Die Tage der Ebinger Festhalle sind gezählt. Foto: Kistner

Das Ende mit Schrecken ist beschlossene Sache: Der Gemeinderat hat am Montagabend mehrheitlich grünes Licht für den Abriss der Ebinger Festhalle und des Tailfinger Thalia-Theaters gegeben.

Albstadt - Wohin die Reise ging, hatte sich bereits im Mai abgezeichnet, als Guido Buschbacher vom Büro BWN Bauingenieure in Lautlingen und Evmarie Zell vom Stuttgarter Büro Kubus 360 die Ergebnisse ihrer Bauuntersuchungen vorstellten: Die Statik beider Häuser sei marode, ihre Nutzung im Grunde nicht mehr vertretbar, der Brandschutz alles andere als auf der Höhe der Zeit.

Sanierungen, die den Problemen abhelfen könnten, ohne darüber hinaus den Nutzungsstandard zu verbessern und an heutige Erfordernisse anzupassen, würden mindestens je zehn Millionen Euro kosten, vermutlich aber noch drei, vier Millionen mehr.

Die Stadtverwaltung erblickte in dieser Diagnose die Lizenz für die radikale Lösung: den zweifachen Abriss und den Bau einer Kulturhalle an einem noch zu ermittelnden Ort – vorzugsweise in Ebingen, vorzugsweise zentrumsnah; über Varianten ist bis auf weiteres nichts Offizielles zu erfahren.

Der Standort der Festhalle in der Hohenzollernstraße kommt nicht in Frage; er ist für ein anderes, nicht weniger dringliches Projekt bestimmt: den Bau einer neuen Halle für die Schlossberg-Realschule.

Zweigeschossige Halle wäre turmhoch

Die alte an der Ecke von Schmiecha- und Sigmundstraße ist hoffnungslos marode und ebenfalls ein Fall für die Abrissbirne, ihr Areal zu klein für die geplante Zweieinhalb-Feld-Halle, die unter anderem den Bedarf der Ebinger Leistungsturnerinnen und -turner nach einer wettkampfgerechten Sportstätte mit "Schnitzelgrube" befriedigen soll. Eine zweigeschossige Halle an dieser Stelle kommt für die Stadt nicht in Frage; sie wäre fast 19 Meter hoch und vergleichsweise unfunktional. Wohingegen eine moderne und großzügig dimensionerte Sporthalle anstelle der alten Festhalle geeignet wäre, die Attraktivität des "Schulcampus" von Hohenbergschule und Schlossberg-Realschule zu steigern. So das Kalkül der städtischen Planer.

Ende 2027 soll die Schulsporthalle fertig sein

Und so ist der Maßnahmenkatalog getaktet: Das Thalia-Theater, das bereits seit längerem geschlossen ist, wird möglichst bald abgerissen; die Ebinger Festhalle soll noch bis Herbst 2024 stehen bleiben und bespielt werden.

Diese Zeit dürften zum einen Architektenwettbewerb und Planung der neuen Schulsporthalle in Anspruch nehmen, zum anderen der Umbau der Zollernalbhalle in eine provisorische Mehrzweckhalle mit Theaterbühne und dazugehöriger Lichtanlage. Sie soll als Interimslösung dienen und in den folgenden dreieinhalb bis fünf Jahren neben der Rolle der Messe- und Großveranstaltungshalle auch die des Albstädter Kultur- und Musentempels übernehmen.

Und da die Schulturnhalle frühestens Ende 2027 fertig wird, bedarf es noch eines zweiten Provisoriums: einer aufblasbaren Traglufthalle oder eine Leichtbauhalle Marke Losberger De Boer auf dem Hartplatz des Albstadions – damit Albstadts Schüler und Vereine weiterhin Sport treiben können.

Kulturhalle soll 21 Millionen kosten

Mit diesem Maßnahmenkatalog wird es natürlich nicht sein Bewenden haben: Albstadts andere Hallen warten noch – teils auf die Sanierung, teils auf Abbruch und Neubau; die beiden größten, aber beileibe nicht die einzigen Projekte auf der Agenda sind dabei der Neubau der Mazmannhalle und die Sanierung der Zollernalbhalle. Unter der Gesamtkostenrechnung dieses Hallenkonzepts steht derzeit eine Summe von 89 Millionen Euro – nicht eingerechnet die Kulturhalle, die nach der Kalkulation der Stadt mit weiteren 21 Millionen Euro zu Buche schlägt.

Befürworter dieser Strategie waren die Stadträte von CDU, Freien Wählern und FDP. Vor 20 Jahren, argumentierten Ralf Keppler (CDU) und Manuela Heider, Fraktionschefin der Freien Wähler, habe man sich schon einmal zu einer kostspieligen Sanierung der Ebinger Festhalle hinreißen lassen und sich im Nachhinein gewaltig geärgert – ein zweites Mal werde das nicht passieren.

Wobei der Gebrauchswert der Festhalle für die Abrissbefürworter immer noch höher liegt als der des Thalia-Theaters, dessen Sanierung sich ökonomisch überhaupt nicht mehr rechtfertigen lasse.

"Jahrzehnte des Sanierungsstaus"

Das sahen nicht alle so. Jürgen Kiefer von den Grünen plädierte eindringlich dafür, die Entscheidung doch nicht übers Knie zu brechen und erst einmal die Ergebnisse des Albstädter Kulturkonzeptionsprozesses abzuwarten, ehe man dekretiere, was Albstadt in Sachen Kultur brauche – wozu denn sonst das Ganze? Weder im Falle der Festhalle noch in dem des Thalia-Theaters gebe es mehr als eine grobe Kostenschätzung; auch die Prüfung der Bausubstanz lasse viele Fragen offen – auf dieser Grundlage könne man doch nicht einfach Abbrüche beschließen. Kiefer argwöhnte zudem, dass unter Berücksichtigung der "grauen" Energiekosten Neubauten teurer und Sanierungen lohnender sein könnten, als die Stadt es vorgerechnet habe.

Sowohl er als auch Lara Herter verwahrten sich dagegen, beim Thalia-Theater nur den funktionalen Nutzen und nicht auch den historischen und emotionalen Wert in Rechnung zu stellen; Herter verwies außerdem auf "Jahrzehnte des Sanierungsstaus", die letztlich schuld am Zustand der Gebäude seien.

Droht die Unterversorgung?

W.S.A.-Fraktionschef Martin Braun unterstellte ähnlich wie Kiefer, dass die Kosten der von der Stadt geplanten Baumaßnahmen zu niedrig angesetzt seien. Im Übrigen mutmaßte er, dass der Stadt in der Interimsphase nach dem Abriss der Ebinger Festhalle die chronische Unterversorgung mit sportlicher und kultureller Infrastruktur drohe – die Provisorien seien allesamt nicht überzeugend, und daher sei es sinnvoller, sich Zeit für die Prüfung weiterer Optionen zu nehmen.

Damit war die Ratsmehrheit nicht einverstanden – es sei genug geprüft; Zuwarten werde nichts Neues ergeben, erklärte Ralf Keppler. Alle sechs Beschlussvorschläge erhielten eine Mehrheit, die mal deutlicher, mal knapper ausfiel. Am größten war der Widerstand gegen den Festhallenabriss – 16 Räte und der OB votierten dafür, zwölf dagegen.