Momodou Jallow spielt mit einem der Binsdorfer Kindergartenkinder Karten. Foto: Schnurr Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: Der 23-jährige Gambier arbeitet als "Bufdi" im Binsdorfer Kindergarten / Hoffnung auf einen Ausbildungsplatz

Geislingen-Binsdorf. In einem Raum der Binsdorfer Kindertagesstätte "Regenbogen" sitzt Momodou Jallow, genannt "Momo", mit einem der größeren Jungen an einem Tisch. Sie legen Uno-Karten auf den Tisch – und Momo verliert. Laut jubelnd springt das Kind auf. Momo freut sich mit ihm, gemeinsam lachen sie. Schon drängelt der nächste Dreikäsehoch um die Aufmerksamkeit des Erwachsenen und will etwas bauen.

Besuchern der Kita fällt der junge Betreuer sofort auf: Nicht nur ist er der einzige Mann dort, auch seine dunkle Haut macht ihn inmitten der hellhäutigen Kinder und Erzieherinnen zum Blickfang. Doch für die Binsdorfer Kinder hingegen ist Momo nichts Ungewohntes mehr. Längst ist er für sie ein geschätzter Spielkamerad geworden.

Seit 2017 hält sich der junge Gambier in Deutschland auf. Über seinen Weg hierher möchte er im fröhlichen Rahmen der Kita nichts erzählen: "Wie sagt man? Das ist eine lange Geschichte."

Eines aber merkt man schnell: Er hat einen guten Draht zu den Kindern. Seine Begeisterung für die Arbeit mit ihnen ist nicht nur zu spüren, er fasst sie auch in Worte: "Mir macht es hier immer Spaß. Man kann von den Kindern lernen – und sie umgekehrt von mir."

Jallow ist am vergangenen Donnerstag 23 Jahre alt geworden. An einem College in seinem Heimatland hatte er begonnen, den Lehrerberuf zu erlernen. Vor diesem Hintergrund lag es nahe, dass er auch in Deutschland etwas im Bildungsbereich machen könnte, als im Rahmen der Integration eine Tätigkeit für ihn gesucht wurde.

Die Sozialarbeiterin Irmgard Kolbe aus Ratshausen, wo Momo anfangs wohnte, kannte den Geislinger Flüchtlingsbeauftragten Hubert Gulde. Dieser Kontakt brachte den jungen Gambier zuerst zum katholischen Kindergarten St. Michael, wo Jallow im Sommer 2017 ein erstes Praktikum absolvierte.

Ein zweites folgte im vergangenen Jahr in der städtischen Kita "Pusteblume". Deren Leiterin Katja Ruoff hat ihn schließlich an die Kita "Regenbogen" in Binsdorf weiterempfohlen. In dem Geislinger Stadtteil hat der junge Mann bereits seit April 2018 eine kleine Wohnung.

Seit Mitte Oktober leistet er in Binsdorf nun ein Bundesfreiwilligenjahr (BFD). Die Genehmigung dafür zu bekommen sei ein bürokratischer Kraftakt gewesen, berichtet die Kita-Leiterin Tanja Schick. Von seinem Einsatz in der Betreuungseinrichtung ist sie begeistert: Momo sei sehr pflicht- und verantwortungsbewusst und könne gut auf die Kinder eingehen. In der Kita sei er zur unverzichtbaren Hilfe geworden. Vor allem aber: "Die Kinder lieben ihn." Insbesondere zu den älteren Jungen habe er einen guten Draht: "Die großen Jungs genießen es, dass ein Mann in der Einrichtung ist."

Es sind weniger Männer in Deutschland, die mit kleinen Kindern arbeiten, hat Jallow früh festgestellt. Doch für ihn selbst gebe es keine geschlechtsspezifischen Berufe, sagt er. "Die Hauptsache ist: Ich liebe Kinder", betont er.

Eigentlich wollte er deshalb eine Ausbildung als Erzieher beginnen. Doch von diesem Plan ist er abgerückt, weil er die Sprache noch nicht so gut beherrsche, wie er findet: "Ich muss noch einmal einen Deutschkurs machen."

Aber einen Ausbildungsplatz sucht er trotzdem. Das ist für ihn eine existenzielle Frage. Denn bislang hat Momo Jallow kein dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland. Falls er eine Lehre beginne, würde das seine Aussichten erhöhen, hier bleiben zu dürfen, hofft er: "Ich brauche die Ausbildung, um Sicherheit zu haben", sagt er.

Bislang habe er sich bei fünf Firmen beworben, aber noch keine Antwort erhalten. Er wisse daher noch nicht, was er nach dem Ende des BFD im September machen werde.

Von morgens 7 Uhr bis nachmittags um 16 Uhr arbeitet Momo derzeit in der Kita. Er spielt mit den Kindern, baut, bastelt oder hilft ihnen beim Turnen. Nach Feierabend trainiert er oft in einem Balinger Fitness-Studio, geht Spazieren oder sucht Unterhaltung im Internet.

Kontakt zu seiner Familie in Gambia hat er selten: Seine Eltern leben im Dorf Kerr Cherno auf dem Land, wo sie nur sporadisch ins Internet können. "Das ist nicht wie hier."

Seinen Spitznamen "Momo" hat er von den Verwandten bekommen, aber inzwischen sagen auch die Binsdorfer so zu ihm. Das andersartige Aussehen des Bufdis sei rasch kein Thema gewesen, berichtet Tanja Schick. Auch zu den kleinsten Kindern habe Momo schnell Kontakt. Auch von den Binsdorfer Eltern werde er wahr- und angenommen.

Er fühle sich wohl, solange er in der Kita sein könne, erzählt Momo. Alleine zuhause habe er viele "negative thoughts", habe Heimweh nach seiner Familie, und mache sich Sorgen um seine Zukunft. Anders, wenn er bei den Kindern ist: "Dann vergesse ich alles, bin ganz hier und nutze meine Zeit." Als Betreuer denke er nichts Negatives, lasse die Traurigkeit zurück – "less stress", sagt er und lächelt.