Der Gedenkstein bei Rohrbach wird am Mittwoch, 23. April, gesegnet. Foto: Louisa Speicher

Mit dem russischen Präsidenten ist der Krieg nach Europa zurückgekehrt. Die Schrecken, die das ukrainische Volk erleben muss, waren im Zweiten Weltkrieg weltweit, auch in Deutschland, verbreitet. Im April jährt sich ein besonderer Gedenktag in Rohrbach.

Es sind die letzten Tage vor Kriegsende im Jahr 1945. Die Alliierten sind überall im damaligen Nazi-Deutschland auf dem Vormarsch. Im Schwarzwald sind es vor allem französische Truppen, die die deutschen Soldaten zum Rückzug zwingen.

 

Im Zusammenhang mit diesen Geschehnissen wurde auch der aus Triberg stammende Eugen Wehrle erschossen, nicht etwa durch französische Kugeln, sondern auf Anordnung eines deutschen Kommandanten. Als Begründung wurde Befehlsverweigerung postuliert.

Der Triberger Heimatkundler Klaus Nagel hat die Geschehnisse aus verschiedenen Quellen zusammengefasst und in einem Beitrag im Triberger Jahresheft 27/2023 (Heimatblätter) dargestellt.

Der letzte Akt des Krieges im Schwarzwald

Dabei bezieht sich Nagel auch auf Ausführungen von Autor Hermann Riedel in seinem Buch „Ausweglos! Letzter Akt des Krieges im Schwarzwald, in der Ostbaar und an der oberen Donau Ende April 1945“.

Demnach habe der in Rohrbach liegende deutsche Divisionsstab beim Postamt Furtwangen die sofortige Herstellung einiger telefonischer Verbindungen verlangt. Telegrafenleitungsaufseher Eugen Wehrle aus Triberg sei beim Postamt Furtwangen zu dieser Zeit dienstverpflichtet gewesen. An diesem Sonntag war er jedoch bei seiner Familie in Triberg. Dort habe ihn der Postamtsvorsteher von Furtwangen telefonisch angehalten, die nötigen Umschaltungen vorzunehmen. Wehrle will dabei einen Beamten oder Angestellten in Furtwangen genannt haben, der die Arbeit erledigen könne.

Feld-Gendarmerie nimmt zwei Männer fest

Die Arbeit wurde aber nicht ausgeführt, weshalb Wehrle ein zweites Mal telefonisch, wohl von militärischer Seite, beauftragt wurde, die Umschaltungen vorzunehmen.

Wehrle soll entgegnet haben, dass er am Sonntag frei habe und erst am Montagmorgen nach Furtwangen komme. Dann ist weiter in den Heimatblättern zu lesen: „Daraufhin fuhr die Feld-Gendarmerie nach Triberg, traf Wehrle auf dem Spaziergang, verhaftete ihn und brachte ihn nach Rohrbach.“ Unterwegs sei von den Feldgendarmen noch ein junger Soldat, Gerhard Weise, der aus Eisenberg, Thüringen, stammte, verhaftet worden, weil er zum zweiten Mal desertiert sein soll.

Vor Kriegsgericht gestellt und zum Tode verurteilt

Wehrle und Weise seien noch am Abend des 22. April 1945 von Oberstabsrichter Werner Boll verhört, anschließend über Nacht in einem Futtergang eingesperrt und von Soldaten bewacht worden sein.

„Am Morgen, 23. April, wurden die beiden vor ein Kriegsgericht gestellt und wegen Sabotage, beziehungsweise Desertion (Fahnenflucht) zum Tode verurteilt.“ Sie wurden am Adlerberg bei Rohrbach erschossen. Der damalige Ortspfarrer Kunz habe den beiden geistlichen Beistand geleistet.

Boll selbst, so steht es in Riedels Buch, sei wenige Tage später, am 25. April 1945, beim Rückmarsch unweit des Gutshofs Ankenbuck südlich von Bad Dürrheim durch einen Artillerie-Volltreffer zusammen mit mehreren Soldaten tödlich verwundet worden.

Zeitzeuge Klaus Muckle lässt Gedenkstein errichten

An die Erschießung des Tribergers Eugen Wehrle und des Soldaten Gerhard Weise erinnert in Rohrbach am Adlerberg ein Gedenkstein mit Tafel. Der helle Stein befindet sich etwa 200 Meter vom Bürgermeister-Volk-Weg 17 entfernt und ist laut Heimatkundler Klaus Nagel über einen Wanderweg zu Fuß erreichbar.

Den Gedenkstein habe der Rohrbacher Klaus Muckle, damals Zeitzeuge, am Ort der Hinrichtung erstellen lassen. Auf der im Stein eingefassten Tafel sind die Namen von Wehrle und Weise zu lesen, ebenso die Begründung, „wegen Befehlsverweigerung vom deutschen Militär erschossen“.

Anlässlich des 80. Todestags wird am Mittwoch, 23. April, 19 Uhr, an diese Stelle zu einer Segnung des Gedenksteins durch Pfarrer Harald Bethäuser eingeladen.