Foto: Gern

Der Gemeinderat Bisingen stimmt zu, Bürgermeister Roman Waizenegger einen Bauplatz zuzuteilen – außerhalb des üblichen Punkteverfahrens. So wurde das begründet.

Bisingen - "Der Gemeinderat kann einzelne, im Eigentum der Gemeinde stehende Wohnbaugrundstücke ohne Anwendung der Vergabekriterien an bestimmte Bewerber vergeben", heißt es in der Sitzungsvorlage – und das hat der Gemeinderat am Dienstagabend auch getan: Einstimmig entschied das Gremium, dass Bürgermeister Roman Waizenegger und dessen Frau Annika den Bauplatz kaufen und bebauen dürfen.

Waizenegger: "Für einen kommunalen Bauplatz fehlt uns die Punktezahl"

In einem Schreiben an den Gemeinderat hatte Waizenegger zuvor seine Anfrage ausgeführt und begründet. "Seit 2014 wohnen wir zur Miete in Steinhofen. Im Jahr 2020 wurde dann unser Sohn Paul geboren", der einen der örtlichen Kindergärten besucht. Seit "geraumer Zeit" hätte Familie Waizenegger den Wunsch, sich in Bisingen ein Eigenheim zuzulegen, allerdings nach längerem Suchen keine passende Immobilie gefunden und "sämtliche Bemühungen einen privaten Bauplatz zu finden, liefen ins Leere". Weiter heißt es in dem Schreiben: "Für einen kommunalen Bauplatz fehlt uns die Punktezahl, um nach den Vergabekriterien in absehbarer Zeit eine Berücksichtigung zu finden. Dies alles veranlasst uns dazu, bei ihnen – dem Gemeinderat – um die Zuteilung eines Wohnbauplatzes zu fragen.

Das sagt der Gemeinderat Bisingen

Dieter Fecker von der CDU-Fraktion: "Wenn man 24 Stunden bei Tag und Nacht den Puls der Gemeinde fühlt, kann man ihre Bedürfnisse wahrnehmen" – weshalb es auch ein Vorteil sei, dass Bürgermeister Waizenegger in Bisingen bleibt. Und er stellt die Frage, was denn wäre, wenn Waizenegger in Grosselfingen oder Engstlatt einen Bauplatz sucht und auch noch findet? Ins gleiche Horn blies Klaus Ertl (Freie Wähler): "Ich will einen Bürgermeister, der hier vor Ort ist." Für einen Bürgermeister gebe es (anders als für Gemeinderäte) zwar keine Residenzpflicht, aber im Ernstfall könne ein Bürgermeister nur 24 Stunden anwesend sein, wenn er auch hier wohnt. Gisela Birr (SPD) zustimmend: "Wäre es nicht blamabel, wenn Gemeinden im Umland dem Bisinger Bürgermeister einen Bauplatz anbieten?" Sie verwies auch auf den Passus in dem Bauplatz-Vergaberegelwerk, das es dem Gemeinderat ermöglicht, einzelne Plätze auch außerhalb der Vergabekriterien zu vergeben. Konrad Flegr (ALB) sieht es als Vorteil für alle Bürger, wenn der eigene Bürgermeister auch vor Ort wohnt.

Anerkennung durch die Gemeinderäte

Zum Ausdruck brachten alle Redner auch ihre Anerkennung, dass die Waizeneggers sich "redlich bemüht" (Fecker) hätten, selbst einen Bauplatz zu finden. Soll heißen: Der Gemeinderat ist nicht das erste, sondern das allerletzte Mittel gewesen. Darüber hinaus betonten insbesondere Ertl und Fecker, in welcher Weise die Vergabe an Familie Waizenegger ablief. Das Thema werde öffentlich beraten und alle, die sich interessierten, konnten Einblick nehmen. Das stimmt: Die Unterlagen, zu denen die persönliche Erklärung und Anfrage Waizeneggers und seiner Frau gehört, steht seit einer Woche im Rats-Infosystem. Jeder, der das lesen wollte, hatte die Gelegenheit dazu, eine Zusammenfassung davon wurde im "Schwarzwälder Boten" vom vergangenen Freitag veröffentlicht.

Ertl: Meinung "nicht unter Gürtellinie"

In Anspielung auf einen Leserbrief mit dem Titel "Amigo lässt grüßen" im "Schwarzwälder Boten" vom gestrigen Dienstag feuerte Ertl: "Jeder Bürger hat das Recht, seine Meinung zu sagen, aber nicht unter die Gürtellinie." Für ihn stelle der Leserbrief den Gemeinderat grundfalsch dar: "Wir haben nichts mit Korruption zu tun." Fecker bezeichnet des Leserbrief gar als "Unverschämtheit", denn die Vorgehensweise habe nichts mit Hinterzimmer-"Amigo" zu tun, sondern es sei alles öffentlich gewesen.

Leserbrief: "Also warum dann nicht den Amtsbonus ins Spiel bringen"

Im besagten Leserbrief hieß es unter anderem: "Bei zu vergebenden 11 Bauplätzen und 171 Bewerber dürften die Aussichten bei regulärer Berücksichtigung ziemlich mau sein. Also warum dann nicht den Amtsbonus ins Spiel bringen, und den Gemeinderat entscheiden lassen. Amigo lässt grüßen."