Die Darstellungsgruppe Süddeutsches Militär tritt in originalgetreu nachgeschneiderten Uniformen auf und lässt auf der H15-Bühne den Alltag hinter der Front so plastisch werden. Foto: Welte Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Szenische Lesung "Warum Frida eigentlich Frieda hieß" in der Kulturscheune Erlaheim

In die Zeit vor 100 Jahren hat die szenische Lesung "Warum Frida eigentlich Frieda hieß" in der Kulturscheune Erlaheim die Besucher geführt.

Geislingen-Erlaheim. Die Briefe des Landwirts Wilhelm Grübele aus Unterweissach an seine Familie von der Front im Ersten Weltkriegs sind Grundlage dieser Veranstaltung gewesen, untermalt mit Musik.

Manuela Stricker schlüpft im schwarzen Kleid in die Rolle ihrer Großmutter Frida Grübele. Ihr Ehemann Markus Stricker hat das Drehbuch geschrieben, mit dem die Familiengeschichte dokumentiert wird, damit sie nicht in Vergessenheit gerät.

Erzählungen wechseln sich mit Lesungen aus Briefen ab, die sich Fridas Eltern, Pauline und Wilhelm Grübele, geschrieben haben, als er sich an der Front in Frankreich befand. Fridas Vater wollte, dass die Briefe, Fotografien und Postkarten als Mahnung für seine Kinder und Enkel aufbewahrt werden, damit diese schlimme Zeit niemals in Vergessenheit gerät.

Die Grausamkeit des Krieges wird in den Briefen von der Front deutlich. Die Szene, als fälschlicherweise das Gerücht aufkommt, Wilhelm Grübele sei tot, geht den Zuschauern unter die Haut: In manchen Augen glänzen Tränen. Die Männer an der Front warten sehnsüchtig auf Briefe und Pakete mit Essen von daheim, zuhause wartet man auf Lebenszeichen der Soldaten. Pauline Grübele muss für ihre Familien mit damals drei Kindern sorgen und die kleine Landwirtschaft über die Runden bringen: "Ich falle abends todmüde ins Bett und bin oft fast zu müde, um Dir noch zu Schreiben", steht in einem Brief an ihren Wilhelm.

Lieder von Markus Stricker und Gitarrist Micha Schad sind in die Szenen eingestreut. Sie singen "Muss i dann zum Städtele hinaus" oder und das Kinderlied "Maikäfer flieg, dr Vaddr isch em Krieg".

Zu den Todesnachrichten, vorgetragen von Jürgen Hestler in der Rolle des Oberlehrers, erklingt das Uhland-Lied "Ich hatt’ einen Kameraden" auf leise, unpathetische Weise. Auch wird ohne instrumentale Begleitung gesungen, so wie die Soldaten in ihren Schützengräben unter der Erde gesungen haben. Das Lied "Lili Marleen", geschrieben von Hans Leip in der Nacht vom 3. auf den 4. April 1915 in der Berliner Maikäferkaserne, berührt das Publikum besonders.

Die Darstellungsgruppe Süddeutsches Militär tritt in originalgetreu nachgeschneiderten Uniformen auf und erläutert die Kampfausrüstung der Infanterie. Die Lesung wird ergänzt durch historische Informationen, etwa über die Hungersnot im Steckrübenwinter 1916/1917 oder die Versorgung der Soldaten mit Lebensmitteln. Selbst das Brot wurde mit Holzspänen gestreckt. Das Durchschnittsgewicht der Soldaten betrug damals 55 Kilogramm, erfahren die Besucher.

In einer Szene sitzen drei Soldaten hinter der Front zusammengekauert um ein kleines Lagerfeuer, vor sich ihre Gasmasken in röhrenförmigen Behältern. Sie versuchen Buchenblätter zu rauchen, aber das schmeckt ihnen nicht. Sie haben Hunger, seit Wochen durchweichte Stiefel und nasse Füße, und nur einen Wunsch: heimzukehren.

In der Kulisse des Kulturscheune ist die Geschichte der Familie Grübele für etwa 95 Besucher nachvollziehbar, hätte sie doch auch vom Kleinen Heuberg stammen können: 22 Erlaheimer sind im Ersten Weltkrieg gefallen. Ihre Bilder konnten am großen Scheunentor betrachtet werden, manche wurden nur 18 oder 19 Jahre alt.

Wilhelm Grübele hat den Krieg verletzt überlebt. Er kam zu seiner Frau Pauline und den drei Kindern zurück.

Frieda kam am 1. Januar 1919 auf die Welt. Aber warum hieß Frieda nun eigentlich Frida? Der Name wurde ihr in Anlehnung an das Wort "Frieden" gegeben, doch ihr Lehrer in der 1930er-Jahren bestand auf der "deutschen" Schreibweise ohne das "e".

Mit dem Lied "Da bin i dahoim" enden die bewegenden Einblicke in das Leben der Familie Grübele und das Soldatenleben im Ersten Weltkrieg. Es war ein berührender, packender, mahnender, fesselnder, erschütternder und mitreißender Abend. Ein Stück Weltgeschichte wurde durch den lokalen Bezug fassbar, aus abstrakten Fakten wurden Schicksale.

Unter großem Applaus verlassen die acht Darsteller die Bühne. Im Anschluss gab es noch längere Zeit rege Gespräche unter den Besuchern.