Lächeln für die Kamera, doch zuvor wurde Tacheles geredet. Teilnehmer der Runde im Meißenheimer Rathaus waren dabei (von links): Tobis Uhrich, Matthias Litterst, Matthias Gutbrod, Jochen Paleit,Bruno Metz, Yannick Bury, Johannes Fechner, Alexander Schröder, Dietmar Benz, Kai-Achim Klare, Pascal Weber und Tilman Petters. Foto: Gemeinde

Die Rathauschefs des alten Landkreises Lahr haben mit Yannick Bury (CDU) und Johannes Fechner (SPD) diskutiert. Dabei bekamen die beiden Bundestagsabgeordneten einiges zu hören. Vor allem die Verteilung der Flüchtlinge auf die Kommunen sorgt für Verdruss.

„Kein weiter so“, unter diesem Motto haben sich die Bürgermeister des Altkreises Lahr zum zweiten Mal mit den Wahlkreisabgeordneten der Region getroffen. Unter dem Vorsitz von Bürgermeister Alexander Schröder aus Meißenheim stellten sich Yannick Bury (CDU) und Johannes Fechner (SPD) der Diskussion mit den zwölf Gemeindevertretern aus der südlichen Ortenau gestellt.

Große Unzufriedenheit mit der Politik in Bund und Land

Dabei zeigte sich gleich zu Beginn, dass bei den Bürgermeistern eine große Unzufriedenheit mit der übergeordneten Politik in Bund und Land herrscht, heißt es in einer Pressemitteilung der Gemeinde Meißenheim zu dem Treffen. „Es kann nicht sein, dass ständig von übergeordneter Stelle Versprechen an die Bürger, verbunden mit Rechtsansprüchen, neuen Standards und neuen Aufgaben gemacht werden, die wir auf kommunaler Ebene dann umsetzen sollen“, führte Schröder in die Diskussion ein und nannte als Beispiele die Kinderbetreuung.

Die Betreuungsformen wie der Rechtsanspruch für einjährige Kinder oder der neu geschaffene Anspruch auf Ganztagsbetreuung an den Grundschulen seien von Bund und Land beschlossen worden, die Kommunen müssten diesen Anspruch dann umsetzen. „Uns fehlt es an allen Ecken und Enden an Fachkräften, dennoch werden den Kommunen immer neue Forderungen aufgebürdet, die kaum umsetzbar sind“, berichtet Bruno Metz aus Ettenheim.

Dabei seien die Kosten für die Betreuung der Kinder in den vergangenen zehn Jahren in den Kommunen um durchschnittlich 293 Prozent gestiegen, während die Anzahl der Kinder um nur 20 Prozent im gleichen Zeitraum zugenommen habe. „Da entsteht ein totales Missverhältnis“, waren sich die Bürgermeister der südlichen Ortenau einig.

Einen großen Raum nahm bei der Diskussion mit den Abgeordneten die Flüchtlingsunterbringung ein. Die Kommunen der südlichen Ortenau kämpfen allesamt mit großer Wohnungsnot. Die Bürgermeister erinnerten an das gemeinsame Positionspapier des Gemeindetags Baden-Württemberg für eine „realitätsbezogene Flüchtlingspolitik“.

Demnach sollen beispielsweise Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive nicht mehr auf die Kommunen verteilt werden. Gleichzeitig sollen die Abschiebungen für die Flüchtlinge ohne Bleiberecht stärker durchgesetzt werden.

Bury und Fechner zeigen Verständnis

„Die Flüchtlingsunterbringung ist für uns Kommunen nicht mehr zu bewältigen“, waren sich alle Bürgermeister einig. „Wir haben in den letzten Jahren enorme Anstrengungen unternommen und Gebäude und Unterkünfte für Geflüchtete geschaffen“, berichteten die Bürgermeister Matthias Gutbrod und Erik Weide. „Wir können aber nicht so weitermachen wie bisher, denn es gibt schlicht und einfach keine Unterbringungsmöglichkeiten mehr und auch die Integration und die Betreuung ist für die Verwaltungen und ehrenamtliche Organisationen nicht mehr leistbar“, erinnerte Andreas Heck aus Hohberg. „Wir verlieren als Land auch völlig an Glaubwürdigkeit, wenn es nicht möglich sein soll, straffällige Flüchtlinge auch abzuschieben“, sagten mehrere Bürgermeister.

Bury und Fechner zeigten beide laut dem Bericht „großes Verständnis“ für die Anliegen der Kommunen und sagten zu, dass sie die Stimmungslage und die Probleme vor Ort in ihre Fraktionen weitergeben wollen. „Gerade bei der Flüchtlingspolitik muss es künftig weitreichenden Änderungen geben“, stellten die beiden Abgeordneten in Aussicht.

Auch beim Thema Abbau der Bürokratie sei die Sicht vor Ort in den Kommunen eine völlig andere, als es von Bundes- und Landesregierung gerne gepredigt wird, wird in der Mitteilung betont. „Wir beschäftigen mittlerweile nur noch Gutachterbüros, die viel Zeit und Geld verschlingen“, echauffierte sich Dietmar Benz aus Mahlberg: „Ich bin seit drei Jahrzehnten Bürgermeister, aber heute dauert jedes noch so kleine Verfahren vier Mal länger als früher, das sorgt auch bei den Bürgern für großes Unverständnis“, betonte Benz.