Die Gemeinde will den Einzelhandel attraktiver gestalten. Dafür haben Gemeindevertreter und ein Experte der IHK erarbeitet, wo in Friesenheim noch Potenzial schlummert. Die Empfehlungen hat der Innenstadtberater nun vorgestellt.
Thomas Kaiser, Innenstadtberater der IHK, hat in der Gemeinderatssitzung seinen Abschlussbericht mit Handlungsempfehlungen zur Attraktivitätssteigerung von Friesenheims Einzelhandel und Ortszentrum vorgestellt. Bei einer Gegenstimme und drei Enthaltungen beschloss der Gemeinderat die ausgearbeiteten Leitsätze der Ortsmitten-Entwicklung im Zeitraum der kommenden zehn Jahre. Zu den drei Schlüsselvorhaben zählen: Die Aufwertung des Neuen Ortszentrums, die Attraktivierung des Wochenmarktes und die Kommunikation des Parkplatzangebots, das in Friesenheim sehr gut sei.
Fokussiert wird sich auf den Verdichtungsbereich zwischen Tavaux- und Weinbergstraße. Hier müsse die multifunktionale Angebotsqualität erhalten und gefestigt werden, so Kaiser. Friesenheim sei ein Straßendorf, was es unmöglich mache, den kompletten Bereich von der Bundesstraße entlang der Friesenheimer Hauptstraße zu reaktivieren. Die Zukunft liege in der Ortsmitte. Starke Pulsierung sei erkennbar im Neuen Ortszentrum sowie im Bereich der Alemannenapotheke, die sogar eine höhere Frequenzmessung zeige.
Friesenheim mit Schulnotensystem bewertet
Zur Bewertung des Status Quo wurde ein Schulnotensystem angesetzt. Eher schlecht mit der Note 4,3 wird die Aufenthaltsqualität, das Ambiente und der Flair des Bereichs bewertet. Eine 4,2 gibt es für den Spaß- und Erlebnisfaktor.
Zu wünschen übrig lasse auch die Vermarktung der Ortsmitte. Die Angebotsvielfalt sei bei Note 3,1 eher befriedigend. Gut sei das Parksystem, mit dem sich zusätzlich über mehr Öffentlichkeitsarbeit punkten ließe. Viel Potenzial sei vorhanden, das es zu nutzen gelte. „Sie haben für Friesenheim Ihre Positionierung als Wohnort und Bildungsstandort“, betonte Kaiser. Es gehe darum, „das Wohnzimmer mitten im Ort noch attraktiver zu gestalten“.
Das Neue Ortszentrum sei ohne Aufenthaltsqualität, im Sommer fehle es an Beschattung. Der Wochenmarkt am Samstag sei zu klein und kaum sichtbar. Viele ungepflegte Fachwerkhäuser säumten die Hauptstraße.
Bürgermeister macht Budget-Grenze deutlich
Die Leerstandsquote dürfe nicht zunehmen. Sei sie vorhanden, müsse sie auch in eine Umgestaltung zu Wohnraum fließen. Die Querung der Hauptstraße zwischen Neuem Ortszentrum und Rathaus ließe sich mit einem Zebrastreifen oder der Verlagerung der Fußgängerampel überdenken. Zur Steigerung der Aufenthaltsqualität ließen sich temporär Sitzmöbel vom Land kostenlos ausleihen, um zu testen, ob diese auch angenommen werden.
Charlotte Schubnell (CDU) erkannte in den Vorschlägen Lösungsmöglichkeiten, die Friesenheim entscheidend weiterentwickeln können. Die Attraktivierung des Wochenmarktes sei ein Wunsch, der aus einer Bürgerbefragung resultiere und einer professionellen Handhabung bedürfe, so Schubnell. Der Abschlussbericht von Kaiser dürfe als Chance für die innerörtliche Entwicklung verstanden werden.
Dass kein Budget für die Umsetzung, außer der Bewirtschaftung von Blumentrögen, zur Verfügung stehe, machte Bürgermeister Erik Weide deutlich. Eine Begrünung des Dorfbaches ließe sich nicht bezahlen. In der hohen Anzahl von Parkplätzen erkannte Stefan Armbruster (GLU) eher einen Widerspruch, wenn es darum gehe, die Aufenthaltsqualität im Ort zu steigern. Vielmehr sollte das Fahrradfahren beworben werden. Es gehe um die Balance zwischen Qualität und Erreichbarkeit. Einschränkungen des Pkw-Verkehrs würden das eher wackelige Einzelhandelsangebot in Friesenheim gefährden, betonte Kaiser. 11 000 Fahrzeuge täglich auf der Friesenheimer Hauptstraße seien nicht wegzudenken und der ÖPNV unbezahlbar, fügte Weide ein. Der Blumenschmuck am Dorfbach wurde aus finanziellen Gründen gestrichen. Personell ließe sich die Pflege nicht über den Bauhof abdecken, ergänzte Christian Erb (FW). Dass die Eiben jetzt stören und weg sollten, obwohl sich der Gemeinderat über die Begrünung in unzähligen Sitzungen Gedanken gemacht habe, sei für Erb unverständlich.
Kosten für Projekt übernimmt Miniserium
Am 11. September haben sich bei einem Dorfspaziergang Mitglieder der Werbegemeinschaft sowie Mitarbeiter der Verwaltung mit Innenstadtberater Thomas Kaiser auf den Weg durch Friesenheim gemacht. Alle Teilnehmer waren eingeladen, ihre Beobachtungen per Bild auf dem Smartphone festzuhalten und mit Bemerkungen zu versehen. 278 Fotos sind so zusammengekommen. Eine Nachbesprechung der Bestandsaufnahme erfolgte über einen Lenkungskreis, der sich aus Teilnehmern unterschiedlicher Branchen zusammengesetzt hat. In Nachbesprechungen erfolgten weitere Feststellungen und Handlungsvorschläge für Friesenheim. Außerdem erfolgte eine Passantenbefragung, eine Befragung auf der Nova 2024 sowie Experteninterviews und Zukunftsprognosen, die jetzt in einem Masterplan für die kommenden zehn Jahre vorliegen. Im Mai 2023 wurde das Projekt im Gemeinderat vorgestellt und auf den Weg gebracht. Die Kosten werden zu 100 Prozent vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg getragen.
So geht es weiter
Die Umsetzungen größerer Einzelmaßnahmen werden Gegenstand von separaten Beratungsvorlagen sein. In einem Zeitraum von zehn Jahren sollen Schlüssel-Vorhaben umgesetzt werden.