Die Geislinger Bauernkapelle gibt es mit zwei Unterbrechungen seit Anfang der 1960er-Jahre. Foto: Kapelle Foto: Schwarzwälder Bote

Unterhaltung: Die Bauernkapelle des Musikvereins hat sich der anspruchsvollen Blasmusik verschrieben

Fast 60 Jahre gibt es die Geislinger Bauernkapelle. Die Musiker aus den Reihen des Musikvereins haben sich ganz der Unterhaltung mit traditioneller Blasmusik verschrieben.

Geislingen. Mitte der 1950er-Jahre begann die große Zeit von Ernst Mosch und den Egerländer Musikanten. Sie machten die böhmisch-mährische Blasmusik in Deutschland populär. Auch am Musikverein Geislingen ging das nicht spurlos vorbei: Ab etwa 1957 spielte auch das Orchester die typischen Polkas, Märsche und Walzer.

Anlässlich des 40-jährigen Vereinsbestehens wurde 1962 die Bauernkapelle gegründet. Ihr Ziel war von Anfang an, zur Unterhaltung bei Festen aufzuspielen und den Verein um eine Gruppe mit kleinerer Besetzung zu ergänzen.

Unter der Leitung von Julius Schneider kamen in der Kapelle die besten, engagiertesten und am fleißigsten übenden Musiker zusammen. Das gelte noch heute, wie Schneiders Sohn Stefan berichtet: "Wir sind der harte Kern, diejenigen, die diese Musik wirklich leben."

Das Konzept der grundsätzlich mit Lederhose, Hemd und Hut auftretenden Musiker fand Anklang: Bald spielte die Bauernkapelle bei vielen Veranstaltungen in Geislingen – nicht zuletzt im "Rössle"-Saal – und wurde auch für Auftritte in anderen Orten engagiert.

"Damals hat es kaum Formationen dieser Güte gegeben", sagt Dietmar Müller, der 27 Jahre lang Vorsitzender des Musikvereins gewesen ist. Aus dieser Glanzzeit stammt auch eine Schallplatten-Aufnahme: 1969 erschien eine Vinyl-Single mit zwei Stücken, auf der die Interpreten kurioserweise "Julius Schneider und seine Dorfmusikanten" genannt wurden.

Anfang der 1970er-Jahre ließ die Aktivität aber nach. Viele der Musiker waren inzwischen selbständig und mussten sich um ihre Unternehmen kümmern. Die Bauernkapelle pausierte.

Personelle Wechsel

Doch Ende jenes Jahrzehnts übernahmen junge Musiker von ihren Vätern die Notenmappen – und teilweise auch die Lederhosen. In den 80er- und 90er-Jahren war die verjüngte Kapelle viel unterwegs und spielte teilweise in riesigen Festzelten. "Wir waren schon nicht schlecht – so wie heute auch", erinnert sich Schneider, der bis 1992 dabei gewesen ist und 2013 wieder zum Instrument griff.

Einen personellen Einschnitt stellte die Gründung der Seniorenkapelle dar. Sie bestand vor allem aus Musikern, die zuvor von Anfang an in der Bauernkapelle gespielt hatten und nun wechselten – das bedeutete eine erneute Pause für diese Gruppe. In der Folge musizierten die Senioren mehr als ein Jahrzehnt lang gemeinsam; am 29. Juni 2012 war altersbedingt Schluss.

Die vier Musiker, die weiter spielen wollten, und der damalige Vorsitzende Dietmar Müller kamen im Oktober des gleichen Jahres zusammen. Müller regte an, ehemals Aktive zum Mitmachen einzuladen. So entstand die dritte Inkarnation der Geislinger Bauernkapelle.

Heute besteht diese aus 18 Musikern zwischen 19 und 77 Jahren. Die Proben leitet seit Anfang 2018 Simon Joos.

Im Lauf der Jahrzehnte gab es personelle Wechsel. Was sich nicht geändert hat ist die Besetzung: Seit jeher spielt die Kapelle in der von Ernst Mosch etablierten Besetzung von drei B- und einer Es-Klarinette, fünf Flügelhörnern, vier Baritonen, Tenorhorn, Trompete, Tuba und Schlagzeug. Bei manchen Stücken kommt Gesang dazu – das Mikrofon schwingt meist Dietmar Müller.

Nach wie vor besteht die Kapelle ausschließlich aus Männer: "Wir sind die am längsten existierende Boygroup in Geislingen", scherzt Schneider daher. Falls in der Kapelle ein Platz frei werde, dürften auch gerne Frauen mitspielen – sie müssten aber für die Gruppe gut genug sein.

Zehn bis 15 Auftritte absolviert die Männerriege jedes Jahr. Mit den Honoraren bezahlt man Noten, Instrumente und jüngst auch eine Verstärkeranlage.

Seit 2013 hat die Kapelle ihr Repertoire ausgebaut. Neben traditionellen Kompositionen finden sich darin auch ein Flippers-Medley oder Jive-Hits. Teilweise besuchen die Musiker große Blasmusikfestivals wie das im oberpfälzischen Neualbenreuth, um von Profikapellen Inspirationen zu erhalten, was man an Stücken einüben könnte. Denn anspruchsvolle Titel machen für Müller den qualitativen Unterschied: "Das spielt nicht jeder, weil nicht jeder es kann."

Der Reiz für die beiden Musikkameraden ist vor allem die Art der Musik, die die Bauernkapelle auf die Bühne bringt: "Wir spielen das einfach gern und haben Freude daran", sagt Schneider. "Man kann unglaublich Herzblut investieren", ergänzt Müller.

Bis ins Rentenalter

Die böhmisch-mährische Blasmusik sei eine Tradition, die es zu bewahren gelte. Umso mehr freut die beiden, dass die Kapelle inzwischen altersgemischt ist und auch eine Reihe junger Musiker mitspielt, etwa Schneiders Sohn Linus als Trompeter.

Somit erscheint ihr gemeinsames Ziel realistisch: Man wolle das spielerische Niveau halten und noch viele Jahre aktiv bleiben. Auch im Rentenalter: "Dann werden wir ja noch mehr Zeit haben!", freut sich Müller.

 Die Geislinger Bauernkapelle probt jeden zweiten Mittwoch ab 19.30 Uhr in der "Harmonie".