"Keine Vorfestlegungen, keine Gefälligkeitsentscheidungen": Landrat Pauli während der Infoveranstaltung zur Zukunft des Zollernalb-Klinikums. In Geislingen wurde in Sachen Krankenhaus auch Klartext gesprochen. Foto: Maier

Krankenhausdebatte in kleiner Runde in Geislingen. Standort psychologische - und existenzielle Frage.

Geislingen - Ist die Luft raus aus der Diskussion um die Zukunft des Zollernalb-Klinikums? Man hätte es meinen können angesichts der nur rund 30 Leute, die am Mittwochabend zur Infoveranstaltung nach Geislingen ins Bürgerhaus "Harmonie" kamen. In dieser kleinen Runde wurde indes Klartext geredet.

Nach der Vorstellung der Ergebnisse des Gutachtens zur möglichen Klinik-Zukunft durch Ivo Koch vom Tübinger Büro Teamplan mit dem bereits bekannten Tenor ("Langfristig sind positive Zahlen nur mit einem neuen Zentralklinikum möglich") und dem Plädoyer von Michael Bitzer, des Ärztlichen Direktors des Klinikums ("Ein Zentralklinikum ist aus medizinischer Sicht die einzig sinnvolle Option") gab Christoph Heneka, Finanzdezernent des Landkreises, ehrliche Antworten auf Fragen nach dem Geld, das ein solches Projekt kosten würde.

"In sieben Jahren ist in Albstadt tutti"

So sagte Heneka, dass ein Zentralklinikum auf der "grünen Wiese" realistischerweise "erheblich teurer" werden würde als die von Teamplan prognostizierten 173 Millionen Euro. Diese Summe sei aufgrund der heutigen Baupreise zwar seriös kalkuliert; verschiebe sich der Baubeginn indes um zehn Jahre – was aufgrund der noch andauernden Diskussion und der sich möglicherweise an einen entsprechenden Beschluss anschließenden Planungsphase durchaus realistisch sei –, dann erreiche man locker 200 Millionen. Darin freilich noch nicht enthalten sind die Kosten für das Baugrundstück, für Straßen, für sonstige Infrastruktur.

Heneka machte zudem deutlich, dass durchaus noch Zeit für Debatten sei, der Kreistag aber bis zu einer Entscheidung auch nicht "trödeln" dürfe: Noch etwa sieben Jahre könne man das Albstädter Krankenhaus betreiben, ohne modernisieren zu müssen – dann aber sei es aufgrund der Anforderungen an einen solchen Klinikbau nicht mehr betriebsfähig, dann sei in Albstadt "tutti". Landrat Günther-Martin Pauli zuckte bei dieser Aussage und kniff die Augen zusammen, als wolle er seinen Dezernenten von weiterem Klartext per mentaler Beeinflussung abhalten.

Angesprochen wurde ebenso die Frage des möglichen Standorts. Pauli betonte, dass noch keine Entscheidung gefallen sei, so wie es überhaupt "keine Vorfestlegungen" gebe und auch keine "Gefälligkeitsentscheidungen" geben werde. Sollte sich der Kreistag für den Bau eines Zentralklinikums aussprechen, dann sei klar, dass das neue Krankenhaus "weder nach Hörschwag noch nach Bittelbronn" kommen werde. Im Gespräch ist, wie berichtet, ein Areal nahe Dürrwangen und damit an der Gemarkungsgrenze zwischen Balingen und Albstadt, verkehrsgünstig an der Bundesstraße 463 gelegen.

Wie bedeutend – und letztlich existenziell – die Standortfrage ist, verdeutlichte der Ärztliche Direktor Bitzer anhand der Erfahrungen nach der Schließung des Hechinger Hauses: Rund 3000 Patienten aus dem dortigen Mittelbereich kehrten dem Klinikum den Rücken, gingen lieber in andere Krankenhäuser, etwa nach Tübingen. Für das Zollernalb-Klinikum seien diese gesunkenen Fallzahlen bis heute ein enormes finanzielles Problem.

Zentral in Balingen? "Das kostet uns den Kopf"

Ein solches Szenario müsse im Fall eines neuen Zentralklinikums unbedingt verhindert werden, sagte Bitzer: Gerade für die Albstädter sei es psychologisch enorm wichtig, dass sie ein neues Klinikum auch als "ihr Krankenhaus" begriffen, so Bitzer. 5000 Patienten kommen jährlich allein aus der größten Stadt des Zollernalbkreises. Blieben diese weg, und das über einen längeren Zeitraum, dann, so Bitzer, "kostet uns das den Kopf". Die für den Fall einer ebenfalls diskutierten Zentralisierung in Balingen befürchteten Fallzahlenverluste aus dem Raum Albstadt sind für die Gutachter ein entscheidendes Argument dafür, genau diese Variante erst gar nicht ins Auge zu fassen: Die Verluste wären laut dem Gutachten so enorm, dass das Klinikum nicht zu retten wäre, sagte Ivo Koch. 5000 Fälle weniger bedeuteten laut Christoph Heneka stolze 16 Millionen Euro geringere Einnahmen.

Im Raum Albstadt/Großer Heuberg soll es laut Landrat Pauli eine weitere Bürgerinfoveranstaltung geben. Ein Termin steht noch nicht fest. Der Kreistag wird sich in der Sitzung Mitte Juni mit dem weiteren Vorgehen in Sachen Klinikum beschäftigen.