Grafik: Schairer

Probleme mit regionalplanerischen Vorgaben. Viel hängt an Balinger Zustimmung.

Geislingen - Die Firma Kleider-Müller will um weitere 1300 Quadratmeter Verkaufsfläche erweitern. Doch der Regionalplan Neckar-Alb sieht ein Textilhandelszentrum dieser Größe in Geislingen nicht vor.

"Wir kollidieren mit regionalplanerischen Vorgaben", sagt Bürgermeister Oliver Schmid. Der Regionalverband wolle die Versorgungsfunktion von Zentren stärken – und Geislingen sei nicht einmal ein Kleinzentrum: "Andernfalls wäre die Genehmigung kein Thema."

Die Schwierigkeit: 2001 wurden Sondergebiete wie etwa große Textilhandelsbetriebe aus dem Flächennutzungsplan gestrichen – auch mit der Billigung des damaligen Geislinger Bürgermeisters Günther-Martin Pauli und des damaligen Oberbürgermeisters von Balingen, Edmund Merkel. Nach heutigem Stand dürften die Verkaufsräume des Familienunternehmens Müller mit derzeit insgesamt 8000 Quadratmetern Fläche nicht gebaut werden. Doch der Betrieb ist über Jahrzehnte hinweg stetig gewachsen – und soll an seinem Stammsitz weiter expandieren können.

Allerdings sieht der Geislinger Verwaltungschef gerade da eine Lücke im derzeitigen Änderungsentwurf des Regionalplans: Flexibler falle dieser nur hinsichtlich der Ansiedlung von Einzelhandelsprojekten aus, die der Grundversorgung dienen. Bekleidung gehöre nicht zur Grundversorgung, und das eröffne ein Ringen um unterschiedliche juristische Auffassungen sowie eine gemeinsame Lösung.

Schmids Hoffnung: In der anstehenden zweiten Änderung des Regionalplans könnte Geislingen als "Nebenzentrum für ein Einkaufszentrum Bekleidung" ausgewiesen werden. "Das würde die Weiterentwicklung von Kleider-Müller erleichtern."

Zwei Möglichkeiten sieht Schmid, die Genehmigung positiv zu beeinflussen: Zum einen müsse sich die geplante bauliche Veränderung gemäß Paragraf 34 Baugesetzbuch optisch und inhaltlich "in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen". Das heißt: Stil, Gestaltung und Nutzung müssen zu den Gegebenheiten am Geislinger Ortseingang passen. Zum anderen könnten Geislingen und Balingen einen gemeinsamen Bebauungsplan aufstellen.

An der Zustimmung der Nachbarstadt hängt viel: "Balingen ist das Zünglein an der Waage", so Bürgermeister Schmid. Die Vereinbarung von Pauli und Merkel sei vor 16 Jahren gewesen: "Wenn die Erweiterung von Kleider-Müller ansteht, dann schwätzen wir miteinander."

Da Geislingen und die Große Kreisstadt seit langen Jahren in einer Vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft zusammenarbeiten, ist Schmid zuversichtlich: Er gehe davon aus, dass Balingen das Vorhaben mittragen werde. Er erinnert an die langjährige, vertrauensvolle Zusammenarbeit der Kommunen.

Auch sei sein Kollege, Balingens Oberbürgermeister Helmut Reitemann, über jeden Planungsschritt informiert gewesen. Wenn die Müller-Erweiterung zu einem überschaubaren Umsatzverlust für Balingen führe, so Reitemanns Signal, könne Balingen dem Vorhaben zustimmen. Inzwischen liegt ein von Geislingen in Auftrag gegebenes und von Balingen geprüftes Gutachten vor: Zusätzliche 1300 Quadratmeter Verkaufsfläche für Bekleidung in Geislingen würden in Balingen zu einem Umsatzrückgang in diesem Bereich von jährlich geschätzt 460 000 Euro oder 1,1 Prozent führen.

Die geplante Erweiterung wird am Dienstag Thema im Planungsausschuss des Regionalverbands sein, der in Geislingen tagt. Dessen Mitglieder werden vor der Sitzung einen Ortstermin bei Kleider-Müller haben und sich ein Bild von den Gegebenheiten machen.

Und dann sollten die Interessen des Unternehmens im Gremium erkannt werden, hofft Oliver Schmid: "Hier geht es um die Zukunftsfähigkeit eines regionalen Unternehmens." Er erinnert daran, dass die Firma Müller seit jeher ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaft in der Region sei – auch als Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb. Von ihrer Zugkraft profitierten durch "Anschlusseinkäufe" auch umliegende Kommunen.