Stehen den Erstklässlern als Paten zur Seite (von links): Luca Mairhofer, Leoni Renz, Ruben Eistetter, Sara Gehringer, Maria Apelganz und Evan Paz von Ow. Foto: Ortmann

Die Erstklässler strahlen über beide Ohren, wenn sie von ihren Paten erzählen. Auch die Schüler der Abschlussklassen, die den Schulanfängern in ihren ersten 100 Tagen zur Seite stehen, schwärmen.

Loßburg - Schulsozialarbeiter Peter Krause hat ein Projekt auf die Beine gestellt, das Jung und Alt begeistert. Er habe nur die "Initialzündung" geben müssen – danach sei das Pilotprojekt "Steigbügel – die ersten 100 Tage der Erstklässler" zu einem Selbstläufer geworden, so Krause. Zwölf Schüler der Abschlussklassen der Gemeinschaftsschule haben sich dazu bereit erklärt, den 47 Erstklässlern bei ihrem Schulanfang zur Seite zu stehen. "Der Bedarf ist existent. Alle haben sich gefreut", berichtet Krause.

"Es macht einfach Spaß"

Und auch bei den Paten kommt das Projekt gut an: "Es ist schön zu sehen, wie viel Freude die Kinder an kleinen Dingen haben", sagt Sara Gehringer, die sich um gleich fünf Erstklässler kümmert. Die Treffen finden statt, wann immer eben Zeit ist – in den Pausen, aber auch vor oder nach dem Unterricht. Ruben Eistetter erzählt, dass er eine Erstklässlerin im Bus begleitet und oft neben ihr sitzt. "Es macht einfach Spaß", sagt er.

Gemeinsame Erinnerungen

Bei der Patenschaft entstehen gemeinsame Erinnerungen, die nicht nur die Schulanfänger, sondern auch die Zehntklässler prägen. "Die Kinder nehmen dich in den Arm, das ist so süß", schwärmt Leoni Renz und fügt hinzu: "So anhänglich war ich früher auch!" Auch Evan Paz von Ow erkennt sich selbst in einem seiner Schützlinge wieder, wie er erzählt. "Neulich hatte ich eine Englischarbeit und konnte nicht zu ihm kommen. Da habe ich gehört, wie er laut nach mir gerufen hat."

Zwischen den Kindern und ihren Paten ist eine Bindung entstanden, über die auch der Sozialarbeiter staunt. "Gerade bei Erstklässlern ist der Identifikationswert extrem wichtig", erklärt Krause, der das Projekt auch für den kommenden Jahrgang anbieten möchte. Es sei ein "Gegenmittel für Mobbing", dessen Wirkung vermutlich nachhaltig sein werde. Mit ihrem Paten haben die Schulanfänger eine Person, der sie von Anfang an Vertrauen können, die ihnen Orientierung gibt. "Sie erzählen uns aus ihrem Leben", sagt Sara Gehringer über die Erstklässler. Darunter auch Geschichten, die den Lehrern vorenthalten bleiben – und auch dem Schulsozialarbeiter. "Ich will nicht alles wissen, was die Paten mit ihnen besprechen. Sie dürfen auch Geheimnisse haben", sagt Krause.

Vertrauen und Orientierung

"Nach und nach öffnen sich die Kinder", berichtet Maria Apelganz, die sich um fünf Erstklässler kümmert und für diese bereits eine Führung durch das Schulhaus organisiert hat. Luca Mairhofer zeigte ihnen den Podcast-Raum, in dem die Kinder große Freude hatten. An Tagen, an denen Corona-Tests anstehen, bringen die Abschlussschüler ihren Schützlingen zur Aufmunterung Süßigkeiten vorbei.

Erstklässler schwärmen

Das alles ist für die Erstklässler Grund genug, um von ihren Paten zu schwärmen: "Es ist Klasse mit ihnen, man kann sehr viel spielen und Spaß haben", erzählt einer von ihnen. "Wenn ich Probleme habe, kann ich zu ihnen gehen", sagt ein anderer. Viele der Kinder seien schüchtern, hätten aber schnell Vertrauen zu ihren Paten aufgebaut, so Klassenlehrerin Nicola Friese. Inzwischen sind sie kaum noch zu halten, wenn die Zehntklässler ihnen einen Besuch abstatten. "Sie rennen auf sie zu", erzählt Friese.

Kontakt soll bestehen bleiben

Fast genauso euphorisch sind die Kinder, wenn sie über ihre Paten reden. "Ich möchte eine zweite Leoni haben", ruft eine Erstklässlerin. Ein weiteres Mädchen hat hingegen einen ganz anderen Wunsch: "Vielleicht gibt es einen Paten, der mir nur Süßigkeiten bringt!" Auch wenn es nicht immer Schokolade und Gummibärchen für die Erstklässler gibt, sind sich alle einig: Mit ihren Paten wollen sie auch nach den ersten 100 Tagen in Kontakt bleiben.

Info: Patenprojekt "Steigbügel"

Beim Projekt "Steigbügel – die ersten 100 Tage der Erstklässler" begleiten Schüler der Abschlussklassen die Schulanfänger auf ihren ersten 100 Tagen. Initiiert wurde das Projekt von Peter Krause, Schulsozialarbeiter am Schulzentrum Loßburg; Träger ist der Kinder- und Jugendhilfeverbund Kinderheim Rodt, bei dem Krause seit 2016 als Diplom-Sozialpädagoge angestellt ist. Paten sind ausgesuchte Schüler, die vom Schulpersonal empfohlen wurden, prosozialen Gruppen angehören oder in anderer Form als sozial kompetent in Erscheinung traten. Sie sind laut Krause wegen ihrer Reife und prosozialen Fähigkeiten fähig, Schulanfänger bei Alltagsfragen zu begleiten.

Die Paten werden zu Beginn in drei bis vier Schulstunden in das Projekt eingeführt und danach regelmäßig gecoacht. Für ihr Engagement erhalten die Schüler ein Zertifikat, das sie für Bewerbungen nutzen können.