Erich Hartmann (von links), Alexandra Freimuth, Klara Scheuren, Florian Kling und Betram Bolz gedachten mit dem Pflanzen von drei Eichen der Toten der Corona-Pandemie. Foto: Stöß

Calw besitzt ein neues Naturdenkmal. Mit drei frisch gepflanzten Eichen schuf die große Kreisstadt einen Ort der Erinnerung. Auf kleinen Täfelchen ist zu lesen: "Gepflanzt am 18.4.2021 zur Erinnerung an die Corona-­Todesopfer."

Aktuelle Informationen zur Corona-Lage in unserem Newsblog

Calw - Auf dem geschichtsträchtigen Calwer Friedhof griffen Calws Oberbürgermeister Florian Kling, seine Ehefrau Klara Scheuren, Dekan Erich Hartmann, Diakon Bertram Bolz von der katholischen Seelsorgeeinheit Calw/Bad Liebenzell sowie Alexandra Freimuth, Regionaldirektorin der Kliniken Calw/Nagold, zur Schaufel.

Die große Kreisstadt folgte mit dieser nachhaltigen Aktion einem Aufruf des Bundespräsidenten: Nämlich an diesem 18. April der vielen Toten zu gedenken.

"Mittlerweile sind in Deutschland 80.000 an oder mit Corona gestorben. Alleine im Landkreis Calw sind es 156, sowie in der Stadt Calw 46 Menschen", so Kling. Aktuell sei am Samstag wieder eine Person hinzugekommen, ergänzte er.

Der OB erinnerte daran, "dass dies alles Menschen sind, die nicht nur eine Zahl darstellen. Gerade wir als eine Gesellschaft, die gerne Statistiken erstellen und Inzidenzen berechnen, denken hier an die Verstorbenen und deren Familien. Darunter Betroffene, die teilweise besonders schutzbedürftig waren, Alte in Pflegeheimen sowie Kranke. Eben Menschen, die unter Umständen noch länger hätten leben können."

Hinter jeder Zahl steht eine Geschichte

Weiter sagte der OB: "Die langlebigen Eichen mögen uns dauerhaft, eben nach dieser Zeit, wenn die Pandemie vorüber ist, an diese Menschen denken lassen." Kling nutzte die Gelegenheit, auch an die Helfer in dieser "gravierenden Pandemie" zu denken; an "eine riesige Kraftanstrengung der Angehörigen, der Pflegenden und des medizinischen Personals".

Kling sagte weiter: "Trotz allem merken wir, dass die Welt und die Gesellschaft zerbrechlich sind. Man möchte mit diesem Tag Bewusstsein schaffen, dass das Leben selbst zerbrechlich ist und dass es eben mehr gibt, als Wissenschaft und Statistiken."

Unter dem Eindruck von drei Millionen weltweit verstorbenen Menschen verdeutlichte Dekan Erich Hartmann (evangelischer Kirchenbezirk Calw/Nagold) dass "hinter jeder einzelnen Zahl ein Name und ein Leben steht. Vielmehr noch: Hinter jeder Zahl steht eine Geschichte." Dahinter gebe es Angehörige, die in der Todesstunde nicht da sein durften, nicht die Hand halten und nicht richtig Abschied nehmen konnten. An Gott gerichtet dankte Hartmann für die vielen guten Momente, die man mit den verstorbenen Menschen erleben durfte, an Lachen, Liebe, Zärtlichkeit und gute Worte. Bolz schloss in das Gebet Freunde, Familien und all die, die mit den Verstorbenen verbunden waren, mit ein. Es gelte auch für jene, die nicht haben Abschied nehmen können, so der Diakon. Dieser dachte auch an die Menschen, die "nun einsam sind, denen Umarmungen und das gemeinsame Lachen fehlen". Dem Personal in Kliniken und Pflegeheimen wünschten die beiden Geistlichen Gottes Segen.

Vor dem Hintergrund der pandemischen Lage fand die Gedenkfeier in kleinster Zusammensetzung statt. Im Nachgang zum offiziellen Akt berichtete der Oberbürgermeister in einem Gespräch mit der Presse von einem Mann, der ihm bei der Menschenansammlung, die am Freitag stattfand, sagte, dass es Corona-Tote nicht gebe.

Der Regionaldirektorin der hiesigen Kliniken, Alexandra Freimuth, stand die persönliche Betroffenheit ins Gesicht geschrieben als sie erzählte, was es für ihr Klinikpersonal bedeutet, täglich neu mit Corona-Schicksalen, mit Kranken und Verstorbenen konfrontiert zu sein.