Foto: Schnurr Foto: Schwarzwälder Bote

Abwässer aus Binsdorf und Erlaheim sollen künftig in Balingen gereinigt werden

Die Zeiten dezentraler Abwasserreinigung sind lange vorbei. Der Trend geht seit vielen Jahren zu weniger, aber dafür größeren Klärwerken. Auch die Anlage zwischen Binsdorf und Erlaheim soll mittelfristig stillgelegt werden.

Geislingen. Die Zahl von Kläranlagen in Baden-Württemberg ist allein zwischen 2012 und 2017 von 961 auf 908 gesunken. Ein Grund: Kleine, kommunale Einrichtungen können nur mit hohen Investitionen auf dem aktuellen, technischen Stand der Abwasserreinigung gehalten werden. Günstiger als eine Modernisierung, die oft notwendig ist, um eine weitere Betriebserlaubnis zu erhalten, ist in vielen Fällen der Anschluss der örtlichen Kanalisation an die nächste große Kläranlage.

Vor dieser Entscheidung stand jetzt die Stadt Geislingen für ihr Klärwerk im Unteren Tal, nahe der Keinbachmühle: Dessen befristete Betriebserlaubnis läuft Ende 2020 aus. In der Sitzung am Mittwoch hat der Gemeinderat darüber gesprochen, wie danach mit den Abwässern von knapp 2000 Einwohnern aus Binsdorf und Erlaheim verfahren werden soll.

Im Auftrag der Stadt hatte das Büro Götzelmann ein Gutachten erstellt, das die Möglichkeiten aufzeigt. Im Wesentlichen bestehen diese in der Alternative "ertüchtigen oder stilllegen".

Geschäftsführer Joachim Hölle erinnerte daran, dass die Anlage zwischen Binsdorf und Erlaheim vom Landratsamt ohnehin nur geduldet sei: Aufgrund der Zahl der angeschlossenen Haushalte wäre eine Klärleistung von 33 Litern pro Sekunde gefordert, die Anlage schafft aber maximal 26 Liter.

Der Ingenieur erläuterte dem Gremium die möglichen Varianten, die das Gutachten aufzeigt. Variante 1 wäre eine Modernisierung der 1975 gebauten Anlage. Dabei würde unter anderem nicht nur eine Sanierung des "radikal überlasteten" Nachklärbeckens erforderlich, sondern gleich der Bau eines zweiten solchen Beckens.

Variante 2 wäre eine Stilllegung der Kläranlage am Keinbach und deren Umbau zu einem Pumpwerk. Die Abwässer der beiden Teilorte würden dann über eine neue Druckleitung bis nach Geislingen befördert und flössen von dort in das große Balinger Klärwerk. Dies könnte entweder über eine Leitung bis zur Geislinger Weiherhalde erfolgen, oder aber bis zu einem Punkt an der L 415. Letzteres bietet sich an, weil auch die Nachbarstadt Rosenfeld ihre Kläranlage nach Balingen anschließen möchte – und die Leitungstrasse würde vom Stunzachtal her entlang der Landesstraße verlaufen.

Aus technischen und wirtschaftlichen Gründen ist ein Anschluss Binsdorfs und Erlaheims nach Gruol nicht sinnvoll, wie Hölle erläuterte: Das dortige Pumpwerk leistet lediglich 16 Liter pro Sekunde. Außerdem seien die erst vor acht Jahren verlegten Leitungen von Gruol nach Haigerloch zu klein dimensioniert. Man müsste also nicht nur ein stärkeres Pumpwerk bauen, sondern mehr als sieben Kilometer neue Leitungen.

Preislich lägen die in Frage kommenden Varianten relativ nahe beieinander – mit Kosten von jeweils mehr als drei Millionen Euro. Im Unterschied zu einer Ertüchtigung gibt es für die Stilllegung und Anbindung nach Balingen aber vom Land 30 bis 80 Prozent Zuschüsse. Auch Gründe wie steigender Personalbedarf, mögliche höhere Anforderungen an die Reinigungsleistung der Kläranlage sowie eine Berechnung der langfristigen Kosten sprechen für die zweite Variante. Die Stadt Geislingen will nach dem Gemeinderatsbeschluss daher nun konkrete Gespräche mit dem Zweckverband Abwasserreinigung Balingen über einen Beitritt Binsdorfs und Erlaheims aufnehmen.