Der kleine Tiago wartet noch auf das neue Medikament Zolgensma, das ihm helfen könnte. Der Spenden-Sammelaktion kommt jedoch die Corona-Krise in die Quere. Foto: de Freitas

Zweijähriger gehört zur Risiko-Gruppe. Chancen stehen schlecht. Hilfsbereitschaft ist geblieben.

Geislingen-Binsdorf - Während das Coronavirus die ganze Welt in Atem hält, rücken andere wichtige Themen zunehmend in den Hintergrund. In Binsdorf gibt es aber nach wie vor einen zweijährigen Jungen, der um sein Leben kämpft.

Der kleine Tiago leidet unter Spinaler Muskelatrophie Typ 2. Im Moment kann das Kind nicht einmal Krabbeln oder selbstständig seine Arme heben. Helfen soll ihm das neue Medikament Zolgensma. Es ist jedoch sehr kostenintensiv und in Deutschland noch nicht zugelassen.

"Alles dreht sich nur noch um die Corona-Krise", sagt Tiagos Mutter, Stephanie de Freitas. "Wir versuchen gerade zu überleben", meint sie. "Mit Tiago müssen wir jetzt zu Hause bleiben, weil er zur Risikogruppe gehört." Davon abgesehen gehe es ihm den Umständen entsprechend gut, die Krankheit habe in den vergangenen Wochen jedenfalls keine gravierende Verschlechterung gebracht. Wie lange das noch so bleibt, weiß jedoch niemand.

Hilfsbereitschaft großteils ungebrochen

"Man merkt schon, dass in der Öffentlichkeit gerade anderes im Vordergrund steht", sagt Tiagos Mutter. "Das Coronavirus kommt für uns besonders ungelegen." Die Hilfsbereitschaft der Menschen sei aber großteils erhalten geblieben. Erst letztens seien wieder Spendenübergaben für Tiago geplant gewesen. "Die mussten wir nur leider absagen wegen Corona."

Auf dem Spendenkonto der Familie ist inzwischen immerhin die Hälfte dessen zusammen gekommen, was die Zolgensma-Injektion kosten würde. Den genauen Kontostand hat de Freitas gerade nicht parat, aber eine Million Euro müssten inzwischen erreicht sein, freut sie sich. Noch gibt sie die Hoffnung nicht auf, dass auch die zweite Million zusammenkommt. Tiago läuft allerdings die Zeit davon.

Zolgensma ist offiziell nur bis zum zweiten Lebensjahr wirksam, verhalf jedoch auch schon Kindern zu einer gesundheitlichen Verbesserung, die beinahe drei Jahre alt waren. So auch dem kleinen Kian Levi aus Berlin. "Er litt aber unter Typ 1 der Krankheit", erklärt de Freitas. "Wir haben aber auch Kontakt zu anderen Familien, deren Kinder wie Tiago Typ 2 haben. Eines davon wurde nun mit Zolgensma behandelt und das Ergebnis ist beeindruckend. Dem geht es richtig gut", sagt sie.

Antikörpertest soll Aufschluss über seine Chancen bringen

Was Tiagos Chancen auf die Wirkung des Medikaments angeht, soll nun ein "Antikörpertest" Aufschluss geben, erklärt de Freitas. "Der ist nötig, um festzustellen, ob Tiago in seinem Alter das Medikament überhaupt noch bekommen darf." Wenn zu erwarten ist, dass sein Körper noch auf den Stoff anschlägt, würde das die Chancen vor Gericht erhöhen.

"Wir warten noch auf eine Entscheidung", sagt de Freitas, deren Familie von einem kompetenten Anwalt vertreten wird. Johannes Kaiser, Fachanwalt für Arbeits-, Sozial- und Versicherungsrecht aus Olpe, hat bereits für mehrere Kinder eine Behandlung mit dem neuen zwei Millionen Euro teuren Medikament juristisch durchgeboxt, so auch bei Kian Levi aus Berlin. Ob er das auch für Tiago schafft, bleibt abzuwarten.

"Die Krankenkasse würde das Medikament bezahlen", erklärt Tiagos Mutter. "Sofern wir ein Gutachten von einem Arzt bringen, der uns Zolgensma empfiehlt."

Doch welcher Arzt gebe schon eine Empfehlung für ein nicht zugelassenes Medikament ab, solange es alternative Therapien gebe? Vor allem jetzt, wo Corona die Ärztewelt in Schach halte, stehen die Chancen besonders schlecht.