Was brauchen geflüchtete Frauen, um beruflich Fuß zu fassen – was sind Anforderungen der Unternehmen? Im Rahmen des „peer2peer“-Projekts in Haiterbach suchten beide Seiten den Dialog.
Die Stärkung der Frauen in ihrer Alltagsbewältigung, Selbstverwirklichung und gesellschaftliche Teilhabe sind Ziele des „peer2peer“-Projekts des Diakonieverbands Nördlicher Schwarzwald im Mehrgenerationenhaus Haiterbach. Im Juni vergangenen Jahres gestartet, läuft es noch bis Ende dieses Jahres.
Ein Begegnungstreffen von rund 15 Frauen mit Unternehmerinnen widmete sich im Bürgersaal der Zehntscheuer dem Aspekt Arbeit und Beruf. In früheren Aktionen gab es unter anderem schon ein Treffen mit den Haiterbacher Vereinen sowie regelmäßige interne Treffen.
Bedürfnisse und betriebliche Realitäten
Unter der Leitung von Tabea Peters vom Mehrgenerationenhaus lebte der Vormittag von den Einblicken in menschliche Bedürfnisse und betriebliche Realitäten.
Aysel Bektas – ebenso wie Olha Vedenina ehrenamtliche peer2peer-Beraterin in diesem Projekt, berichtete so von ihren Erfahrungen in der Seniorenpflege. Ihr Kopftuch sei kein Problem. Sie warb dafür, Kultur und Religion der anderen zu respektieren. Klar sei, man sei hier in Deutschland – „aber Mensch ist Mensch“.
Sprachlich verbessere sie sich fortlaufend. „Ich lerne jeden Tag neue Wörter von den Senioren – und auch noch Schwäbisch.“
Ukrainer wollen hier bleiben
Karin Killinger von der gleichnamigen Baumschule in Haiterbach sprach aus unternehmerischer Sicht von unterschiedlichen Erfahrungen. Man habe polnische Mitarbeiter, die gut deutsch sprechen würden. Bei den ukrainischen Mitarbeitern sei das schlechter. Sie seien jedoch fleißig – „und sie wollen hier bleiben“.
Deutschkenntnisse waren auch ein Aspekt bei Peters Frage nach Erfahrungen und Herausforderungen an die Unternehmen. Morena Broß von der Bäckerei Broß differenzierte hier: Für den Verkauf sei es natürlich eine Grundvoraussetzung. In der Produktion sei es nicht so entscheidend. Vieles Geschehe da nach dem Prinzip „Learning by Doing“.
Mangelnde Mobilität als Hürde
Karin Killinger erklärte, dass Motivation das entschiedenste Kriterium sei. Was auch Olha Vedenina als Frau eines Unternehmers unterstrich: „Wichtig sind Ehrlichkeit und Fleiß“. Bei den Frauen selbst stelle sich oft die Frage, ob Arbeitgeber Zertifikate erwarten würden. Für Killinger spielen diese in der Regel keine Rolle, weil sie für den Beruf, in den auch viele Quereinsteiger kommen würden, nicht von Bedeutung sei.
Als eine große Hürde sieht Killinger ebenso wie Broß im ländlichen Bereich die Mobilität. Einige Arbeitnehmer hätten weder Auto noch Führerschein. Insbesondere bei frühem Arbeitsbeginn sei eine Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln schlicht nicht machbar.
Probearbeiten ist oft möglich
Probearbeiten sei bei vielen Unternehmen möglich und auch erwünscht. Bei der Frage, wie sich der Erstkontakt zwischen Interessenten und Unternehmen am besten herstellen lasse, zeigt sich, dass dies je nach Unternehmen unterschiedlich gesehen und bevorzugt wird. Killinger begrüßt so telefonische Anfragen oder ein persönliches Gespräch. Broß kommt es zeitlich und nach dem betrieblichen Ablauf gelegener, sie kann zunächst E-Mails sichten.
Ein Wunsch aus den Reihen der geflüchteten Frauen war Teilzeitarbeit in Einklang mit Betreuungszeiten von Kindern, die in Kindergarten und Schule sind.
Birgit Riedel, Projektleiterin des Mehrgenerationenhauses Haiterbach, zeigte sich mit dem Begegnungstreffen zufrieden. das sei ein guter und wertvoller Austausch.