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Instandsetzung des denkmalgeschützten Binsdorfer Pfarrhauses wird lange dauern und viel Geld kosten

Es ist eine schlanke Mappe von 45 Seiten. Doch der Inhalt des Berichts über die Schäden am ehemaligen Binsdorfer Kloster lastet schwer auf der katholischen Kirchengemeinde.

Geislingen-Binsdorf. Dass es viel zu tun geben würde, war bereits vorher klar gewesen: Wassereinbrüche im Keller, Löcher im Boden, Risse im Putz, morsche Balken unterm Dach, Nachholbedarf beim Brandschutz – die Liste der Mängel und dadurch notwendigen Renovierungen ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen.

Um zu ergründen, was in dem 1686 fertiggestellten Gebäude neben der Kirche St. Markus alles denkmalschutzgerecht saniert werden muss, um es wieder sicher und effizient zu nutzen, hat die Gemeinde eine Reihe von Untersuchungen in Auftrag gegeben. Die jüngste, jetzt vorliegende Analyse ist schlimm ausgefallen: "Das Ausmaß der Schäden, insbesondere an tragenden Holzbauteilen, macht es erforderlich, dass geeignete Maßnahmen zur Ertüchtigung des Holztragwerks ergriffen werden", lautet der zentrale Satz der Bewertung des Holzsachverständigen Robert Ott.

Im Februar hat der Fachmann für Holzschäden und -schutz an drei Terminen das Gebälk des heute als Pfarr- und Gemeindehaus genutzten Gebäudes untersucht. Was er herausgefunden hat, liest sich wie eine Serie von Hiobsbotschaften. Insbesondere die zahlreichen Schadstellen an tragenden Gebäudeteilen durch Pilze und Holzkäfer als Folge von Jahrhunderten Feuchtigkeit im Gebäude werden aufwändige Reparaturen erfordern.

Im Keller hat Ott beispielsweise an den auf der Mauer aufliegenden, die Decke tragenden Holzbalken vielfach Schäden durch Schwammpilze sowie den Trotzkopf und andere Nagekäfer festgestellt. In mehreren der unterirdischen Räume seien "kaum mehr tragende Holzbauteile" zu finden.

Im Erdgeschoss zeigen sich im Boden, in Wänden und Decken Käferbefall und Zerfall durch Braunfäulepilze. Dies betrachtet der Fachmann zumindest teilweise als Ursache der erkennbaren Setzungen im Bauwerk.

Festgestellte Schäden an Balkenköpfen und Mauerschwellen im Obergeschoss hätten ihren Ursprung vermutlich in der Feuchtigkeit von Holz und Mauerwerk zur Bauzeit. Auch dort zeigen sich umfangreiche Schäden infolge holzzerstörender Pilze.

Besonders schlimm sieht es unterm Dach aus: Auf der Westseite ist mindestens die Hälfte der Lager schadhaft; ebenso sind Dachbalkenköpfe, Sparrenfußpunkte, Längsverbandshölzer, Stuhlschwellen und -streben von Pilzen und Käferfraß betroffen. Diese Schäden stammen laut Gutachter überwiegend aus der Zeit, bevor die abdichtende Unterspannbahn eingebaut wurde: "Ursächlich für die Holzschäden (...) waren langfristig bestehende Undichtigkeiten der Dacheindeckung."

Damit aber nicht genug: Die Untersuchung von Holz- und Staubproben aus dem Dachboden des Pfarrhauses durch die Materialprüfanstalt Eberswalde hat hohe Belastungen mit Giftstoffen ergeben. Dabei handelt es sich um das gesundheitsschädliche Fungizid Pentachlorphenol und das krebserregende Holzschutzmittel Lindan.

Entsetzen sei ihre erste Reaktion auf diesen Bericht gewesen, sagt Helga Gambach, die stellvertretende Vorsitzende des Kirchengemeinderats. Wie es jetzt weitergeht, lasse sich noch nicht abschätzen. Nur soviel sei sicher: "Es wird schwierig."

Beispielsweise die Sanierung des Dachstuhls: Wegen der Schadstoffbelastung müssen alle Arbeiten mit Schutzkleidung ausgeführt werden. Der Dachboden muss fachgerecht entstaubt und belastete Bauteile müssen schutzbeschichtet oder entfernt werden.

Eingeschränkte Nutzung

Die anfallenden Holzreste müssen in Entsorgungscontainern gesammelt werden. Während der Sanierung des Tragwerks kann das Gebäude nur eingeschränkt genutzt werden.

Die Nagekäfer im Keller und in der Decke darüber müssen mit dem Insektizid Sulfuryldifluorid bekämpft werden, das als Gas in die Räume geleitet wird und dann mindestens 72 Stunden lang einwirkt. Während dieser Zeit darf niemand im Gebäude sein – Markusheim und Pfarramt sind solange nicht zu benutzen.

Detailliert wird der Sachverständigenbericht in der nächsten Sitzung des Kirchengemeinderats am Donnerstag, 20. Juli, besprochen werden. Die nächsten Schritte kann man absehen, wenn weitere Gutachten – etwa zur Restaurierung der Stuckdecke und zu den Steinmetzarbeiten – sowie der Bericht des Architekten und Bauforschers Stefan Blum vorliegen.

Alle Arbeiten müssen in enger Abstimmung mit Diözese und Denkmalschutzamt geplant werden. Frühestens 2018 könne man sich an die Ausschreibungen machen. Vorher müsse man genau planen, was gemacht werde, um die nötigen Zuschüsse erhalten zu können, "und vor 2019 geht garantiert nichts. Das ist eine Baumaßnahme, die sich über zehn Jahre hinziehen wird", schätzt Helga Gambach nach ersten Gesprächen mit dem Diözesan-Baumeister.

Sicher ist auch: Die aufwändige Sanierung und Restaurierung des 331 Jahren alten Bauwerks wird mehrere Millionen Euro kosten – die genaue Summe wäre im Moment aber Spekulation. Die Sanierung erfordert spezielle Fachkräfte, und die müssen bezahlt werden. Eigenleistungen können Gemeindemitglieder allenfalls bei Handlangertätigkeiten erbringen.

 Geplant ist ein Infotag für die Binsdorfer im Herbst oder Winter, wenn alle Gutachten und Pläne vorliegen.