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Im April 2011 tötete ein Geisterfahrer auf der B27 bei Pliezhausen (Kreis Reutlingen) einen Mann.

Tübingen - Weil er als Geisterfahrer einen tödlichen Unfall verursacht hat, wird ein 35-Jähriger vermutlich nie wieder auf freien Fuß kommen. Anklage und Verteidigung waren sich am Dienstag einig, dass der psychisch kranke Mann eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt und kaum Hoffnung auf Besserung besteht.

Der Mann hatte bei seiner Geisterfahrt einen Familienvater getötet

Der Mann war im vergangenen Frühling in falscher Richtung über die Schnellstraße von Reutlingen nach Stuttgart gerast. Als er in das Auto einer Familie krachte, starb der 43-jährige Familienvater - der Täter überlebte schwer verletzt. Doch weshalb der 35-Jährige überhaupt zum Geisterfahrer wurde, dafür hatten Staatsanwaltschaft und Verteidiger ganz unterschiedliche Erklärungen. Es war am 10. April 2011 um kurz vor 10.00 Uhr, als der tödliche Unfall bei Pliezhausen (Kreis Reutlingen) passierte.

Der 43-Jährige war mit seiner Frau und seiner elfjährigen Tochter auf dem Weg zu einem Krankenbesuch in Tübingen. „Es war ein schöner, heller, sonniger Sonntagmorgen“, sagte die Staatsanwältin in ihren Plädoyer vor dem Tübinger Landgericht. Doch dann kam der Familie in einer leichten Rechtskurve plötzlich mit 150 Kilometern pro Stunde der Geisterfahrer entgegen und prallte ungebremst in ihr Auto.

Staatsanwaltschaft unterstellt dem 35-Jährigen Absicht

Die Staatsanwältin ließ keinen Zweifel: Mit voller Absicht sei der Angeklagte in falscher Richtung auf die Schnellstraße gerast. Der 35-Jährige sei psychisch krank und fertig mit der Welt gewesen. Sein einziges Ziel sei gewesen, sich umzubringen. Anders sei es nicht zu erklären, dass er trotz aller Warnhinweise in falscher Richtung auf die vierspurig ausgebaut Bundesstraße 27 fuhr, das Hupen der entgegenkommenden Autos ignorierte und dann voll aufs Gaspedal drückte.

Als ihm das Auto der Familie entgegenkam, habe er sogar noch nach links gelenkt, um den Zusammenstoß zu provozieren. Das sei Mord. Die Anklägerin forderte 15 Jahre Haft, außerdem solle der Angeklagte nach der Haft in Sicherungsverwahrung.

Verteidiger: Mann von Wahnvorstellungen getrieben

Doch der 35-Jährige hatte immer bestritten, vorsätzlich zum Geisterfahrer geworden zu sein. Wochenlang hatte ein psychiatrischer Gutachter versucht, herauszufinden, was damals in seinem Kopf vorgegangen war. Und vieles deute eben darauf hin, dass der 35-Jährige von Wahnvorstellungen getrieben wurde und gar nicht wusste, was er tat, betonte der Verteidiger.

Immer wieder hatte sich der psychisch schwer kranke Mann von der Rockergruppe Hells Angels verfolgt gefühlt. „Er war schlichtweg verrückt“, sagte der Anwalt. Ein kühl kalkulierter Mord sei das nicht gewesen. Doch ob versuchter Selbstmord oder Wahnvorstellungen: Dass der 35-Jährige vermutlich sein Leben lang eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, daran ließ auch sein Verteidiger keinen Zweifel. Er beantragte die Unterbringung seines Mandanten in einer geschlossenen Psychiatrie.

Weil der 35-Jährige als kaum behandelbar gilt, werde er dort sein Leben lang nicht entlassen werden. Das Urteil soll am Donnerstag verkündet werden. Der Familie des 43-jährigen Opfers hilft das alles nicht mehr. „Es wurde eine Welt zerstört“, betonte der Anwalt, der die Ehefrau und die Tochter des Opfers in dem Prozess vertritt. Die 40-jährige Ehefrau berichte immer wieder: „Jeder Tag ist nur noch ein Kampf ums Überleben.“ Diese Strafe für die Familie sei schon jetzt lebenslänglich.