Die Zelebranten und Ministranten verlassen die Kirche. Im Hintergrund ist das mit einem Tuch verhangene Kreuz zu sehen. Foto: Deregowski Foto: Schwarzwälder Bote

Religion: Eucharistiefeier in der St.-Ulrich-Kirche am Gründonnerstag / Kirchenchor singt Michael Haydn-Werk

Mit einer Eucharistiefeier und einer Ölbergandacht sind die Christen der Seelsorgeeinheit Am kleinen Heuberg in der St.-Ulrich-Kirche in Geislingen am Gründonnerstag in die Kartage gestartet.

Geislingen. Während der Abend dämmerte und die Fenster von St. Ulrich in blauem Licht erstrahlen ließ, nahmen immer mehr Gläubige auf den Kirchenbänken Platz. Gespanntes Warten. Dann war es so weit: Die Zelebranten schritten ein. Weihrauch und Orgelspiel begleiteten sie.

Der Gründonnerstag markiert den Beginn der letzten drei österlichen Tage, die an das Leiden, den Tod und die Auferstehung Jesu erinnern. Die Eucharistiefeier an diesem Abend markiert den Anfang und erinnert an das letzte Abendmahl.

"Jesus tut immer das Falsche, das macht ihn anscheinend aus", sagte Pater Augusty Kollamkunnel in seiner Predigt. Er sitzt mit Sündern am Tisch, umgibt sich mit Ehebrechern und Dirnen, heilt am Sabbat. Und er wählt die falschen Leute aus: Petrus verleugnet ihn, Judas verrät ihn, die Jünger lassen ihn im Stich.

"Hat er keine Strategie?", fragte Kollamkunnel und gab die Antwort: "Doch. Die Strategie der Liebe." Durch sie, dass er sich nicht von den Erwartungen der Menschen zähmen lasse und dass er sein Handeln nach dem ausrichte, was Gott im gegenwärtigen Augenblick vom ihn fordere, handle er richtig. "Jesus agiert so überraschend, dass er Widerspruch erzeugt."

Pater Augusty ging weiter auf den christlichen Glauben ein, der nicht immer gut bei den Menschen angekommen sei. So seien im vergangenen Jahr 32 Personen aus der Seelsorgeeinheit ausgetreten. "Macht unsere Kirche alles falsch?", fragte er erneut. Nicht aus seiner Sicht: Die Kirche bewirke viel Gutes, nur werde darüber nicht geredet. Erst Fehler fänden den Weg in die Schlagzeilen. Er vermutete: "Vielleicht erlebt die Kirche eine dunkle Zeit."

Trotzdem sei er voller Hoffnung, dass es nur besser werden könne, und rief dazu auf, Fehler zu vergeben, Mitmenschen mit Liebe zu begegnen und sich aktiv in der Kirche zu beteiligen. Der verheerende Brand in Notre-Dame von Paris sei für die christliche Kirche die Chance, den Glauben in die Welt zu bringen, meinte Pater Augusty.

Der Kirchenchor umrahmte die Eucharistiefeier mit der "Missa brevis à tre voci" von Michael Haydn und fügte darüber hinaus die Motette "Ave verum corpus" aus der Feder von Wolfgang Amadeus Mozart ein.

Zur Ölbergandacht gingen nahezu alle Lichter in St. Ulrich aus. Die Gemeinde lauschte Lesungen, betete und sang gemeinsam im Halbdunkeln und ging anschließend hinaus in die milde Frühlingsnacht.