Justizminister Marco Buschmann (FDP) hat sich mit der Reform gegen den Widerstand der Sozialdemokraten durchgesetzt. (Archivbild) Foto: dpa/Michael Kappeler

Die Bundesregierung will das deutsche Strafrecht überarbeiten. So soll etwa die Haftstrafe für nicht bezahlte Geldstrafen verkürzt werden. Verschärft wird dagegen das Strafrecht bei Gewalt gegen Frauen oder Homosexuelle.

Wer eine Geldstrafe nicht zahlen kann oder will, soll dafür künftig nicht mehr so lange ins Gefängnis müssen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat das Bundeskabinett an diesem Mittwoch verabschiedet. Doch das ist nicht alles. Es sind noch weitere Änderungen vorgesehen. Die wichtigsten Punkte im Überblick:

 

Ersatzfreiheitsstrafe wird erleichtert

Wer eine Geldstrafe nicht begleicht, kann als Ersatz in Haft genommen werden - so regelt es der Strafrechtsparagraf 43. Geldstrafen werden in Tagessätzen verhängt; dabei entspricht ein Tagessatz dem Betrag, den ein Täter oder eine Täterin rechnerisch pro Tag an Nettoeinkünften zur Verfügung hat. Bei Nichtzahlung gilt bisher, dass ein Tagessatz einem Hafttag entspricht. Dies soll nun halbiert werden: Künftig soll pro zwei verhängten Tagessätzen ein Tag Freiheitsstrafe fällig werden.

Ende Juni dieses Jahres saßen laut Bundesamt für Justiz insgesamt 4411 Menschen in Deutschland eine Ersatzfreiheitsstrafe ab, deutlich mehr als ein Jahr zuvor. Das System ist seit Langem umstritten. Kritiker sehen dadurch vor allem arme Menschen benachteiligt.

Das Bundesjustizministerium räumt ein, dass der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe „in der Regel keinen Beitrag zur Resozialisierung der Betroffenen leisten kann“. Dennoch musste sich Justizminister Marco Buschmann (FDP) zunächst gegen Widerstand von Bundesinnenminister Nancy Faeser (SPD) durchsetzen - sie befürchtete, durch die Reform könne die Zahlungsbereitschaft von zu einer Geldstrafe Verurteilten insgesamt nachlassen.

Neben der geplanten Verkürzung der Haftzeiten soll die Reform auch dafür sorgen, dass die Abwendung der Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit gestärkt wird. Hier halbiert sich die bisher geforderte Stundenzahl. 

Strafzumessung bei Gewalt gegen Frauen und Homosexuelle

Paragraf 46 des Strafgesetzbuchs regelt die „Grundsätze der Strafzumessung“. Hier heißt es unter anderem, dass bei der Entscheidung welche konkrete Strafe verhängt wird, die „Beweggründe und die Ziele des Täters“ berücksichtigt werden sollen - „besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende“. Dieser Teil soll ergänzt werden um „geschlechtsspezifische“ und „gegen die sexuelle Orientierung gerichtete“ Beweggründe.

Es geht dabei zum einen um Gewalt gegen Frauen durch den Partner oder Ex-Partner bis hin zum sogenannten Femizid, also der Tötung der Frau vor dem Hintergrund von Besitz- und Machtfantasien des Partners oder Ex-Partners. Im Jahr 2020 gab es laut Bundeskriminalamt 139 derartige Tötungsdelikte.

Als „geschlechtsspezifisch“ können auch Taten eingestuft werden, die sich gegen Trans- oder Intersexuelle richten. „Gegen die sexuelle Orientierung gerichtete“ Beweggründe wiederum beziehen sich auf Fälle, in denen etwa Hass auf Homosexuelle oder Bisexuelle eine Rolle spielt. Dieser Teil der Reform eröffne „den Gerichten mehr Spielraum, um noch entschiedener gegen das erschreckende Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt und die zunehmende Gewalt gegen LSBTI-Personen vorzugehen“, erklärte Buschmann.

Nicht mehr alle suchtkranken Straftäter therapieren

Straftäter mit einem „Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen“, können laut Strafrechtsparagraf 64 unter bestimmten Voraussetzungen in eine Entziehungsanstalt eingewiesen werden. Buschmann will nun dafür sorgen, dass nur therapiefähige und -willige Täter in solche Kliniken eingewiesen werden. Die Anforderungen an die „Erfolgsaussicht einer Behandlung“ werde erhöht, erklärte das Ministerium.

Gestärkt werden sollen laut dem Entwurf die sogenannten Auflagen und Weisungen im Strafverfahren, um „durch ambulante Maßnahmen positiv auf Straftäter einzuwirken“. Dabei geht es beispielsweise darum, dass eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird mit der Vorgabe, dass der Täter eine Psychotherapie macht. Laut Bundesjustizministerium zeigen aktuelle Studien, dass solche Therapien „tatsächlich rückfallreduzierende Wirkung haben“.