Wer einen Impfpass fälscht, kann dafür schwer bestraft werden. Dennoch kommen immer wieder Fälschungsversuche vor. Foto: senadesign_AdobeStock.com

Wer einen falschen Impfpass nutzt, dem droht eine Geldstrafe oder Gefängnis. In Hechingen und Bisingen sind zahlreiche Betrüger aufgeflogen. Was sagen die Gerichte dazu?

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Hechingen/Bisingen - Wer nicht gegen Corona geimpft ist, muss teils mit Einschränkungen leben. Manchen treibt dies zu kriminellem Handeln an. Im Südwesten laufen Ermittlungen zu mehr als 1000 Fällen wegen gefälschter Impfnachweise. Vielfach entdecken Apotheker die Betrügereien.

"Im November war es fast jeder Zweite", sagt die Hechinger Apothekerin Petra Spranger über jene, die sich ein digitales Zertifikat ausstellen lassen wollten und dabei gefälschte Impfpässe vorlegten. Im Moment sei dies "kein Thema", da hauptsächlich Booster-Impfungen bescheinigt würden. Fälschungen seien zuletzt vor allem bei Erst- oder Zweitimpfungen aufgefallen. Derzeit gelten im Südwesten weitreichende 2G- und 3G-Regelungen, daher haben häufig nur Geimpfte und Genesene Zutritt zu vielen Bereichen des öffentlichen Lebens – für manchen offenbar ein Anreiz, sich ein Impfzertifikat erschleichen zu wollen.

"Charge des Impfstoffs können wir überprüfen"

So manchem Betrüger kamen Spranger und ihre Mitarbeiter schon auf die Schliche. "Manchmal erkennen wir es am Arzt, manchmal am Kleber, auch die Charge des Impfstoffs können wir überprüfen." Neue Kunden, die von weit her kämen und sich eine angebliche Impfung digital bestätigen lassen wollten, schickt Spranger auch mal fort.

In den Ertelt-Apotheken in Bisingen hat sich die Lage ebenfalls beruhigt, wie Inhaber Johannes Ertelt berichtet: "Seit Anfang des Jahres ist uns nichts mehr aufgefallen." Vor Weihnachten habe es allerdings zwei bis drei "extreme Wochen" gegeben, erzählt Ertelt. "Wir haben gefühlt fast täglich eine Anzeige aufgegeben." Das bedeute zugleich psychischen Stress für sein Team. Schließlich wissen die Mitarbeiter nicht, wie jemand, der auffliegt, reagiert. "Manche tun ahnungslos, mancher stürmt aus der Apotheke", sagt Ertelt. Bedrohungen habe es glücklicherweise noch nicht gegeben.

Mittlerweile hat sein Personal einen geschulten Blick für Fälschungen. Es geht auch hier um Chargen, um Unterschriften, um Aufkleber in den Impfpässen. "Um Plausibilitätsfaktoren", erklärt Ertelt, der nicht alle aufzählen möchte, um Fälscher nicht erst auf Ideen zu bringen.

Gefälschte Dokumente gehen an die Polizei

Wird ein gefälschter Impfpass in der Apotheke entdeckt, zögert Ertelt nicht lange – die gefälschten Dokumente werden der Polizei übergeben. "Bei uns übernehmen die Ermittlungsdienste der Polizeireviere und -posten oder die Kriminalpolizei", sagt Martin Raff vom Polizeipräsidium Reutlingen unserer Redaktion.

Die Strafen für Fälscher wurden Ende November verschärft. Wer einen falschen Impfpass vorlegt, muss mittlerweile mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe rechnen. Das Amtsgericht Hechingen meldet mehrere Fälle seit der Gesetzesnovelle, wie Gerichtsdirektorin Irene Schilling unserer Redaktion berichtet. Die Staatsanwaltschaft Hechingen beschäftigt sich derzeit laut Staatsanwalt Ronny Stengel mit einer mittleren zweistelligen Zahl an Fällen.

Gerichte entscheiden nicht einheitlich

Unklar ist, was mit jenen passiert, die gefälschte Impfnachweise vor dem 24. November 2021 vorgelegt haben. Ob dies strafbar war oder nicht, darüber sind sich die Gerichte im Südwesten uneins. Das Landgericht hat am Mittwoch aus diesem Grund die Eröffnung des Hauptverfahrens aus Rechtsgründen abgelehnt. Die Staatsanwaltschaft Hechingen legt dagegen Beschwerde ein; nun muss das Oberlandesgericht in Stuttgart entscheiden.

Strafen

■ Das Strafrecht wurde im November verschärft: Wer gefälschte Impfpässe herstellt, dem drohen bis zu zwei Jahre bis zu zwei Jahre oder eine Geldstrafe.

■ Wer unrichtige Gesundheitszeugnisse nutzt, muss ebenfalls mit Konsequenzen rechnen: mit bis zu einem Jahr Haft oder einer Geldstrafe.

■ Banden- oder gewerbsmäßige Täuschung kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden.