Die Ortsvorsteherin von Gauselfingen, Silvia Roos, spürte einen Kunstschatz auf. Niemandem war bislang bewusst, wie bekannt der Maler ist, von dem zwei Werke im Rathaus hängen.
„Für mich sind das immer die beiden schönsten Bilder in unserem denkmalgeschützten Rathaus gewesen“, erklärt die Ortsvorsteherin von Gauselfingen, Silvia Roos, im Gespräch mit unserer Redaktion. Irgendetwas an der Pinselführung, an der Qualität der beiden Bilder und an der Farbgebung hat sie immer fasziniert.
Mit Hilfe unserer Redaktion spürte sie jetzt den Künstler auf, und es stellte sich heraus: Er ist nicht nur im Süden Deutschlands, sondern auch in der Schweiz und in Österreich, rund um die Gegend des Bodensees, sehr bekannt. Auktionshäuser bieten bis heute seine Werke an, und das Volkskundemuseum in Ostrach würdigte ihn im Jahr 2012 mit einer großen Ausstellung.
Zwei Ölgemälde von einem der bekanntesten süddeutschen Maler
Die Rede ist von Anton Munding. Er wurde am 20. März 1903 in Günzkofen geboren und starb 1976 in Oberndorf (Kreis Rottweil). Dazwischen liegt ein Leben voller Schaffenskraft und Fleiß. Munding schuf rund 3000 Werke, teils in Gouache-Technik, teils in Öl auf Leinwand. Ölgemälde sind auch jene beiden Werke, die im Gauselfinger Rathaus von ihm hängen.
„Das Bild, in dem er den Ort Gauselfingen gemalt hat, muss ein Spätwerk von ihm sein“, folgert Roos nun, nachdem sie das Sterbedatum des Künstlers kennt. Denn der stand, als er die Ansicht ihres Dorfes malte, etwa im Bereich der heutigen Sonnenbühlstraße oder der Straße „Am Zinken“.
Deutlich zu sehen ist auf dem Ölgemälde die evangelische Kirche und die Schule daneben. Keine der Straßen war asphaltiert, alles waren Schotterwege – auch die „Lange Gasse“, die den Buckel hinauf führte. Das Bild muss also Ende der 1960er- oder Anfang der 70er-Jahre entstanden sein, denn die Grundsteinlegung des evangelischen Gotteshauses war am 12. Juni 1958, die Einweihung war am 1. Februar 1959.
„Die Perspektive stimmt nicht so ganz“, sagt Roos über die Darstellungen am linken Bildrand. Aber deutlich zu sehen ist, dass viele Wohnhäuser noch gar nicht standen. Allerdings – es war noch die Zeit der blühenden Textilindustrie – hat Anton Munding zwei Schornsteine ins Bild gesetzt. Rauchende Schlote sind es freilich nicht, oder nicht mehr. Im Hintergrund sind die Berge, da geht es hinauf nach Bitz, und auch das Gehöft an der Fehla Richtung Burladingen ist klein in der Mitte des Bildes erkennbar.
Das zweite Ölgemälde Mundings, das ebenfalls im Gauselfinger Rathaus hängt, ist eine Ansicht der Burg Hohenzollern. Der Vordergrund lässt erahnen, warum Munding den Spitznamen „Birkenanton“ bekam. Es waren vor allem diese Bäume, die in seinen Darstellungen immer wieder auftauchen. Munding malte gefällig, impressionistisch im Stil, blieb gegenständlich und sprach und spricht immer noch viele Betrachter seiner Bilder auf Anhieb an.
Ebenso hatten es ihm Riedlandschaften angetan, weshalb er auch als „Riedmaler“ in den Kunstkreisen bekannt wurde. Denn die vielen kleinen Seen, Tümpel, Torfstiche und Biotope – vor allem die des Pfrungener Rieds, hatten es ihm besonders angetan.
Seine Landschaftsmalereien zeigen außerdem Gegenden wie den Bregenzerwald, die Bodenseegegend, vor allem die beim Nonnenhorn. Aber auch im Oberen Donautal, auf der Schwäbischen Alb und im Schwarzwald hat Munding seine Motive gefunden.
Der Birken-Anton sprang ins Risiko
Warum der Maler so ausgesprochen fleißig war, das erklärte Professor August Bogenschütz anlässlich der Ausstellung in Ostrach. Anton Munding ging volles Risiko – er wollte von seiner Kunst leben können – und deshalb malte und verkaufte er so viele Werke. „Ich kenne keinen Maler in unserer Gegend, von dem so viele Bilder in öffentlichen Gebäuden und Familien hingen“, ließ sich August Bogenschütz damals zitieren.
Und damit spricht er ein Geheimnis an, dass Silvia Roos noch nicht lüften konnte.
„Wie kamen die Bilder ins Gauselfinger Rathaus?“, fragt sich die Ortsvorsteherin und vermutet, dass sie vielleicht aus einer Erbmasse sind. Vielleicht hingen sie einst bei einem der Gauselfinger Textilfabrikanten, dessen Erben längst weggezogen waren und die die Kunstwerke deshalb nach dem Tod der Eltern an die Gemeinde übergaben. „Wer weiß, vielleicht meldet sich ja jetzt jemand der weiß, ob es eine Schenkung war oder ob die Gemeinde Gauselfingen das Bild direkt beim Maler erwarb.“
Immerhin war Gauselfingen bis zur Gemeindereform im Jahre 1975 eigenständig und wurde erst danach Burladingen als einer von zehn Ortsteilen zugeschlagen. Davor könnte der eigene Gemeinderat, vor allem in Zeiten, in denen es der kleinen Gemeinde finanziell gut ging, möglicherweise auch den Ankauf dieser Kunstwerke beschlossen haben. Jetzt hofft Silvia Roos, dass sich alsbald jemand meldet, der auch dieses Geheimnis noch lüften kann.