Rose, geborene Schlaich, im Garten ihres Geislinger Elternhauses in der Biergartenstraße 5; auf den jähen Rummel um ihre Person legt die heute 71-Jährige keinen Wert. Foto: www.nicofritz.com

Sammler aus Aichtal ersteht Kamera mit alten Aufnahmen aus Geislingen darin.

Geislingen - Ein jahrzehntealtes Foto knüpft eine Verbindung von Geislingen nach Aichtal: Der Sammler Nico Fritz hat in einem alten Fotoapparat historische Aufnahmen aus der Sonnenstadt entdeckt.

An einem Sonntag im Mai 2017 besuchte Nico Fritz aus Aichtal-Neuenhaus wieder einmal den Flohmarkt auf dem Tübinger Festplatz. Alle zwei Wochen fährt der gelernte Heizungsbauer dorthin, häufig auf der Suche nach alten Kameras für seine persönliche Sammlung

Von einer Frau Mitte 50, erinnert sich Fritz, habe er damals eine alte Voigtländer Brillant gekauft. Er stellte die ungewöhnliche, "zweiäugige" Spiegelreflex zu den anderen 50 oder 60 Fotoapparaten in seinem Besitz – und dort blieb sie erstmal monatelang.

Erst vor kurzem nahm der 32-jährige Hobbyfotograf die Kamera wieder in die Hand und entdeckte dabei, dass noch ein Mittelformatfilm darin steckte. Zwar hätte er die belichteten Aufnahmen auch selbst entwickeln können – Fritz verwendet für seine eigenen Aufnahmen häufig analoge Kameras und kennt sich entsprechend gut aus – aber weil seine Freizeit kostbar ist, gab er den alten Rollfilm, neugierig geworden, einfach bei einem Drogeriemarkt ab.

Mit Freude stellte der Fotofreund beim Abholen fest, dass trotz der Jahrzehnte in der Kamera noch drei von zwölf der sechs mal sechs Zentimeter großen Aufnahmen in der Kamera brauchbar gewesen waren. Zwei davon zeigten ein etwa zehnjähriges Mädchen mit der Kleider- und Frisurenmode der 1950er-Jahre, eines eine markante Kirche mit breiter Treppe zum Haupteingang.

Doch wo waren die Aufnahmen entstanden, und wer war darauf zu sehen? Fritz scannte die Bilder ein und lud sie in eine Facebook-Gruppe "Personen Suche, weltweit" hoch.

Von dort aus zogen sie rasch digitale Kreise, wurden mehrfach weitergeleitet, unter anderem durch den Geislinger Bürgermeister, und landeten schließlich auch auf dem Bildschirm der Geislingerin Gerda Flieg: "Die kenn’ ich. Das ist meine Verwandte", stellte sie fest. Das Mädchen auf den Fotos war Rose, die Tochter von Fliegs Großtante Anna Schlaich. Und die Geislinger Kirche St. Ulrich wurde wohl aus einem Obergeschoss ihres Elternhauses in der Biergartenstraße 5 geknipst.

Die heute 71-Jährige lebt inzwischen in Frommern und ist nicht bei Facebook angemeldet. Ihre Kusine Gerda berichtete ihr aber von dem jähen Interesse im Internet – und auch davon, dass sich Nico Fritz und Bürgermeister Oliver Schmid gerne mit ihr treffen wollten.

Eine solche Begegnung wünscht Rose, geborene Schlaich, aus persönlichen Gründen jedoch nicht. Genausowenig sagt ihr der Rummel um ihre Person zu, von dem sie geradezu überrollt worden ist: Nachdem die Kindheitsfotos im Internet kursierten, berichteten Rundfunk, Online- und Print-Medien. Sogar mehrere Fernsehsender sind in den vergangenen Tagen für Aufnahmen nach Geislingen und zu Nico Fritz nach Aichtal gekommen. Das sei eigentlich eine schöne Geschichte, sagt sie, aber ihr sei das im Moment alles zuviel.

Die Fotos aus ihrer Kindheit sollen trotzdem zu Rose gelangen: Falls deren Finder, wie geplant, demnächst als Gast ins Geislinger Rathaus kommt, will er sie Gerda Flieg weitergeben. Wer allerdings vor gut 60 Jahren die Fotoaufnahmen der jungen Geislingerin gemacht hat, warum die Bilder jahrzehntelang nicht entwickelt wurden, und auf welchen Wegen die Kamera auf den Tübinger Flohmarkt gelangte – das ist bisher ungeklärt.