Der Balinger Arbeitskreis Wüste und der Verein Gedenkstätten KZ Bisingen haben einen Flyer herausgebracht mit einem Orientierungsplan für die Hörstationen sowie die Gedenkstelen, die allesamt mit einem QR-Code für weitere Informationen ausgestattet sind.
Balingen-Engstlatt - Karl Kleinbach und Michael Walther haben den neuen Flyer am Dienstag der Öffentlichkeit präsentiert. Er soll dazu dienen, die Menschen auf die Lokalgeschichte neugierig zu machen und sie auch für den Arbeitskreis Wüste und den Gedenkstätten-Verein zu interessieren. Man wolle mit den Hörstationen, die seit Herbst 2021 im Riedgelände in Engstlatt installiert sind, ein niederschwelliges Angebot machen, sich mit der NS-Zeit in der Region zu befassen und darüber zu reden "ohne sich schuldig zu fühlen". Und es gehe um die Frage, so Walther, wie "man etwas erkennbar machen kann, von dem man fast nichts mehr sieht". Denn auf dem Engstlatter Gelände sei vom ehemaligen "Wüste-Werk" nur noch die Trafostation zu sehen.
Jüngere Menschen ansprechen
Man hofft, mittels der QR-Codes, die über Handy abrufbar sind, auch jüngere Menschen anzusprechen. Denn das bizarre NS-Unternehmen ›Wüste‹ lasse viele Fragen offen. Wie war das Verhältnis zwischen den Häftlingen und den Wachleuten? Wie haben sich die Engstlatter damit arrangiert? Warum durfte damals niemand ins Ried?
Die letzte der sieben Hörstationen soll im Juli bei den Gedenkstelen eingeweiht werden. Zudem wird laut Kleinbach noch nach einer angemessen Form gesucht, um Gegenstände, die auch nach 70 Jahren immer wieder im Ried gefunden werden, aber nicht ins Museum oder ins Archiv kommen, auf dem Gelände in einer Art "Kunstwerk" sichtbar zu machen.
Viele Downloads an Hörstationen
Dass die Hörstationen gut ankommen, sei daran zu erkennen, dass bereits 2500 Downloads dort getätigt worden seien. So sind Kleinbach und Walther auch bestrebt, künftig verstärkt Gruppen sowie Schulklassen anzusprechen, sich im Engstlatter Ried über die NS-Zeit zu informieren, die Bestandteil des Lehrplans in den höheren Klassen sei. "Man muss nicht immer nach Dachau fahren, wenn es solche Anlagen vor der Haustüre gibt." Am Tag des offenen Denkmals am 15. Mai wird Kleinbach dort eine Führung anbieten, zu der auch Menschen eingeladen sind, die mit Smartphone und QR-Code nicht so vertraut sind.
Häftlingsstimmen zu hören
An den Hörstationen sind Häftlingsstimmen sowie kurze Beiträge zum ehemaligen Ölschieferwerk zu hören, die die Informationen an den Gedenkstelen ergänzen. Eingesprochen haben sie unter anderem der aus Engstlatt stammende Schauspieler Sascha Geršak, außerdem Esther Kinsky und Anne Herrberg.
Flyer liegen aus
Der neue Faltflyer unter dem Titel "Erdkunde/souvenirs", zeigt die Standorte der sieben Stationen im Ried (Bahndurchlass, Dehnhalde, Feldhütte, Trafostation, Sitzbank, Abbaufeld und Gedenkstelen). Eingezeichnet auf der Übersichtskarte sind auch die ehemaligen Werksanlagen mit den Feldbahnen und anderem mehr. Zudem ist eine Bekanntmachung der Gemeinde Engstlatt vom 4. Oktober 1944 abgebildet, die besagt, dass die Absperrung des Geländes erforderlich sei wegen "der Verwendung besonderer Ausländer".
Die Flyer sind ausgelegt bei der Engstlatter Ortschaftsverwaltung, bei der örtlichen Metzgerei und Bäckerei sowie in der Balinger Zehntscheuer und im Stadtarchiv. Auch lässt sich der Flyer als PDF-Datei herunterladen.