Sie freuen sich darüber, dass über das Alter des Binsdorfer Fasnetsbutz jetzt Gewissheit herrscht (von links): Andreas Schreijäg, Michael Schneider (im historischen Kostüm), Ferdinand Eissler (in der Kopie) und Roland Schneider. Entstanden sind die Maske und das dazugehörige Kleidle laut einer Expertenexpertisse zwischen 1780 und 1785. Fotos: Schnurr Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimatgeschichte: Maske des Binsdorfer Häs’ stammt aus dem 18. Jahrhundert / Das Original bleibt jetzt im Schrank

Die Maske ist mehrfach übermalt, das Kleidle aus grobem Webstoff vielfach geflickt – und das Häs des Binsdorfer Fasnetsbutz einzigartig. Jetzt ist Gewissheit: Die hölzerne Larve stammt aus dem späten 18. Jahrhundert.

 

Geislingen-Binsdorf. Der Butz ist damit nachweislich die älteste noch existierende Figur der "Beisdorfer Fasnet". "Vermutet haben wir das schon vorher -– jetzt ist die Gewissheit da", freut sich Michael Schneider. Seiner Familie gehört das Häs – mindestens in der vierten Generation.

Sein Vater Roland Schneider hat die Maske von seinem Großvater Matthias Niggel geerbt. Er erinnert sich: Bis in die 1950er- und 1960er-Jahren haben Binsdorfer Einwohner das Butzhäs von der Familie ausgeliehen, um damit im Ort zu jucken. Als aber seinerzeit ein Narr betrunken mit dem historischen Häs stürzte, verschloss es seine Mutter Margarete auf der Bühne und gab es nicht mehr heraus.

Erst 1989 holte Schneider das Häs wieder aus dem "Kasten". Seither ist die "Alt Beisdorfer Fasnet" mit Butz, Bauer und Strohbär wieder aktiv. Die insgesamt 25 einzigartigen, historischen Masken aus dem 18. Jahrhundert bis in die 1950er-Jahre sind nur beim Binsdorfer Umzug sowie beim Fasnetstreiben am Schmotzigen im Ort zu sehen.

Seit mindestens 15 Jahren habe man gerätselt, wie alt die Maske ist, so Schneider. Die Binsdorfer Heimatforscher Stephan und Andreas Schreijäg hatten schon früh Kontakt zum bekannten Volkskundler Werner Mezger. Jener konnte die Maske aber nicht genau datieren.

Darum luden sie 2005 den Brauchtumsforscher Wolf Wager nach Binsdorf ein. "Der war sehr angetan von den Butz- und Bauernmasken", erinnert sich Andreas Schreijäg. "Der Butz sei einzigartig, ein wahrer Schatz." Wager datierte die Maske aufs späte 18. oder frühe 19. Jahrhundert. Doch weiter blieb ungewiss, wie alt das Häs tatsächlich ist.

Deshalb nahm Michael Schneider Kontakt mit dem Schömberger Rudolf Schmidberger auf, der 2008 die alte Butzmaske kopiert hat. Über mehrere Stationen und Empfehlungen erfuhr schließlich Erich Buff, Restaurator aus Bingen bei Sigmaringen, von der historischen Larve. Dieser besuchte Binsdorf im Dezember 2015, schaute sich die Maske an und nahm sie schließlich zur genaueren Untersuchung mit.

Gemeinsam mit den Schneiders überlegte er, welches Verfahren man zur Altersbestimmung verwenden sollte. Rasch ausgeschlossen war der Beschuss des Häs’ mit einem Laser – bei 1000 Euro je Schuss ein unerschwinglicher Luxus für Michael Schneider, der die Analyse aus eigener Tasche bezahlt hat.

Doch die Untersuchung der einzelnen Schichten der Maske erbrachte schließlich ebenfalls Ergebnisse. Am 11. Februar dieses Jahres, kurz vor der Fasnet, brachte Buff die Maske zurück – und eine neunseitige Expertise mit.

Fünf Farbschichten, das zeigt die Analyse mit Lupe, Mikroskop und UV-Licht, wurden im Lauf der Jahrhunderte auf die Maske aufgetragen. Die älteste ließ sich anhand der verwendeten Farbpigmente auf Kreidebasis relativ genau bestimmen. Auch der Stoff des Kleidles, seine Webung und die Dicke des verwendeten Fadens gaben Hinweise zur Datierung. Zwischen 1780 und 1785, im späten Rokoko, wurde die Larve aus Lindenholz geschnitzt und bemalt, ergab die Untersuchung. Sie ist also rund 240 Jahre alt.

Jetzt haben die Schneiders, der Binsdorfer Fasnetsforscher Andreas Schreijäg und die anderen "Alt Beisdorfer" Gewissheit: "Der Fasnetsbutz ist ein alter Schatz."

Die historische Maske mit dem alten Häs darf deshalb bei Umzügen nicht mehr getragen werden – die Gegenstände sind schlicht zu kostbar. Michael Schneider legt stattdessen die Maske an, die Rudolf Schmidberger 2008 angefertigt hat, und seit 2014 auch eine Nachbildung des Kleidles.

Einen Häsmaler zu finden war anfangs schwer – bis Schneider auf Jörg Schlenker aus VS-Schwenningen traf, der die historische Bemalung eins zu eins nachbildete. Klar war: Es musste wie beim Original Öl- und nicht Textilfarbe sein, "sonst hätte das Häs den Charakter verloren", findet Schneider.

Das Ziel aller Mühen ist für ihn und die rund 40 Beteiligten der "Alt Beisdorfer Fasnet" klar: Es geht darum, die lange Fasnetstradition in Binsdorf für die nächste Generation zu bewahren. Und deshalb wird auch 2018 der Fasnetsbutz wieder durch den Ort ziehen – auch wenn Larve und Kleidle nur noch Kopien des historischen Häs’ sind.